18.10.2024
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Dokument-Nr. 8337

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss04.08.2009

Fahrten­buch­auflage: Behörde muss Kfz-Halter gegebenenfalls auch als Zeugen vernehmenBehörde muss sämtliche möglichen Schritte zur Feststellung des Fahrzeugführers unternehmen

Eine Bußgeldbehörde darf sich vor der Verhängung einer Fahrten­buch­auflage nicht immer darauf beschränken, den Halter des Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, nur als Betroffenen anzuhören. Sie kann auch verpflichtet sein, den Halter als Zeugen zu vernehmen. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Wüttemberg.

Mit dem PKW der Antragstellerin war die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit beträchtlich überschritten worden. Das hinreichend deutliche Geschwin­dig­keits­messfoto zeigt einen Mann als Fahrer. Die Bußgeldstelle des Landratsamts Heidenheim hörte die Antragstellerin gleichwohl ausschließlich als Betroffene (als mutmaßliche Täterin) an. Im Anhörungs­schreiben war davon die Rede, dass ihr eine Ordnungs­wid­rigkeit Last gelegt werden; der Vordruck enthielt auch einen Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht des Betroffenen. Nachdem die Antragstellerin keine Angaben zum Fahrer gemacht hatte und dieser nicht ermittelt werden konnte, verpflichtete das Landratsamt die Antragstellerin, für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zuführen.

Gebrauch von Zeugnis­ver­wei­ge­rungsrecht lässt nicht auf mögliche Aussageinhalte in Funktion als Zeugin schließen

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz war in der Beschwer­de­instanz erfolgreich. Der Verwal­tungs­ge­richtshof war der Ansicht, dass die Fahrten­buch­auflage voraussichtlich rechtswidrig sei. Die Verwal­tungs­behörde könne gegenüber einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich gewesen sei. Dies setze voraus, dass die für die Verfolgung des Verkehrs­ver­stoßes zuständige Behörde sämtliche nötigen und möglichen, auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Kraft­fahr­zeug­führers unternommen habe, diese aber erfolglos geblieben seien. Hier hätte die Antragstellerin zum Zweck der Klärung der Täterschaft der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als Betroffene, sondern als Zeugin angeschrieben und zur Aussage aufgefordert werden müssen. Auf Grund des Messfotos sei die Antragstellerin von vornherein als Täterin des Verkehrs­ver­stoßes ausgeschieden. Damit sei sie lediglich Zeugin gewesen. Als solche sei sie grundsätzlich verpflichtet gewesen, bei der Behörde auf eine entsprechende Ladung hin zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Diese generelle Aussagepflicht könne durch Zeugnis­ver­wei­ge­rungs­rechte, z. B. zugunsten von Angehörigen, eingeschränkt werden. Aus der rechtmäßigen Aussa­ge­ver­wei­gerung bei der förmlichen Anhörung als Betroffene könne auch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass die Antragstellerin auch als Zeugin entgegen ihrer grundsätzlichen Auskunfts­pflicht keine Aussage zur Sache gemacht und damit nicht zur Klärung der Täterschaft beigetragen hätte.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 20.08.2009

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