21.11.2024
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil28.02.2013

Jugendamt muss Kosten für die Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall einer Schul­be­gleiterin übernehmenEinglie­de­rungshilfe muss Bedarf im Einzelfall decken

Übernimmt das Jugendamt die Kosten für eine Schulbegleitung in Höhe eines bestimmten pauschalen Stundensatzes, so muss die Höhe des Stundensatzes geeignet sein, eine angemessene Hilfe darzustellen. Wird ein Stundensatz von 12,78 € bewilligt und wird dieser nur auf die Dauer der tatsächlichen Anwesenheit der Schulbegleitung beschränkt, liegt keine angemessene Hilfe vor, wenn damit zugleich Rücklagen für eine Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall gebildet werden sollen. Dies hat das Bayerische Verwal­tungs­gericht Würzburg entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall gewährte ein Jugendamt Eingliederungshilfe in Form einer Kostenübernahme einer Schulbegleitung für ein autistisches Kind. Die Kosten der Schulbegleitung wurden der Mutter pauschal mit 12,78 € vergütet. Die Mutter beauftragte daraufhin eine Schul­be­gleiterin. Nachdem diese arbeitsunfähig erkrankte, verlangte die Mutter vom Jugendamt die Kostenübernahme für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ihrer Meinung nach, habe die Schul­be­gleiterin aufgrund des bestehenden Arbeitsvertrags einen Anspruch darauf gehabt. Das Jugendamt sah dies jedoch anders und lehnte eine Kostenübernahme ab. Seiner Ansicht nach, habe über die pauschale Vergütung kein Anspruch auf Kostenübernahme bestanden. Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Entscheidung des Jugendamts, erhob die Mutter Klage.

Pauschaler Stundensatz war unzureichend

Das Verwal­tungs­gericht Würzburg entschied zu Gunsten der Mutter. Soweit das Jugendamt meinte, die Kosten für eine Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall seien durch den pauschalen Stundensatz abgedeckt und mögliche weitere Kosten haben aus diesem Stundensatz finanziert werden müssen, folgte das Gericht dieser Ansicht nicht. Werde nämlich Einglie­de­rungshilfe gewährt, so müsse sie in der Lage sein den Bedarf zu decken. Dies sei bei einem Stundensatz von 12,78 € nicht der Fall gewesen.

Mutter war zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet

Die bewilligte Jugend­hil­fe­maßnahme habe den konkreten Bedarf nicht gedeckt, so das Verwal­tungs­gericht weiter, weil neben dem Bedarf für die Vergütung der tatsächlichen Anwesenheit der Schulbegleitung darüber hinaus ein Bedarf für die Befriedigung des mit der Beschäftigung der Schulbegleitung verbundenen Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestanden habe. Die Mutter sei angesichts der arbeits­ver­trag­lichen Regelung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen.

Keine Verpflichtung zur Bildung von Rücklagen

Die Mutter sei nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts nicht verpflichtet gewesen, aus dem gewährten Stundensatz Rücklagen zu bilden. Vielmehr habe sie die Schulbegleitung genau zu diesem Stundenlohn anstellen dürfen. Denn aus den Gründen des Bewil­li­gungs­be­scheids habe nicht entnommen werden können, ob der Stundensatz zusätzlich weitere Kosten abdecken soll. Zudem enthielt der Bescheid den Hinweis, dass Krankheits- und sonstige Fehlzeiten der Schulbegleitung nicht vergütet werden sollten. Daraus sei ersichtlich gewesen, dass mit dem Stundensatz nur die tatsächliche Anwesenheit der Schulbegleitung abgedeckt werden sollte.

Aufgabe der Einglie­de­rungshilfe ist nicht soziale Absicherung

Zwar bestätigte das Verwal­tungs­gericht die Ansicht des Jugendamts, dass es nicht Aufgabe der Einglie­de­rungshilfe sei, der Schuld­be­gleitung eine umfassende soziale Absicherung zu bieten. Es sei aber auch Aufgabe der Einglie­de­rungshilfe, Hilfe nach dem Bedarf im Einzelfall zu gewähren. Daher genüge zum Bedarf im Einzelfall, wenn die Schulbegleitung aus dem Arbeitsvertrag gegenüber dem Hilfeempfänger einen Anspruch auf soziale Absicherung hat. Diesen Bedarf habe die Einglie­de­rungshilfe abzudecken.

Jugendamt hätte selbst Schulbegleitung organisieren können

Außerdem habe es das Jugendamt selbst in der Hand gehabt, so das Verwal­tungs­gericht, den Anspruch auf Sozia­l­leis­tungen aus dem Arbeits­ver­hältnis möglichst zu minimieren. Es hätte nämlich im Rahmen seiner Steue­rungs­ver­ant­wortung nach § 36 a SGB VIII selbst die Ausgestaltung des Arbeitsvertrags mit der Schulbegleitung übernehmen können. Damit wäre nicht die Mutter Vertragspartner der Schulbegleitung geworden und deren Ansprüche ausgesetzt worden.

Quelle: Verwaltungsgericht Würzburg, ra-online (vt/rb)

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