18.10.2024
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil21.09.2010

VG Wiesbaden: Keine Schüler­be­för­de­rungs­kosten für Versuchsschule bei vorhandener näher zum Wohnort gelegener Schule derselben FormDifferenzierung aufgrund unter­schied­licher Unter­richts­konzepte hinsichtlich der Schüler­be­för­de­rungs­kosten gesetzlich nicht verankert

Eine Mutter kann für ihre Tochter keinen Bezug von Schüler­be­för­de­rungs­kosten für den Besuch einer „Versuchsschule“ beanspruchen, wenn eine andere Schule derselben Schulform wohnortnäher gelegen ist. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden.

Im zugrunde liegenden Fall begehrte eine Mutter von der Landes­hauptstadt Wiesbaden Schüler­be­för­de­rungs­kosten für ihre Tochter, die die Helene- Lange– Schule in Wiesbaden besucht. Die Stadt lehnte die Kostenübernahme jedoch ab, da für das Kind auch eine andere wohnortnahe integrierte Gesamtschule zur Verfügung stehe.

Bildungsgang beider Schulen nach Auffassung der Mutter nicht vergleichbar

Die Klägerin hatte die Klage mit der Begründung angestrengt, bei der Helene- Lange- Schule handele es sich um eine Versuchsschule des Landes Hessen mit besonderer pädagogischer Ausrichtung. Die wohnortnahe integrierte Gesamtschule weise ein ganz anderes pädagogisches Profil auf. Es handele sich um völlig unter­schiedliche Schulen; daher sei der gewählte Bildungsgang nicht vergleichbar. Die nächstgelegene Schule des Bildungs­kon­zeptes der Helene- Lange- Schule sei nur die Helene- Lange- Schule.

Mutter hält Anspruch auf Übernahme der Schüler­be­för­de­rungs­kosten für gerechtfertigt

Der Anspruch auf Übernahme der Schüler­be­för­de­rungs­kosten gegen die Stadt bestehe, da die Helene- Lange- Schule mehr als 3 km vom Wohnort entfernt sei und das Kriterium „Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges“ erfülle.

Eltern könnten nur zwischen Schulen wählen, in der gewählter Bildungsgang der Mittelstufe schul­form­bezogen oder schul­for­m­über­greifend angeboten wird

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden folgte dieser Ansicht nicht. Sowohl bei der wohnortnahen Schule, die nur knapp 2 km vom Wohnort entfernt sei, als auch bei der Helene- Lange- Schule handele es sich jeweils um eine integrierte Gesamtschule. Sie gehörten daher derselben Organi­sa­ti­o­nsform an. Eine Differenzierung aufgrund der unter­schied­lichen Unter­richts­konzepte kenne das Gesetz nicht. Auf besondere pädagogische, weltan­schauliche oder gar religiöse Ausprägungen sowie unter­schiedliche Sprachfolgen komme es insoweit schüler­be­för­de­rungs­kos­ten­rechtlich gerade nicht an. Schüler­be­för­de­rungs­kosten seien nach dem Gesetz notwendig für den Besuch der nächstgelegenen aufnahmefähigen Schule, deren Unter­richts­angebot es der Schülerin oder dem Schüler ermöglicht, den gewünschten Abschluss am Ende der Mittelstufe (Sekundarstufe 1) ohne Schulwechsel zu erreichen. Die Eltern könnten hierbei nur wählen, ob die Schülerin oder der Schüler die Schule besuchen solle, in der der gewählte Bildungsgang der Mittelstufe schul­form­bezogen oder schul­for­m­über­greifend angeboten wird. Das Schulgesetz kenne in der Mittelstufe nur die Bildungsgänge der Hauptschule, der Realschule, das Gymnasium, die schul­for­m­über­greifende (integrierte) Gesamtschule und die Förderschule. Die Eltern hätten sich vorliegend für eine schul­for­m­über­greifende Organi­sa­ti­o­nsform (integrierte Gesamtschule) entschieden; eine entsprechende Schule, die auch über genügend Aufnah­me­ka­pazität verfüge, sei wohnortnah vorhanden. Die Schüler­be­för­de­rungs­kosten seien daher nicht zu übernehmen.

§ 161 des Hessischen Schulgesetzes: - Schüler­be­för­derung -

(1) …

(2) Eine Beförderung ist notwendig, wenn die kürzeste Wegstrecke zwischen Wohnung und Schule sowie zwischen Wohnung oder Schule und einem sonstigen Ort, an dem regelmäßig lehrplanmäßiger Unterricht erteilt wird, für Schülerinnen und Schüler der Grundschule mehr als zwei Kilometer und für Schülerinnen und Schüler ab der fünften Jahrgangsstufe mehr als drei Kilometer beträgt. …

(3) …

(4) ...

(5) Notwendig sind die Beför­de­rungs­kosten für den Besuch

1. …

2. …

3. der nächstgelegenen, aufnahmefähigen Schule, deren Unter­richts­angebot es der Schülerin oder dem Schüler ermöglicht, den gewünschten Abschluss am Ende der Mittelstufe (Sekundarstufe 1) ohne Schulwechsel zu erreichen; der Entscheidung der Eltern entsprechend gilt dabei als nächstgelegen entweder die Schule, in der der gewählte Bildungsgang der Mittelstufe schul­form­bezogen, oder diejenige Schule, in der er schul­for­m­über­greifend angeboten wird (§ 12 Abs. 3). Nr. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) – (11) …

§ 11 des Hessischen Schulgesetzes - Äußere Organisation nach Schulstufen und Schulformen -

(1) ...

(2) ...

(3) Schulformen sind:

1. als allgemein bildende Schulen

a) die Grundschule,

b) die Hauptschule,

c) die Realschule,

d) das Gymnasium,

e) die schul­for­m­über­greifende (integrierte) Gesamtschule,

f) die Förderschule,

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden/ra-online

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