21.11.2024
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil06.10.2010

Akkreditierung für NATO-Gipfel: Übermittlung perso­nen­be­zogener Daten eines Journalisten durch BKA an NATO unzulässigBKA fehlt gesetzliche Ermäch­ti­gungs­grundlage für Daten­über­mittlung an internationale Organisationen

Die Abgabe eines Negativvotums seitens des BKA an die NATO durch Übermittlung perso­nen­be­zogener Daten eines Journalisten im Rahmen der Erteilung einer Presseak­kre­di­tierung für den NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 war unzulässig. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein freiberuflicher Journalisten aus Polen dagegen, dass das BKA der NATO perso­nen­be­zogene Daten übermittelt hatte, die zur Ablehnung der Akkreditierung des Klägers zum NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 führten.

Sachverhalt

Der Kläger, der für die polnische Ausgabe der internationalen Monats­zeit­schrift „le monde diplomatique“ und andere Zeitschriften vom NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 berichten wollte, beantragte am 29. Januar 2009 online bei der NATO seine Akkreditierung als Journalist für das Gipfeltreffen. Dort erklärte er sich damit einverstanden, dass seine persönlichen Daten gespeichert und in Verbindung mit seiner Akkreditierung verwendet würden. Die NATO lehnte die Akkreditierung ohne Angaben von Gründen ab.

BKA gibt Empfehlung zur Nichtzulassung des Klägers gegenüber der NATO ab

Hintergrund der Ablehnung war, dass die NATO dem BKA im Rahmen des mit der NATO vereinbarten standa­r­di­sierten Akkre­di­tie­rungs­über­prü­fungs­ver­fahrens für den NATO-Gipfel 2009 die persönlichen Daten des Klägers zur Überprüfung übermittelt hatte. Der automatische Datenabgleich im polizeilichen Infor­ma­ti­o­ns­system INPOL führte dazu, dass das BKA eine Empfehlung zur Nichtzulassung des Klägers gegenüber der NATO abgab, die daraufhin die Ablehnung des Klägers aussprach.

Daten­über­mittlung durch BKA rechtswidrig

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden gab der Klage des Journalisten statt und führte aus, dass es an einer gesetzlichen Ermäch­ti­gungs­grundlage für die Daten­über­mittlung durch das BKA an internationale Organisationen fehlt und die Übermittlung und vorgenommene Gefähr­dungs­prognose an die NATO daher rechtswidrig gewesen ist.

BKA-Gesetz ermöglicht keine Daten­über­mittlung an NATO in enthalten

Das BKA-Gesetz enthalte keine Norm, die es ermögliche, Daten an die NATO zu übermitteln. Es sei berechtigt, für die eigenen Aufgaben des Schutzes von Mitgliedern von Verfas­sungs­organen auf die gespeicherten Daten beim BKA zuzugreifen und diese zu nutzen. Auch gebe es eine Berechtigung im BKA-Gesetz, personenbezogen Daten an Dienststellen der Stati­o­nie­rungs­streit­kräfte oder an eine internationale krimi­na­l­po­li­zeiliche Organisation zu übermitteln. Diese Voraussetzungen träfen aber allesamt nicht auf das NATO-Hauptquartier in Brüssel zu.

BKA hat keine mit dem Bundesamt für Verfas­sungs­schutz vergleichbaren Berechtigungen

Eine vergleichbare Berechtigung, wie sie das Bundesamt für Verfas­sungs­schutz für die Übermittlung perso­nen­be­zogener Daten an ausländische öffentliche Stellen besitze, habe das BKA nicht, wie das Gericht feststellte.

Einwilligung des Klägers zur Datenverwendung enthielt keine Einwilligung zur Weitergabe der Daten an Dritte

Schließlich sei, so das Gericht, auch eine Berechtigung des BKA zur Übermittlung perso­nen­be­zogener Daten nicht nach dem Bundes­da­ten­schutz­gesetz gegeben, da der Kläger eine – grundsätzlich - schriftliche Einwilligung zur Übermittlung seiner Daten dem BKA gegenüber gerade nicht erteilt habe. Die Einwilligung der NATO gegenüber habe nicht die Weitergabe seiner Daten an Dritte enthalten.

BKA- Gesetz:

§ 5 Schutz von Mitgliedern der Verfas­sungs­organe

(1) Unbeschadet der Rechte des Präsidenten des Deutschen Bundestages und der Zuständigkeit der Bundespolizei und der Polizeien der Länder obliegt dem Bundes­kri­mi­nalamt

1. der erforderliche Personenschutz für die Mitglieder der Verfas­sungs­organe des Bundes sowie in besonders festzulegenden Fällen der Gäste dieser Verfas­sungs­organe aus anderen Staaten;

2. der innere Schutz der Dienst- und der Wohnsitze sowie der jeweiligen Aufent­haltsräume des Bundes­prä­si­denten, der Mitglieder der Bundesregierung und in besonders festzulegenden Fällen ihrer Gäste aus anderen Staaten.

(2) [...]

§ 14 Befugnisse bei der Zusammenarbeit im internationalen Bereich

(1) […]

(2) [...]

(3) […]

(4) [...]

(5) Das Bundes­kri­mi­nalamt kann als Nationales Zentralbüro der Bundesrepublik Deutschland für die Internationale Krimi­na­l­po­li­zeiliche Organisation perso­nen­be­zogene Daten an das General­se­kre­tariat der Organisation unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 übermitteln, soweit dies zur weiteren Übermittlung der Daten an andere Nationale Zentralbüros oder an die in Absatz 1 genannten Stellen geboten oder zu Zwecken der Infor­ma­ti­o­ns­sammlung und Auswertung durch das General­se­kre­tariat erforderlich ist.

(6) Das Bundes­kri­mi­nalamt kann perso­nen­be­zogene Daten an Dienststellen der Stati­o­nie­rungs­streit­kräfte im Rahmen des Artikels 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordat­lan­ti­k­ver­trages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183) übermitteln, wenn dies zur rechtmäßigen Erfüllung der in deren Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist.

(7) [...]

Bundes­ver­fas­sungs­schutz­gesetz:

§ 19 Übermittlung perso­nen­be­zogener Daten durch das Bundesamt für Verfas­sungs­schutz

(1) [...]

(2) […]

(3) Das Bundesamt für Verfas­sungs­schutz darf perso­nen­be­zogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischen­staatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicher­heits­in­teressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das Bundesamt für Verfas­sungs­schutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten.

(4) [...]

(5) [...]

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden/ra-online

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