Im zugrunde liegenden Fall klagte ein freiberuflicher Journalisten aus Polen dagegen, dass das BKA der NATO personenbezogene Daten übermittelt hatte, die zur Ablehnung der Akkreditierung des Klägers zum NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 führten.
Der Kläger, der für die polnische Ausgabe der internationalen Monatszeitschrift „le monde diplomatique“ und andere Zeitschriften vom NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 berichten wollte, beantragte am 29. Januar 2009 online bei der NATO seine Akkreditierung als Journalist für das Gipfeltreffen. Dort erklärte er sich damit einverstanden, dass seine persönlichen Daten gespeichert und in Verbindung mit seiner Akkreditierung verwendet würden. Die NATO lehnte die Akkreditierung ohne Angaben von Gründen ab.
Hintergrund der Ablehnung war, dass die NATO dem BKA im Rahmen des mit der NATO vereinbarten standardisierten Akkreditierungsüberprüfungsverfahrens für den NATO-Gipfel 2009 die persönlichen Daten des Klägers zur Überprüfung übermittelt hatte. Der automatische Datenabgleich im polizeilichen Informationssystem INPOL führte dazu, dass das BKA eine Empfehlung zur Nichtzulassung des Klägers gegenüber der NATO abgab, die daraufhin die Ablehnung des Klägers aussprach.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden gab der Klage des Journalisten statt und führte aus, dass es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Datenübermittlung durch das BKA an internationale Organisationen fehlt und die Übermittlung und vorgenommene Gefährdungsprognose an die NATO daher rechtswidrig gewesen ist.
Das BKA-Gesetz enthalte keine Norm, die es ermögliche, Daten an die NATO zu übermitteln. Es sei berechtigt, für die eigenen Aufgaben des Schutzes von Mitgliedern von Verfassungsorganen auf die gespeicherten Daten beim BKA zuzugreifen und diese zu nutzen. Auch gebe es eine Berechtigung im BKA-Gesetz, personenbezogen Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte oder an eine internationale kriminalpolizeiliche Organisation zu übermitteln. Diese Voraussetzungen träfen aber allesamt nicht auf das NATO-Hauptquartier in Brüssel zu.
Eine vergleichbare Berechtigung, wie sie das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen besitze, habe das BKA nicht, wie das Gericht feststellte.
Schließlich sei, so das Gericht, auch eine Berechtigung des BKA zur Übermittlung personenbezogener Daten nicht nach dem Bundesdatenschutzgesetz gegeben, da der Kläger eine – grundsätzlich - schriftliche Einwilligung zur Übermittlung seiner Daten dem BKA gegenüber gerade nicht erteilt habe. Die Einwilligung der NATO gegenüber habe nicht die Weitergabe seiner Daten an Dritte enthalten.
BKA- Gesetz:
(1) Unbeschadet der Rechte des Präsidenten des Deutschen Bundestages und der Zuständigkeit der Bundespolizei und der Polizeien der Länder obliegt dem Bundeskriminalamt
1. der erforderliche Personenschutz für die Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes sowie in besonders festzulegenden Fällen der Gäste dieser Verfassungsorgane aus anderen Staaten;
2. der innere Schutz der Dienst- und der Wohnsitze sowie der jeweiligen Aufenthaltsräume des Bundespräsidenten, der Mitglieder der Bundesregierung und in besonders festzulegenden Fällen ihrer Gäste aus anderen Staaten.
(2) [...]
(1) […]
(2) [...]
(3) […]
(4) [...]
(5) Das Bundeskriminalamt kann als Nationales Zentralbüro der Bundesrepublik Deutschland für die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation personenbezogene Daten an das Generalsekretariat der Organisation unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 übermitteln, soweit dies zur weiteren Übermittlung der Daten an andere Nationale Zentralbüros oder an die in Absatz 1 genannten Stellen geboten oder zu Zwecken der Informationssammlung und Auswertung durch das Generalsekretariat erforderlich ist.
(6) Das Bundeskriminalamt kann personenbezogene Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen des Artikels 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183) übermitteln, wenn dies zur rechtmäßigen Erfüllung der in deren Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist.
(7) [...]
Bundesverfassungsschutzgesetz:
(1) [...]
(2) […]
(3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten.
(4) [...]
(5) [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.10.2010
Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden/ra-online