21.11.2024
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ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Wiesbaden Beschluss24.07.2017

Eilantrag einer Tierärztin gegen vorläufiges Berufsverbot erfolglosVerletzung der tierärztlichen Pflichten

Eine Tierärztin scheiterte mit ihrem Eilantrag gegen das behördliche angeordnete Ruhen ihrer Approbation. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden bekanntgegeben.

Im vorliegenden Fall hatte das Polizei­prä­sidium anlässlich einer Begehung eines Hunde­zucht­be­triebes am 14.12.2016 dort insgesamt 106 lebende sowie 5 tote Hunde aufgefunden. Zahlreiche Hunde waren behand­lungs­be­dürftig, abgemagert und erkrankt. In dem Betrieb wurden diverse, zum Teil abgelaufene, ungenügend gelagerte oder für Hunde nicht zugelassene Tiera­rz­nei­mittel sowie blanko ausgefüllte Impfpässe vorgefunden. Zahlreiche Hunde waren illegal aus Osteuropa in den Hunde­zucht­betrieb verbracht worden. Die Antragstellerin war seit mehr als 10 Jahren die für die Betreuung und Behandlung der dort untergebrachten Hunde zuständige Tierärztin sowie Inhaberin einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Haltung unter Züchtung von Hunden.

Anklage wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug in mehreren Fällen

Gegen die Tierärztin hatte die Staats­an­walt­schaft Hagen am 09.03.2017 Anklage wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug in 82 Fällen zum Landgericht Hagen erhoben. Das Landgericht hatte vor der Entscheidung über die Zulassung der Anklage einen Beweisbeschluss erlassen und einen Sachver­ständigen eingeschaltet.

Antragstellerin für Ausübung des ärztlichen Berufes unwürdig

Mit Bescheid vom 27.04.2017 hat das Regie­rungs­prä­sidium das Ruhen der Approbation der Antragstellerin angeordnet und die sofortige Vollziehung angeordnet. Es hat zugelassen, dass die Praxis der Antragstellerin für die Dauer des Ruhens durch einen anderen Tierarzt weitergeführt werden kann. Zur Begründung stützte das Regie­rungs­prä­sidium sich auf die Anklage durch die Staats­an­walt­schaft und darauf, dass die Antragstellerin zuständige Tierärztin gewesen sei und die Verantwortung für die tierschut­z­widrigen Zustände in der Hundezucht zu übernehmen habe. Sie habe Impfstoffe, ohne die Hunde vorher zu untersuchen, an unqualifizierte Personen abgegeben und unerlaubt Blanko-Impfpässe ausgestellt. Die zum Gegenstand der Anklage gemachte strafrechtliche Beihilfe zum Betrug stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer tierärztlichen Tätigkeit, so dass die Antragstellerin sich als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen habe.

Antragstellerin bestreitet Kenntnis an illegaler Hundeeinfuhr

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 03.05.2017 zum Verwal­tungs­gericht Wiesbaden Klage erhoben und am 04.05.2017 einen Eilantrag auf Wieder­her­stellung der aufschieben den Wirkung der Klage gestellt, um ihre tierärztliche Tätigkeit einstweilen fortsetzen zu können. Zwar sei sie die zuständige Tierärztin für den Tierzucht­betrieb, jedoch nicht Mitinhaberin gewesen. Sie habe auch keine Impfpässe für nicht untersuchte Tiere ausgestellt und keine Kenntnis von der illegalen Einfuhr der Hunde gehabt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei aus formellen Gründen fehlerhaft. Das Regie­rungs­prä­sidium stütze sich zwar auf die Anklage der Staats­an­walt­schaft Hagen, habe jedoch nicht einmal die Ermitt­lungsakten beigezogen. Die Anordnung des Ruhens der Approbation sei ein schwerer Eingriff in ihr Grundrecht auf freie Berufswahl und -ausübung. Ihr drohten schwere und kaum reparable berufliche Nachteile. Da der Tierzucht­betrieb geschlossen worden sei, drohten in Zukunft ohnehin keine Straftaten mehr.

Öffentliches Interesse an Tätig­keits­un­ter­bindung überwiegt gegenüber Interesse an Fortführung der Praxis

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden begründet die Ablehnung des Eilantrags mit der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regie­rungs­prä­sidiums. Das öffentliche Interesse, die weitere Tätigkeit der Antragstellerin als Tierärztin zunächst zu unterbinden, überwiege deren Interesse an der Fortführung ihrer Praxis.

Vorgeworfenes Verhalten genügt für ergangene Anordnung

Dass die Antragstellerin sich dem Verdacht einer Straftat, hier der Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug in 82 Fällen, ausgesetzt und die Staats­an­walt­schaft Anklage deswegen erhoben habe, genüge nach § 8 der Bundes­tier­ärz­te­o­rdnung, das Ruhen der Approbation anzuordnen. Denn durch das ihr vorgeworfene Verhalten habe sich die Antragstellerin als unwürdig erwiesen, den Beruf der Tierärztin auszuüben. Mit ihrem Verhalten habe sie das Vertrauen der Öffentlichkeit in den tierärztlichen Berufsstand nachhaltig erschüttert.

Vernach­läs­sigung ihrer Pflichten als Tierärztin

Durch die Blanko-Ausstellung von Impfpässen und die Abgabe von Impfseren an unqualifizierte Personen sei sie ihren Pflichten als Tierärztin nicht gerecht geworden. Sie habe die tierschut­z­widrigen Zustände in dem Tierzucht­betrieb, deren formale Mitinhaberin sie als zugelassene gewerbliche Züchterin und Halterin gewesen sei, hingenommen und damit ihre Pflicht als Tierärztin vernachlässigt, Leiden und Krankheiten von Tieren zu verhüten, zu lindern und zu heilen sowie das Leben und das Wohlbefinden der Tiere zu schützen.

Entscheidung verhältnismäßig trotz Eingriff in Grundrecht auf freie Berufswahl

Die Entscheidung des Regie­rungs­prä­sidiums sei auch verhältnismäßig. Zwar stelle das Ruhen der Approbation einen existenz­ge­fähr­denden und daher erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) dar. Angesichts der Erhebung der Anklage bestehe aber ein hinreichender Tatverdacht und damit eine überwiegende Wahrschein­lichkeit, dass die Antragstellerin wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt werde und sich der vom Regie­rungs­prä­sidium zugrunde gelegte Sachverhalt als wahr erweise. Durch das ihr vorgeworfene Verhalten habe die Antragstellerin ihre tierärztlichen Pflichten in eklatanter Weise verletzt und das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Tierärzte schwer beschädigt. Die Antragstellerin habe keinerlei Einsicht in ihr Fehlverhalten gezeigt, sondern die Verantwortung von sich gewiesen. Es sei der Allgemeinheit nicht zu vermitteln, wenn die Antragstellerin ihren Beruf bis zum Abschluss des Haupt­sa­che­ver­fahrens ausüben könnte.

Erläuterungen

Auszüge aus der Bundes­tier­ärz­te­o­rdnung (BTÄO)):

§ 1

(1) Der Tierarzt ist berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungs­fähigen Tierbestandes beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken.

§ 8

(1) Das Ruhen der Approbation kann angeordnet werden, wenn

1. gegen den Tierarzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuver­läs­sigkeit zur Ausübung des tierärztlichen Berufs ergeben könnte, ein Strafverfahren eingeleitet ist oder

[…]

(3) Der Tierarzt, dessen Approbation ruht, darf den tierärztlichen Beruf nicht ausüben.

(4) Die zuständige Behörde kann zulassen, daß die Praxis eines Tierarztes, dessen Approbation ruht, für einen von ihr zu bestimmenden Zeitraum durch einen anderen Tierarzt weitergeführt werden kann.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden/ ra-online

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