21.11.2024
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Dokument-Nr. 2327

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Verwaltungsgericht Weimar Urteil09.03.2006

Rückforderung von BAföG-Leistungen berechtigtAuch Treuhandkonten sind für die Berechnung von BAföG anzugeben

In zwei Grund­sat­z­ent­schei­dungen hat das Verwal­tungs­gericht Weimar über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von BAföG-Leistungen entschieden.

Hintergrund dieser Verfahren war ein Datenabgleich zwischen den BAföG-Behörden und den Finanzbehörden. Im Rahmen dieser Überprüfung wurden die in den Anträgen auf Bewilligung von BAföG-Leistungen gemachten Angaben zu den Vermö­gens­ver­hält­nissen mit den beim Bundesamt für Finanzen bekannten Freistel­lungs­auf­trägen für Zinserträge verglichen. In einer Reihe von Verfahren wurden dabei Vermögenswerte, die bei der Berechnung der BAföG Leistungen einzurechnen waren, festgestellt, die jedoch gegenüber den BAföG-Behörden nicht angegeben worden waren. Neben der Einleitung von Strafverfahren wegen Betrugs wurden in diesen Fällen die zu Unrecht bezogenen Leistungen zurückgefordert. Von den Auszubildenden wurde demgegenüber u.a. geltend gemacht, dass es sich bei den festgestellten Vermögenswerten um eine sog. verdeckte Treuhand-Beziehung gehandelt habe bzw. dass von diesen Vermögenswerten Schulden abzuziehen seien, die wiederum häufig gegenüber Familien­an­ge­hörigen bestanden haben sollen. Eine sog. verdeckte Treuhand liegt vor, wenn der Auszubildende auf seinen Namen Vermögenswerte Dritter angelegt hat und er diese nach seinen Angaben nur für den Dritten verwahrt, ohne dass jedoch diese Verwahrung den Unterlagen zu entnehmen wäre. Solche Gestaltungen können z.B. gewählt werden, um für Vermögen der Eltern Steuer­frei­beträge der Kinder oder besonders günstige Anlageformen für Auszubildende zu nutzen.

Hierzu hat die 5. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Weimar nunmehr entschieden, dass solche Vermögenswerte bei einem Auszubildenden im Rahmen der Vermö­gen­s­er­mittlung für die Gewährung von BAföGLeistungen zu seinen Lasten zu berücksichtigen sind. Bei der Berechnung könnten nur solche Vermö­gens­ge­gen­stände von der Anrechnung ausgenommen werden, bei denen eine Verwertung rechtlich oder tatsächlich nicht möglich sei. Bloße vertragliche Bindungen oder Beschränkungen reichten hierfür auch dann nicht aus, wenn sie die Verwertung erschwerten oder zu finanziellen Nachteilen führten. In Übereinstimmung mit einer Vielzahl anderer Verwal­tungs­ge­richte stellte die 5. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Weimar fest, dass verdeckte Treuhand­ver­hältnisse in diesem Sinne unbeachtlich sind. An das Vorliegen eines Treuhand­ver­hält­nisses sei ein strenger Maßstab anzulegen. Es könne nur anerkannt werden, wenn ein gewisses Maß an Förmlichkeit erfüllt sei. Dies gelte insbesondere, wenn es sich um Verträge zwischen nahen Angehörigen handele, die hinsichtlich Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen müssten. Durch die verdeckte Treuhand werde der Rechtsschein eigenen Vermögens erzeugt, an dem sich der Auszubildende auch im Rahmen der Bedürf­tig­keits­prüfung bei der Ausbil­dungs­för­derung festhalten lassen müsse. Auch könne der aus einem verdeckten Treuhand­ver­hältnis möglicherweise resultierende Heraus­ga­be­an­spruch nicht vermö­gens­wirksam berücksichtigt werden.

In einem weiteren Verfahren (Urteil vom 23.02.2006 – 5 K 234/05 -) wurde geltend gemacht, dass ein Kredit, den die Mutter dem Auszubildenden gewährt haben sollte, vom Vermögen des Auszubildenden abzuziehen sei. Hierzu entschied das Gericht, dass eine Kreditschuld bei der Berechnung des Vermögens nur dann anerkannt werden könne, wenn der Darle­hens­vertrag wirksam abgeschlossen wurde und die Darle­hens­ge­währung an Hand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verdeckten Schenkung abgrenzbar sei. Darle­hens­verträge seien nur dann anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in den wesentlichen Punkten dem zwischen Fremden üblichen entspreche. Zu beachten sei jedoch, dass ein strenger Fremdvergleich dem innerhalb einer Familie bestehenden besonderen Vertrau­ens­ver­hältnis nicht in jedem Fall gerecht werde. Es sei daher eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

Auch wenn danach ein Darle­hens­vertrag anzunehmen sei, ist nach der Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts weiter zu beachten, dass Schulden von Auszubildenden nur dann vermö­gens­wirksam berücksichtigt werden dürfen, wenn der Auszubildende im Bewil­li­gungs­zeitraum ernstlich mit der Geltendmachung der Verbindlichkeit rechnen müsse. Werde diese Forderung erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig, bleiben sie bei der Berechnung der BAföG-Leistungen unberück­sichtigt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Weimar vom 13.04.2006

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