Verwaltungsgericht Trier Urteil25.02.2025
Keine Gesichtsverschleierung beim AutofahrenKeine Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot der Straßenverkehrsordnung zum Tragen eines Niqab am Steuer
Das Verwaltungsgericht Trier hat die Klage einer Muslimin auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot der Straßenverkehrsordnung zum Tragen eines Gesichtsschleiers (Niqab) beim Autofahren abgewiesen.
Die Klägerin ist eine Muslimin und trägt eigenen Angaben zufolge in der Öffentlichkeit aus religiösen Gründen einen sogenannten Niqab, eine Verschleierung, mit der der Körper und auch das Gesicht mit Ausnahme der Augenpartie bedeckt werden. Im November 2023 beantragte sie daher beim beklagten Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot des § 23 Abs. 4 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO). Danach darf, wer ein Kraftfahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist. Nachdem der Beklagte den Antrag der Klägerin abgelehnt hatte und auch ihr dagegen eingelegter Widerspruch erfolglos geblieben war, erhob sie die hier vorliegende Klage. Zur Begründung berief sich die Klägerin auf ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit und machte weiter im Wesentlichen geltend, die Verschleierung führe – entgegen der Annahme des Beklagten – weder zu einer steigenden Gefährdung durch sie beim Führen eines Kraftfahrzeugs noch zu einer erhöhten Gefahr der Beschränkung der Strafverfolgung.
Richter: Kein Anspruch auf Ausnahmegenehmigung
Dieser Auffassung schloss sich der zuständige Einzelrichter der 9. Kammer nicht an und wies die Klage nach Durchführung der mündlichen Verhandlung, in der auch der Niqab der Klägerin in Augenschein genommen wurde, ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot (gleiche Auffassung: Verwaltungsgericht Berlin, Urteil v. 27.01.2025 - VG 11 K 61/24 -; Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil v. 05.07.2024 - 8 A 3194/21 -).
Eingriff in die Religionsausübung gerechtfertigt
Der Beklagte habe das ihm bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO zukommende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere lägen keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Zwar beeinträchtigte das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Verhüllungsverbot die Klägerin mittelbar in ihrer Religionsausübung, ein solcher Eingriff sei jedoch aufgrund der hierdurch geschützten höher zu gewichtenden Rechtsgüter der Verkehrssicherheit, des Schutzes von Leib und Leben und der körperlichen Unversehrtheit Dritter generell gerechtfertigt. Nichts anderes gelte im konkreten Einzelfall. Eine ungehinderte Rundumsicht der Klägerin sei beim Tragen des Niqabs – wie die Inaugenscheinnahme gezeigt habe – nicht gewährleistet, sodass andere Verkehrsteilnehmer potentiell gefährdet würden. Auch bestehe eine Gefahr der Beschränkung der Strafverfolgung, da die Feststellung der Identität im Rahmen einer automatisierten Verkehrskontrolle allein durch die Erkennbarkeit der Augenpartie nicht sichergestellt sei.
Identifizierbarer Niqab ist nicht geeignet
Dem könne auch nicht durch die Auflage zum Tragen eines „identifizierbaren“ Niqabs mit angebrachtem QR-Code begegnet werden, weil nicht auszuschließen sei, dass dieser von einer anderen Person getragen werde. Der von der Klägerin bemühte Vergleich mit Kraftradfahrern, die aufgrund der Helmpflicht vom Verschleierungsverbot ausgenommen seien, führe auch nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es liege bereits kein vergleichbarer Sachverhalt vor, da sich die Sicherheitsanforderungen und das Schutzbedürfnis der jeweiligen Kraftfahrzeugführer erkennbar unterscheiden würden. Schließlich sei die Ablehnung der beantragten Ausnahmegenehmigung auch verhältnismäßig. Insbesondere stelle die von der Klägerin angeregte Fahrtenbuchauflage mangels sicherer Identifizierbarkeit kein gleich geeignetes Mittel dar. Auch sei die Entscheidung des Beklagten angemessen. Der Eingriff in die schützenswerten Interessen der Klägerin sei nur gering. Unbeschadet dessen müsse sie sich auf die Inanspruchnahme des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) verweisen lassen. Dass ihr im konkreten Einzelfall die Nutzung des ÖPNV unzumutbar sei, lasse sich indes nicht feststellen.
Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.03.2025
Quelle: Verwaltungsgericht Trier, ra-online (pm/pt)