15.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil21.06.2011

Aus Ausbildungscamp der Taliban für Selbst­mor­d­at­tentäter geflohener afghanischer Staats­an­ge­höriger ist als Flüchtling anzuerkennenLeben wegen seiner politischen Überzeugung bedroht

Ein afghanischer Staats­an­ge­höriger, der aus einem Ausbildungscamp der Taliban für Selbst­mor­d­at­tentäter geflohen ist, ist als Flüchtling anzuerkennen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Stuttgart und gab damit der Klage eines afghanischen Staats­an­ge­hörigen gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft statt.

Im zugrunde liegenden Streitfall reiste der 35-jährige Kläger im Juli 2010 nach Deutschland ein. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Februar 2011 ab. Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Verwal­tungs­gericht Stuttgart und trug u.a. vor, er sei von den Taliban in ein Ausbildungscamp nach Miramshah verschleppt worden, wo er „geschult“ worden sei. Er habe ständig beten und den Regeln der Taliban folgen müssen. Man habe ihm bedeutet, dass er in den Kampf müsse, und auch ein Selbst­mor­d­at­tentat sei angesprochen worden. Er habe dann erfahren, dass zwischen­zeitlich Regie­rungs­ver­treter bei seiner Mutter gewesen seien, die ihm nun vorwerfen würden, für die Taliban zu arbeiten. Er werde also sowohl durch die Taliban, deren Verstecke er kenne, als auch durch die Regierung verfolgt.

Bestehende Angst um sein Leben vom Kläger glaubhaft vorgetragen

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart gab der Klage statt und führte zur Begründung vor, dass der Kläger in Afghanistan wegen seiner (vermeintlichen) politischen Überzeugung durch den afghanischen Staat sowie durch nichtstaatliche Akteure - den Taliban - verfolgt worden sei, ohne dass er eine innerstaatliche Fluchtal­ter­native gehabt habe. Er habe vorgetragen, die Taliban hätten ihn verschleppt, weil sie zunächst gemeint hätten, er arbeite für die Amerikaner und die Regierung. Aus Angst habe er sich als gläubigen Moslem ausgegeben, der die „Ungläubigen“ nicht möge. Er sei daher von den Taliban in ein Ausbildungscamp in den Bergen mitgenommen worden. Er sei ideologisch geschult worden und in die Methoden eines Selbst­mor­d­at­ten­täters eingewiesen worden. Da er aber niemanden töten könne und wolle, sei ihm die Flucht gelungen. Nun habe er sowohl Angst vor den Taliban, die ihn als Verräter betrachteten, als auch vor dem afghanischen Staat, dem bekannt geworden sei, dass er in einem Ausbildungscamp der Taliban gewesen sei, und der bei seiner Mutter auch schon nach ihm gesucht habe. Dieses Vorbringen sei glaubhaft. Somit sei das Leben des Klägers wegen seiner politischen Überzeugung bedroht. Eine Fluchtal­ter­native innerhalb des afghanischen Staates habe dem Kläger nicht zur Verfügung gestanden, da er sowohl vom Staat als auch von den Taliban verfolgt worden sei und damit zwischen zwei „gefährlich heißen Stühlen“ gesessen habe, wie er sich ausdrückte.

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online

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