15.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil18.04.2008

Islamisches Glaubenszentrum darf gebaut werdenAnwohnerin scheitert mit Klage gegen Baugenehmigung der Stadt Ludwigsburg

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat die Klage einer Anwohnerin gegen den Umbau eines früher als Tapeten- und Textilmarkt genutzten Gebäudes in ein islamisches Glaubenszentrum mit zwei islamischen Gebetssälen und verschiedenen Nebenräumen in Ludwigsburg abgewiesen.

Die Nachbarin machte gegen die am 20.04.2006 von der Stadt Ludwigsburg erteilten Baugenehmigung geltend, das Vorhaben sei in einem dort vorherrschenden Mischgebiet nicht allgemein zulässig, weil es sich nicht überwiegend um eine kirchliche Einrichtung handle. Die Gebetsräume machten nur etwa ein Viertel der Gesamt­nut­zungs­fläche von ca. 1200 m² aus. Auch sei die Islamische Gemeinschaft keine kirchliche Einrichtung, sondern politisch motiviert, da sie bei Milli Görüs Mitglied sei. Weiter befürchtete die Anwohnerin eine erhebliche Zunahme der Verkehrs­be­lastung und eine Wertminderung ihres Grundstücks. Das Verwal­tungs­gericht hatte im November 2007 im Eilverfahren den Antrag der Nachbarin auf vorläufigen Rechtschutz abgelehnt . Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg wies im Januar 2008 die Beschwerde der Nachbarin zurück.

Die 9. Kammer hat ausgeführt, dass das Vorhaben angesichts der weltan­schau­lichen Neutralität des Baurechts in einem Mischgebiet als Anlage für kirchliche und kulturelle Zwecke allgemein zulässig sei. Bei der Größendimension des Vorhabens - zwei Gebetsräume von 180 m² und von 110 m² - handele sich nicht um eine „Zentral­ein­richtung für den mittleren Neckarraum“. Es komme auch nicht entscheidend darauf an, ob das Vorhaben im Schwerpunkt als Anlage für kulturelle Zwecke oder als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen sei, denn beide Nutzungsarten seien im Mischgebiet zulässig. Die Anwohnerin müsse den mit der zulässigen Anlage üblicherweise verbundenen An- und Abfahrtsverkehr der Besucher hinnehmen. Aufgrund der in der Baugenehmigung verbindlich angeordneten Beschränkungen der Nutzungszeiten des Vorhabens einschließlich der Gebetsräume 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr, auch in den Sommermonaten und in den Fastenzeiten, seien unzumutbare Störungen nicht zu erwarten. Das gelte auch für die Parkplatz­si­tuation. Die Anwohner könnten sich grundsätzlich nicht dagegen wenden, dass der Parkraum auf den öffentlichen Straßen möglicherweise nur noch begrenzt zur Verfügung stehe. Solche Probleme seien mittels des Straßen­ver­kehrs­rechts zu lösen (Anwoh­ner­pa­r­k­re­gelung). Abgesehen davon, dass die Gesamtzahl der sich gleichzeitig versammelnden Personen auf maximal 300 Personen beschränkt sei, werde auch durch die festgesetzten 32 notwendigen Stellplätze und durch den Parksuchverkehr der zulässige Lärmpegel nicht überschritten. Dies hätten die eingeholten Lärmgutachten überzeugend ergeben. Soweit die Anwohnerin geltend mache, bereits jetzt würden die angeordneten Beschränkungen, auch bezüglich der festgesetzten Parkie­rungs­flächen, nicht eingehalten, sei dies eine Frage des Ordnungsrechtes und nicht des Baurechts, und werde gegebenenfalls von den zuständigen Behörden zu kontrollieren sein. Denn Gegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens könne nur der Inhalt der strittige Baugenehmigung, nicht aber die von der Anwohnerin befürchtete (zukünftig) abweichende Nutzungen sein. Die Anwohnerin könne sich auch nicht auf eine von ihr befürchtete Wertminderung ihres Grundstückes berufen.

Eine Verbindung der Islamischen Gemeinschaft Ludwigsburg e.V. zu dem Dachverband Milli Görüs, der vom Verfas­sungs­schutz beobachtet werde, spiele im vorliegenden baurechtlichen Verfahren keine Rolle. Soweit die Anwohnerin meine, es liege eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne der Landes­bau­ordnung vor, seien hierfür keine konkreten Anhaltspunkte vorhanden. Die Prüfung von Vereinsverboten und entsprechende Ermittlungen seien anderen Behörden übertragen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 02.05.2008

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