Dokument-Nr. 12310
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil20.09.2011
VG Stuttgart: Gebühren für verdachtsunabhängige Waffenkontrolle rechtmäßigVerdachtsunabhängige Kontrollen trotz Annahme einer persönlichen Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers nicht unverhältnismäßig
Die Erhebung von Gebühren gegenüber eines Waffenbesitzers aufgrund einer Überprüfung der sicheren Aufbewahrung seiner Waffen ist rechtmäßig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, der Sportschütze und Waffensammler ist, besitzt 38 Lang- und Kurzwaffen. Im Januar 2010 übersandte er an die Stadt Heilbronn als Waffenbehörde eine Auftragsbestätigung einer Firma für Tresorbau anlässlich der Bestellung eines Tresors. Im März 2010 führte ein Mitarbeiter der Stadt beim Kläger nach vorheriger Terminsabsprache eine - beanstandungsfrei gebliebene - Überprüfung durch. In Anbetracht der Vielzahl der aufbewahrten Waffen dauerte die Überprüfung 45 Minuten. Für diese Kontrolle setzte die Stadt mit Gebührenbescheid vom 15. März 2010 eine Gebühr in Höhe von 50 Euro fest.
Waffenbesitzer hält Erhebung der Gebühr für offensichtlich rechtswidrig
Mit seiner hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger u.a. geltend, die Erhebung der Gebühr sei offensichtlich rechtswidrig, da der Gebührenbescheid auf das Gebührenverzeichnis der Stadt als Rechtsgrundlage gestützt sei; das Waffengesetz ermächtige aber nicht zur Erhebung von derartigen Gebühren. Auch habe er die Überprüfung weder veranlasst noch läge eine solche Überprüfung in seinem Interesse.
Stadt war nach eigener Auffassung gemäß § 36 Absatz 3 des Waffengesetzes zur Erhebung von Gebühren für Kontrollen ermächtigt
Die beklagte Stadt war dagegen der Auffassung, sie sei zur Erhebung von Gebühren für Kontrollen nach § 36 Absatz 3 des Waffengesetzes ermächtigt, da die Stadt die Aufgabe der Waffenbehörde als untere Verwaltungsbehörde wahrnehme. Bei der vorgenommenen Kontrolle handele es sich zudem um eine individuell zurechenbare Leistung, die im Interesse des Klägers erbracht und von ihm verantwortlich veranlasst worden sei. Von einer erlaubnispflichtigen Waffe gehe generell eine vergleichsweise große Gefahr aus, die der Besitzer mit dem Erwerb zwangsläufig und damit billigend in Kauf nehme.
Gebührenrecht als Teil des Verwaltungsverfahrens unterliegt Regelungskompetenz der Länder
Das Verwaltungsgericht Stuttgart teilte diese Auffassung und erklärte die Erhebung der Gebühr für die durchgeführte Waffenkontrolle für rechtmäßig. Insbesondere sei die Stadt Heilbronn zur Erhebung derartiger Gebühren befugt. Dem stehe auch nicht - wie vom Kläger vorgetragen - die Regelung des § 50 Abs. 2 des Waffengesetzes entgegen, die eine Ermächtigung zur Kostenerhebung ausschließlich für den Fall der Tätigkeit von Bundesbehörden vorsehe. Das Gebührenrecht als Teil des Verwaltungsverfahrens falle in die Regelungskompetenz der Länder, so dass es grundsätzlich den Ländern obliege in eigener Verantwortung die Erhebung von Verwaltungsgebühren für die Tätigkeit der eigenen Behörden und zur Deckung des eigenen Verwaltungsaufwandes zu regeln.
Gemeinden kann gebührenpflichtige Tatbestände und Höhe der Gebühren durch Satzung festlegen
Eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage zur Gebührenfestsetzung finde sich in Baden-Württemberg in §§ 2, 11 des Kommunalabgabengesetzes i. V. m. § 4 Abs. 3 des Landesgebührengesetzes, wonach die Gemeinden bei einer Aufgabenwahrnehmung als untere Verwaltungsbehörde die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren durch Satzung festlegen. Eine solche Satzung habe auch die Stadt Heilbronn erlassen und darin einen hinreichend bestimmten Gebührentatbestand für Prüfungen und Untersuchungen nach dem Waffengesetz, die im Interesse oder auf Veranlassung des Gebührenschuldners vorgenommen werden, vorgesehen.
Verdachtsunabhängige Vor-Ort-Kontrolle sind vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen und somit vom Waffenbesitzer zu dulden
Bei der vorgenommenen Waffenkontrolle handle es sich um eine derartige gebührenpflichtige Amtshandlung im Sinne der Gebührensatzung der Stadt Heilbronn, die insbesondere auch vom Kläger veranlasst worden sei. Denn für die Annahme einer Veranlassung genüge es, wenn die Amtshandlung im Pflichtenkreis des Gebührenschuldners erfolge. Die verdachtsunabhängige Vor-Ort-Kontrolle habe der Gesetzgeber nach den Erfahrungen der letzten Jahre in § 36 Abs. 3 Satz 2 des Waffengesetzes ausdrücklich vorgesehen und sei vom Waffenbesitzer zu dulden. Die verdachtsunabhängigen Kontrollen seien auch trotz der Annahme der persönlichen Zuverlässigkeit als Grundvoraussetzung für den Waffenschein bzw. die Waffenbesitzkarte nicht unverhältnismäßig. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass auch schriftliche Bekundungen über die Aufbewahrung der Waffen gegenüber der Waffenbehörde nicht in jedem Fall ausreichten und sich zudem auch Nachlässigkeiten einstellen könnten. Der Gesetzgeber habe sich bei der Einführung der verdachtsunabhängigen Kontrollen offenbar von dem Gedanken leiten lassen „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Die durchgeführte Waffenkontrolle knüpfe daher wegen der besonderen Gefährlichkeit des Waffenbesitzes allein an den Waffenbesitz als solches an und falle daher - ungeachtet dessen, ob Anlass zu Beanstandungen oder Kontrollmaßnahmen gegeben worden sei oder nicht - in den Verantwortungsbereich des Klägers als Waffenbesitzer und werde so von ihm veranlasst und ihm zugerechnet.
Darüber hinaus enthalte weder das Waffengesetz noch die landesrechtlichen Regelungen sowie die Satzung der Stadt Heilbronn für die seit 2009 eingeführte Kontrollmöglichkeit eine Gebührenfreistellung.
Gericht verneint Verletzung des Gleichheitssatzes
Soweit der Kläger einwendet, nur Baden-Württemberg und Bayern würden in derartigen Fällen Gebühren erheben, so stelle dies auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG dar ebensowenig, dass - wie dem Gericht bekannt sei - innerhalb von Baden-Württemberg die Gebührenerhebung nicht einheitlich erfolge. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz läge nur vor, wenn genau der gleiche Hoheitsträger - hier also die Stadt Heilbronn - die Frage der Gebührenerhebung unterschiedlich handhaben würde. Sofern andere Landratsämter und Stadtkreise - also andere Hoheitsträger - anders verfahren würden, führe dies im rechtlichen Sinne zu keiner Verletzung des Gleichheitssatzes.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.09.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online
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