21.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil18.05.2006

Baden-Württemberg: Automa­ten­vi­deothek darf an Sonn- und Feiertagen nicht betrieben werdenGewerbliche Gewinnerzielung widerspricht dem Wesen der Sonn- und Feiertage

Der Betrieb einer Automa­ten­vi­deothek an Sonn- und Feiertagen stellt eine werktägliche, öffentlich bemerkbare Arbeit dar und stört dadurch die Sonntagsruhe. Das hat das Verwal­tungs­gericht Stuttgart entschieden und die Klage eines Video­the­ken­be­treibers gegen die Stadt Heilbronn wegen Untersagung des sonn- und feiertäglichen Automa­ten­vi­deo­the­ken­be­triebes abgewiesen.

Dieses Urteil hat insoweit Bedeutung, weil die Frage der Zulässigkeit des Betriebes einer Automa­ten­vi­deothek an Sonn- und Feiertagen von Bundesland zu Bundesland, aber auch in Baden-Württemberg, von Ort zu Ort unterschiedlich beurteilt wird und bislang keine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage ergangen ist.

Der Kläger betreibt eine Automa­ten­vi­deothek, in der täglich rund um die Uhr an Verlei­h­au­tomaten DVDs, Videokassetten und Spiele gemietet und wieder zurückgegeben bzw. gekauft werden können. Der Zugang zu den Geräten im Laden erfolgt mit einer Kundenkarte, die Bedienung der Automaten über Touchscreen-Monitore. An einzelnen Tagen der Woche stehen stundenweise Beschäftigte zur Ausgabe der Kundenkarten u.ä. zur Verfügung. Die Stadt Heilbronn untersagte mit Verfügung vom 21.10.2004 den Betrieb der Automa­ten­vi­deothek an Sonn- und Feiertagen. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Kläger am 14.09.2005 Klage zum Verwal­tungs­gericht Stuttgart.

Das Gericht führte zu seiner Entscheidung aus:

Die Untersagung des sonn- und feiertäglichen Automa­ten­vi­deo­the­ken­be­triebes sei rechtmäßig, denn die Voraussetzungen hierzu seien nach dem Gesetz über die Sonntage und Feiertage (Feiertagsgesetz - FTG) erfüllt. Nach § 6 Abs. 1 FTG seien an den Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet seien, die Ruhe des Tages zur beeinträchtigen, verboten, soweit in gesetzlichen Vorschriften nichts anderes bestimmt sei. Bei dem Betrieb der Automa­ten­vi­deothek an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen handle es sich um eine werktägliche, öffentlich bemerkbare Arbeit i.S.d. Vorschrift, auch wenn der Arbeitsvorgang automatisiert sei bzw. Verkaufs- oder Bedienpersonal abwesend seien. Eine andere Auslegung würde in Zeiten zunehmender Technisierung und Automatisierung der werktäglichen Arbeiten zu einer völligen Aushöhlung des Sonntags­schutzes führen. Der Betrieb an Sonn- und Feiertagen stehe auch im Widerspruch zu der besonderen Natur dieser Tage und sei geeignet, die Ruhe dieser Tage zu beeinträchtigen. Das Verfas­sungsrecht schütze die Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung. Sonn- und Feiertage sollten auch nach heutigen gesell­schaft­lichen Anschauungen das öffentliche Leben seiner werktäglichen Elemente entkleiden und dadurch die Begehung des Sonntags als Nicht-Werktag ermöglichen und sichern. Danach widerspreche grundsätzlich jegliche Betätigung, die der gewerblichen Gewinnerzielung oder dem beruflichen Fortkommen diene, dem Wesen des Sonn- und Feiertags. Solche Tätigkeiten seien ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn sie entweder nicht öffentlich bemerkbar seien oder wenn sie nach Bundes- oder Landesrecht ausdrücklich erlaubt seien, was hier jedoch für den Betrieb der Automa­ten­vi­deothek nicht gelte. Andere an Sonn- und Feiertagen erlaubten gewerblichen Tätigkeiten wie z.B. Kinovor­füh­rungen, Theater­auf­füh­rungen, Museen usw. unterschieden sich vom Betrieb einer Automa­ten­vi­deothek dadurch, dass sie der Deckung eines sonntäglichen Bedarfs dienten und nur an Ort und Stelle durchgeführt werden könnten. Dagegen könne der Bedarf der Ausleihung von Videokassetten zum Zwecke der Betrachtung am Sonntag in zumutbarer Weise schon an Werktagen gestillt werden. Der Unterschied etwa zu einem Kinobesuch bestehe gerade darin, dass bei der Automa­ten­vi­deothek der Ausleihvorgang selbst - anders als das Betrachten der Videokassette oder der DVD - kein typisches sonntägliches Freizeit­ver­gnügen sei, sondern ein von diesem zu trennender Alltagsvorgang. Der Ausleihvorgang selbst könne also nicht als Teil der geschützten Freizeit­be­tä­tigung angesehen werden.

Allein der Umstand, dass sich in einigen Bevöl­ke­rungs­kreisen möglicherweise grundlegend das Freizeit­ver­halten an Sonn- und Feiertagen in der vom Kläger geltend gemachten Weise geändert haben möge, führe nicht allein zu einer Zulässigkeit des Betriebs der Automa­ten­vi­deothek an diesen Tagen. Angesichts der insti­tu­ti­o­nellen Garantie des Sonntags­schutzes sei es Sache des hierzu berufenen Gesetzgebers, den Sonn- und Feier­tags­tags­schutz neu zu gestalten, wenn sich die allgemeine Auffassung über Inhalt und Reichweite der Sonn- und Feiertagsruhe geändert haben sollte und er es für rechtspolitisch angezeigt halte, dem Rechnung zu tragen. Für eine Änderung der gesetzlichen Regelungen habe die baden-württem­ber­gische Landesregierung indes noch in einer Landtagsanfrage vom 30.08.2004 keinen Anlass gesehen.

Die Unzulässigkeit des Betriebs der Automa­ten­vi­deothek an Sonn- und Feiertagen verstoße auch nicht gegen den Gleich­heits­grundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Nutzung von Pay-TV-Sender und Internet stellten keine öffentlich bemerkbaren Arbeiten im Sinne des Sonn- und Feier­tags­ge­setzes dar und damit lägen keine vergleichbaren Sachverhalte vor. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass andere Städte den Betrieb der Automa­ten­vi­deo­theken an Sonn- und Feiertagen dulden würden. Deren Betrieb an Sonn- und Feiertagen verstoße gegen das Feiertagsgesetz, so dass sich der Kläger auf die (illegale) Duldung durch andere Behörden unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs.1 GG nicht berufen könne.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 20.06.2006

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