15.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss01.08.2008

Polizeibehörde darf bei Bewerbern keine Auskunft aus ihrem polizeilichen Infor­ma­ti­o­ns­system einholen

Die Polizeibehörde darf ihr polizeiliches Infor­ma­ti­o­ns­system nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben nutzen, nicht zum Abgleich der Personendaten von Bewerbern für den Polizeidienst. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Stuttgart entschieden und auf den Eilantrag eines Bewerbers (Antragsteller) das vom Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium in Göppingen vertretene Land Bad.-Württ. verpflichtet, den Bewerber einstweilen am Auswahl­ver­fahren für die Einstellung in den Polizeidienst teilnehmen zu lassen.

Der 20-jährige Antragsteller bewarb sich beim Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium um seine Einstellung in den mittleren Polizeidienst zum 01.09.2008. Dabei bejahte er die in dem Bewerbungsbogen gestellte Frage, ob er jemals in ein staats­an­walt­schaft­liches Verfahren verwickelt gewesen sei, mit „Verdacht auf unerlaubtes Entfernen des Unfallortes“. Hierzu legte er die Mitteilung der Staats­an­walt­schaft vom Dezember 2006 über die Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld und geringen Schadens nach § 153 Absatz 1 StPO bei. Im April 2008 teilte ihm das Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium mit, dass seine Bewerbung wegen des Ermitt­lungs­ver­fahrens nicht berücksichtigt werden könne.

Die 3. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts ist dem nicht gefolgt und hat entschieden, dass das eingestellte Ermitt­lungs­ver­fahren aller Voraussicht nach kein Hindernis für die Ernennung zum Polizeibeamten sein dürfte. Zwar seien bei der Einstellung eines Beamten im Rahmen der Prüfung seiner Eignung auch strafrechtliche Verwicklungen von Bedeutung. Das Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium habe aber nicht dargelegt, dass das eingestellte Ermitt­lungs­ver­fahren hinreichende Eignungs­be­denken rechtfertige. Außerdem dürfe die Einstel­lungs­behörde nicht alle Tatsachen in diesem Zusammenhang ermitteln und verwerten. Die Einstel­lungs­behörde habe dabei gesetzliche Regelungen zu beachten, die auch den Beamtenbewerber vor der unbeschränkten Ausforschung seines Privatlebens schützten. Dies habe das Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium im Falle des Antragstellers jedoch nicht getan. Das Präsidium habe sich das Ermitt­lungs­ver­fahren durch eine Auskunft aus dem polizeilichen Infor­ma­ti­o­ns­system bestätigen lassen. Das Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium als Polizeibehörde dürfe aber bei Bewerbern für den Polizeidienst keine Auskunft aus dem polizeilichen Infor­ma­ti­o­ns­system einholen. Denn die Polizeibehörde dürfe diese Datenbestände nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben nutzen, nicht aber zum Abgleich der Personendaten von Bewerbern für den Polizeidienst. Überdies hätten die Daten über das eingestellte Ermitt­lungs­ver­fahren gar nicht solange (bis zum Zeitpunkt der Bewerbung des Antragstellers im November 2007) gespeichert werden dürfen.

Auch der Umstand, dass der Antragsteller im Bewerbungsbogen selbst das Ermitt­lungs­ver­fahren offenbart habe, ändere nichts an dessen Unver­wert­barkeit. Denn der Antragsteller sei auf eine Art und Weise zur Offenlegung genötigt worden, die seine Entschei­dungs­freiheit unzulässig beeinflusst habe. Die ihm dabei abverlangte Einwilligung zu Datenabfragen sei unwirksam. Denn der Antragsteller sei nicht zuvor darüber belehrt worden, dass er ein Verschwei­gerecht nach dem Bundes­zen­tra­l­re­gis­ter­gesetz habe. Abverlangte Einwilligungen in die Nutzung von Personendaten dürften von Behörden nicht dazu genutzt werden, ihre hoheitlichen Befugnisse zu erweitern.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 13.08.2008

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