15.11.2024
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Dokument-Nr. 8276

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Urteil24.06.2009Verwaltungsgericht Stuttgart2 K 2964/08
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil24.06.2009

Erschlie­ßungs­bei­trags­satzung wegen fehlende Abwägungs­ent­scheidung zur Festlegung des gemeindlichen Eigenanteils insgesamt nichtigErschlie­ßungs­bei­trags­satzung der Stadt Stuttgart ungültig

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat entschieden, dass die Satzung der Landes­hauptstadt Stuttgart über die Erhebung von Erschlie­ßungs­bei­trägen vom 07.12.2006 auf Grund einer fehlenden Abwägungs­ent­scheidung des Gemeinderates zur Festlegung des gemeindlichen Eigenanteils insgesamt nichtig ist. Es gab deshalb der Klage eines Stuttgarter Grund­s­tücks­ei­gen­tümers gegen einen Bescheid der Landes­hauptstadt vom 16.04.2007 statt, mit dem diese von ihm eine Vorausleistung auf einen Erschlie­ßungs­beitrag in Höhe von ca. 8.700 EUR gefordert hatte.

Die Erschließungsbeitragssatzung der Landes­hauptstadt Stuttgart sieht vor, dass die Stadt einen Anteil von 5 % der Erschlie­ßungs­kosten trägt (bzw. 15 % bei Treppenwegen). Die Stadt vertrat hierzu die Auffassung, dass nach neuem landes­recht­lichen Erschlie­ßungs­bei­tragsrecht ein lediglich 5 %-iger Anteil an den Erschlie­ßungs­kosten durch die Gemeinde zulässig und sogar vorgesehen sei. Eine Differenzierung nach Straßenarten und -typen sei nicht erforderlich. Dieser Auffassung ist das Gericht nicht gefolgt.

Eigenanteil von mindestens 5 % darf nicht ohne Prüfung festgesetzt werden

Die landes­ge­setzliche Regelung des § 23 Abs. 1 des Kommu­na­l­ab­ga­ben­ge­setzes (KAG) in der zum Zeitpunkt des Satzungs­be­schlusses gültigen Fassung vom 17.03.2005, wonach der Beitrags­be­rechtige mindestens 5 % der beitragsfähigen Kosten selbst zu tragen habe, gebe nur eine von mehreren Rahmen­be­din­gungen für die Ausübung des ortsge­setz­ge­be­rischen Ermessens vor. Der Satzungsgeber müsse außer dieser weitere Gesichtspunkte in seine Abwägung einbeziehen. § 23 Abs. 1 KAG ermächtige die Gemeinde jedenfalls nicht, ohne nähere Begründung und Abwägung den Eigenanteil auf den Mindestanteil von 5 % festzusetzen. Die entsprechende satzungs­rechtliche Regelung der Beklagten, wonach die Stadt 5 %, bei Treppenwegen 15 % der beitragsfähigen Kosten trage, verletze höherrangiges Recht. Gerade bei der Höhe des Gemeindeanteils sei in besonderer Weise das Äquiva­lenz­prinzip zu beachten, wonach eine öffentliche Abgabe nicht in einem Missverhältnis zu der von der öffentlichen Hand gebotenen Leistung stehen dürfe. Dem entsprechend sei der Gemeindeanteil nach dem jeweiligen Vorteil der Erschlie­ßungs­anlagen für die Allgemeinheit zu bemessen. Dies ziehe die Verpflichtung des Ortsge­setz­gebers nach sich, die Notwendigkeit einer Differenzierung nach Straßentypen zu prüfen.

Abwägungs­ent­scheidung fehlt

Der Gemeinderat der Landes­hauptstadt Stuttgart habe jedoch beim Satzungs­be­schluss am 07.12.2006 keine auf das gesamte Gemeindegebiet bezogene Abwägungs­ent­scheidung getroffen, in welchem Umfang eine Inanspruchnahme der Erschlie­ßungs­anlage durch die Allgemeinheit einerseits und durch Beitrags­schuldner andererseits zu erwarten sei. Eine Ausein­an­der­setzung mit der Frage des Vorteils für die Allgemeinheit finde sich im Gemein­de­rat­s­pro­tokoll nicht. Dies, obwohl es bei der Landes­hauptstadt Stuttgart auf der Hand liege, dass es Straßen sehr unter­schied­licher Verkehrs­be­deutung gebe und auch schon bisher (wenigstens) für Treppenwege die Notwendigkeit einer Differenzierung erkannt worden sei.

Erschlie­ßungs­bei­trags­satzung ist insgesamt nichtig

Die fehlende Abwägungs­ent­scheidung zur Festlegung des gemeindlichen Eigenanteils führe zu einer Gesamt­nich­tigkeit der Erschlie­ßungs­bei­trags­satzung der Stadt, denn sie habe zur Folge, das sich der umlagefähige Aufwand nicht ermitteln und verteilen lasse. Die Ungültigkeit der Satzung führe dazu, dass vom Kläger vorläufig - bis zum Beschluss einer gültigen Erschlie­ßungs­bei­trags­satzung - weder Beiträge noch Voraus­leis­tungen erhoben werden könnten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 10.08.2009

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