03.12.2024
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Dokument-Nr. 4195

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil08.09.2004

Woche­n­end­haus­ei­gentümer haben baurechtlichen Nachbarschutz gegen Inline-Skating-Anlage

Ein im Woche­n­end­h­aus­gebiet wohnender Nachbar kann gegen eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Freizeitanlage für Inline-Skating erfolgreich einwenden, dass die Ausführung dieses Vorhaben planungs­rechtlich unzulässig ist, weil es gegen das (baurechtliche) Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Mit dieser Begründung hat das Verwal­tungs­ge­richte Stuttgart auf der Klage zweier Woche­n­end­haus­ei­gentümer (Kläger) stattgegeben.

Das Landratsamt Hohenlohekreis hatte im September 2000 der Stadt Waldenburg (Beigeladene) die Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer etwa 190 qm großen Anlage für Inline-Skating als Freizeitanlage erteilt. Die Freizeitanlage kann von 20 Personen zeitgleich benutzt werden. Sie besteht aus vier Stahlbeton-Rampen (ein geviertelter Pyramidenstumpf, eine Bankrampe, eine Quarter-Pipe und ein Table), die zwischen ,2 m und 1, m hoch sind, sowie aus 2 Metall-Stangen (sogenannten rails). Die Grund- und Rollfläche soll mit Beton­werk­steinen belegt werden. Mit weiterem Baubescheid vom November 2001 wurden der Baugenehmigung schall­schutz­tech­nische Neben­be­stim­mungen beigefügt. Die Kläger sind Eigentümer der benachbarten Grundstücke, die in einem als „Woche­n­end­h­aus­gebiet“ ausgewiesenen Gebiet liegen. Sämtliche Grundstücke liegen im Außenbereich. Die Kläger halten die genehmigte Freizeitanlage für baurechtlich unzulässig, da die Ruhe und die Erholung in dem benachbarten „Woche­n­end­h­aus­gebiet“ erheblich gestört werde, was ihnen nicht zuzumuten sei. Dem ist auch die 16. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts gefolgt:

Die geplante Anlage für Inline-Skating widerspreche § 35 Abs. 2 des Baugesetzbuches, weil die Ausführung und Benutzung der Anlage schädliche Geräu­schim­mis­sionen hervorrufen könne, was den davon betroffenen Klägern billigerweise nicht zumutbar sei. Die Kläger könnten sich im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung auf eine besonders schutzwürdige Rechtsposition berufen, weil ihre Grundstücke Bestandteil eines bauplanerisch festgesetzten „Woche­n­end­h­aus­ge­bietes“ seien. Woche­n­end­h­aus­gebiete seien allgemein empfindlich gegen Störungen durch technischen und sozialen Freizeitlärm, namentlich durch Lärm, der mit dem freizeitmäßigen Betrieb einer Anlage für Inline-Skating in der unmittelbaren Nachbarschaft derartiger Grundstücke typischerweise verbunden sei. Woche­n­end­h­aus­gebiete und die dort zugelassenen Wochenendhäuser dienten der Erholung und seien mit dieser auf Ruhe angelegten Zweckbestimmung besonders störanfällig. Die durch den Betrieb der Anlage für Inline-Skating hervorgerufenen, in geringen wechselnden zeitlichen Abständen regelmäßig wiederkehrenden kurzzeitigen Geräuschspitzen seien dabei von ausschlag­ge­bender Bedeutung. Kurzzeitige Geräuschspitzen entstünden im gegebenen Falle vor allem bei hartem Aufspringen auf die sogenannten rails oder bei lautstarker Kommunikation der Skater. Dadurch könnten laut dem der Baugenehmigung beigefügten schall­tech­nischen Gutachten Schall­druckpegel von bis zu 110 dB(A) entstehen (Geräusch eines Press­luft­hammers), die dann an den Häusern der Kläger zu Maximalpegeln von bis zu 67 dB(A) führten. Derart regelmäßig wiederkehrende hohe Geräu­schein­wir­kungen würden gerade auf der Ruhe und Erholung dienenden Woche­n­end­grund­s­tücken als besonders lästig empfunden und seien deshalb den Klägern billigerweise nicht mehr zuzumuten. Dies gelte unabhängig davon, dass es für Woche­n­end­h­aus­gebiete wegen derer städtebaulichen Sonderstellung weder in der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie 1995 noch in der TA Lärm 1998 oder etwa der Sportanlagen-Lärmschutz­ver­ordnung einen Immis­si­ons­richtwert gebe. Hinzu komme, dass es der Beigeladenen angesonnen werden dürfe, eine Anlage für Inline-Skating zu entwerfen und zur Genehmigung zu stellen, welche dem Stand der Technik zur Lärmminderung auch zum Schutz ihres Woche­n­end­h­aus­ge­bietes genüge.

Ihm könne Rechnung getragen werden (erstens) durch eine mit der Gelän­de­mo­del­lierung verbundene Aufschüttung (Wall) auf dem Ausbreitungsweg in Richtung auf die Woche­n­end­grund­stücke der Kläger, (zweitens) durch die Situierung der sogen. rails am Fuße der erwähnten Aufschüttung und (drittens) durch Maßnahmen an der Schallquelle selbst, namentlich durch Lärm mindernde Beschichtungen, durch gummierende Beläge und durch hoch abrissfeste Eloxid-Harz-Beschichtungen. Derartige Maßnahmen erschienen nicht unver­hält­nismäßig.

Quelle: ra-online

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