Dokument-Nr. 8569
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil15.09.2009
Nur 1 Meter Platz: Einzelhändler darf Waren (Gartenbedarf) aus Gründen der Stadtgestaltung nur eingeschränkt vor Geschäft aufstellenEinzelhändler klagt erfolglos gegen die Sondernutzungsrichtlinie Innenstadt der Stadt Stuttgart
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage eines Stuttgarter Einzelhändlers gegen den Widerruf der ihm im Jahre 1997 erteilten Erlaubnis, unmittelbar vor seinem Geschäft auf einer Fläche von 6, m x 2,50 m Gartenbedarf aufzustellen, abgewiesen.
Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart hatte im April 2007 neue Richtlinien zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auf den öffentlichen Verkehrsflächen in der Stuttgarter Innenstadt beschlossen. Darin wurde unter anderem bestimmt, dass Einrichtungen zur Warenpräsentation unmittelbar vor dem Grundstück zugelassen sind, wenn sie nicht höher als 1,50 m sind und je nach örtlichen Verhältnissen nicht tiefer als 1,00 m in den öffentlichen Verkehrsraum ragen; in besonders begründeten Einzelfällen kann hiervon eine Ausnahme gemacht werden. Unter Berufung auf diese Richtlinien widerrief die Stadt die dem Kläger erteilte - weitergehende - Erlaubnis und erteilte ihm ab Januar 2009 eine neue Genehmigung entsprechend den geltenden Sondernutzungsrichtlinien, mithin für eine Warenauslage bis zu 1 m Tiefe. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart im März 2009 Klage.
Einzelhändler beruft sich auf eine Ungleichbehandlung
Er machte geltend, dass für Gastronomiebetriebe die Tiefenbegrenzung von 1 m nicht gelte, weshalb eine Ungleichbehandlung vorliege; dies gelte ebenso, soweit einem anderen Einzelhändler erlaubt worden sei, seine Waren tiefer in den Straßenraum hinein aufzustellen. Im Übrigen achte er auf eine ästhetische Präsentation seiner Waren, so dass eine Ausnahme möglich sei.
Richter: Sondernutzungsrichtlinie ist rechtmäßig
Das Gericht entschied nun, dass die von der Stadt getroffene Entscheidung rechtlich nicht beanstandet werden könne. Es führte im Wesentlichen aus: Ziel der Sondernutzungsrichtlinie sei es, das Stadtbild der Innenstadt soweit wie nötig wieder zu ordnen, ausufernden Sondernutzungen entgegenzuwirken und für Fußgänger mehr Raum zur Verfügung zu stellen. Der Charakter der Fußgängerbereiche solle dadurch betont und durch einheitliche Regeln das bestehende Stadtbild als Ausdruck und Zeichen einer gewachsenen urbanen Kultur erhalten bleiben. In diesen Regelungen komme ein konkretes Gestaltungskonzept für den Bereich der Innenstadt zum Ausdruck, das mit einer Begrenzung der Warenpräsentation auf eine Tiefe von 1 m in die öffentliche Verkehrsfläche hinein zum einen Belange der Stadtgestaltung und zum anderen auch die Belange der Gewerbetreibenden an einer Präsentation "nach außen" berücksichtige.
Tiefenbegrenzung von 1 m ist rechtmäßig
Im Zusammenhang mit der gleichzeitig erlassenen Gestaltungsrichtlinie, mit der u. a. einem "Zuviel an Installationen" bzw. einer "Übermöblierung" entgegengewirkt und das bestehende Stadtbild stärker herausgestellt werden solle, werde eine konzeptionelle Vorstellung sichtbar, die vom Gemeinderat in Form einer Richtlinie für die Sondernutzung umgesetzt worden sei. Es begegne keinen rechtlichen Bedenken, dass in dieser Richtlinie zwar für Warenpräsentationen eine Tiefenbegrenzung von 1 m vorgenommen werde, nicht aber für die Außenbewirtschaftung (Gastronomie). Bei der jahreszeitlich und teilweise auch tageszeitlich beschränkten Außengastronomie einerseits und der Warenpräsentation von Geschäften andererseits handele es sich um unterschiedliche Sachverhalte, die demzufolge auch unterschiedlich geregelt werden dürften.
Ausnahme für Geschäft in denkmalgeschütztem Haus
Eine Ungleichbehandlung mit einem anderem Einzelhändler, dem ausnahmsweise eine Sondernutzungserlaubnis für die Warenpräsentation in einer Tiefe bis zu 2 m in den öffentlichen Verkehrsraum hinein erteilt worden sei, liege nicht vor, da insoweit ein besonders gelagerter Ausnahmefall gegeben sei. Die Besonderheit liegt darin, dass sich dieser Laden mit einer Verkaufsfläche von mehreren hundert Quadratmetern in einem nach § 12 DSchG geschützten Denkmal befinde und auf Grund der Denkmaleigenschaft Veränderungen an der Fassade, wie z. B. Schaufenster oder Anbringen von Werbeanlagen, unzulässig seien; dieses Geschäft sei somit darauf angewiesen, durch entsprechende Warenpräsentation vor dem Geschäft auf sich aufmerksam zu machen. Demgegenüber bestünden vergleichbare Einschränkungen in Bezug auf Werbung und Außenpräsentation für das Ladengeschäft des Klägers nicht. Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.10.2009
Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Stuttgart
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