18.10.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss04.05.2006

Nachbar scheitert mit Eilantrag gegen den Bau eines bordellartigen FKK-Sauna-ClubsNachbar nicht in eigenen Rechten verletzt

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat den Eilantrag eines Nachbarn gegen die Baugenehmigung für einen bordellartig betriebenen „FKK-Sauna-Club“ in Leinfelden-Echterdingen/Ortsteil Stetten - nahe der neuen Landesmesse und des Flughafens - abgelehnt.

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen erteilte der in dem Eilverfahren beigeladenen GmbH am 15.03.2006 die sofort vollziehbare Baugenehmigung zur Nutzung­s­än­derung von Büro- und Lagerflächen eines bestehenden Verwal­tungs­ge­bäudes in einen bordellartig betriebenen „FKK-Sauna-Club“.

Nach den Bauvorlagen soll der Club u. a. mit Bar, Fernsehraum, verschiedenen Wellness-, Pool- bzw. Saunabereichen einschließlich 28 so genannter Ruheräume sowie Tanzflächen und Tabledance ausgestattet werden. Der Club soll von 11.00 - 4.00 Uhr geöffnet sein. Die Besucher können ihr Fahrzeug in einem Parkhaus (mit 78 hierfür vorgesehenen Stellplätzen) parken und von dort diskret zum Clubgebäude gelangen. Das Baugrundstück liegt im ausgewiesenen Gewerbegebiet „Sielminger Straße“.

Der Nachbar erhob gegen die Baugenehmigung am 29.03.2006 Widerspruch. Er machte geltend: Die Ausübung der Prostitution sei gebiets­un­typisch, sittenwidrig und strafbar. Hinzu kämen Lärmbe­ein­träch­ti­gungen durch den Fahrzeugverkehr; auch werde sein Grundstück werde durch das Vorhaben erheblich im Wert gemindert. Am 29.03.2006 leitete der Nachbar beim Verwal­tungs­gericht ein Eilverfahren gegen die Stadt Leinfelden-Echterdingen ein.

Die 12. Kammer lehnte seinen Eilantrag ab, da die Baugenehmigung vom 15.03.2006 voraussichtlich rechtmäßig sei und ihn nicht in seinen Rechten verletze. Von einem mit der Gebietsart „Gewerbegebiet“ unvereinbaren Vorhaben könne nicht ausgegangen werden. In einem Gewerbegebiet könnten auch „Vergnü­gungs­stätten“ zugelassen werden. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen handele es sich um eine solche Vergnü­gungs­stätte. Der Zutritt zu dem geplanten „FKK-Sauna-Club“ sei nach der Betrie­bs­be­schreibung personell nicht begrenzt. Der Club selbst ziele nach seinen baulichen Gegebenheiten (u.a. Bar, Fernsehraum, verschiedenen Wellness-, Pool- bzw. Saunabereichen sowie Tanzflächen und Tabledance) nicht allein auf die Befriedigung des Sexualtriebs, sondern ermögliche auch Geselligkeit und Freizeit­un­ter­haltung. Auch lasse der geplante Club kaum eine höhere Beein­träch­tigung des Nachbarn erwarten als die im Gewerbegebiet wohl ohne weiteres zulässige Nutzung des Gebäudes als reines Bordell. Weiter zähle das Gewerbegebiet „Sielminger Straße“ zu einer der so genannten Toleranzzonen der Sperr­be­zirks­ver­ordnung des Regie­rungs­prä­sidiums Stuttgart für Leinfelden-Echterdingen vom September 2005. Prostitution gelte zudem seit Inkrafttreten des Prosti­tu­ti­o­ns­ge­setzes (Januar 2002) generell nicht mehr als sittenwidrig und verwerflich. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in dem Vorhaben der beigeladenen GmbH Straftaten nach dem neu gefassten § 180 a Abs. 1 StGB - „Ausbeutung von Prostituierten“ - begangen werden könnten.

Im Gewerbegebiet „Sielminger Straße“ befänden sich bislang keinerlei sonstige Vergnü­gungs­stätten oder Bordelle, sodass eine faktische Änderung der Gebietsart durch Zulassung des Vorhabens der beigeladenen GmbH etwa zu einem „Sondergebiet für Erotikbetriebe“ nicht zu erwarten sei.

Der von dem Vorhaben ausgelöste Fahrzeugverkehr falle in einem Gewerbegebiet nicht aus dem Rahmen, auch wenn er sich bis in die Nachtstunden hinein erstrecken dürfte. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sich das Besucher­auf­kommen über die gesamte Öffnungszeit verteile und schwer­punktmäßig in den Abend- und Nachtstunden anfallen dürfte, wenn in den sonstigen Betrieben des Gebietes kaum mehr Fahrzeug­be­we­gungen stattfänden. Im Übrigen dürfte der Besucherkreis aufgrund der nahe gelegenen neuen Landesmesse sowie des Flughafens verstärkt auch auf die Nutzung von Taxiunternehmen zurückgreifen.

Weiter sei zumindest fraglich, ob das Grundstück des Nachbarn durch das Vorhaben erheblich im Wert gemindert werde. Denn nach der Betrie­bs­be­schreibung solle das Vorhaben selbst über die bauliche Außen­dar­stellung als Club-Sauna keine direkt auf den Betriebszweck hindeutende auffällige Außenwirkung entfalten. Im Übrigen gebe es keinen allgemeinen Grundsatz des Inhaltes, dass der Einzelne einen Anspruch darauf habe, vor jeglicher Wertminderung seines Grundstückes als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bewahrt zu werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 15.05.2006

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