15.11.2024
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Dokument-Nr. 2315

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Urteil21.03.2006Verwaltungsgericht Stuttgart11 K 4971/04
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil21.03.2006

Metzger erhält Abwas­ser­ge­büh­ren­rabatt für Verarbeitung von Wasser in seinem Betrieb

Ein Metzger hat Anspruch auf Reduzierung der für seinen Betrieb veranlagten Abwas­ser­ge­bühren für Wassermengen, die er nachweislich nicht in die öffentliche Abwasseranlage einleitet, sondern im Betrieb und in der Produktion verarbeitet.

Das hat das Verwal­tungs­gericht entschieden und der Klage eines Metzgers, mit der dieser bei der Berechnung der Abwassergebühr für die Jahre 2001 und 2002 die Reduzierung von jeweils 20 % der für den Metzgerbetrieb bezogenen Frisch­was­sermenge begehrte, zum Teil, nämlich von jeweils ca. 7 %, stattgegeben. Das bedeutet für den Metzger eine Ersparnis von insgesamt 252,76 € in den Jahren 2001 und 2002 an Abwassergebühren.

Der Kläger betreibt eine Metzgerei im Rems-Murr-Kreis. Das Betrie­bs­grundstück ist an die Wasserversorgung und Abwas­se­r­ent­sorgung seiner Gemeinde angeschlossen. Auf der Grundlage ihrer Satzung über die öffentliche Abwas­ser­be­sei­tigung - AbwS - vom 10.11.1999 i.d.F. v. 07.12.2000, die als Gebührenmaßstab die anfallende Abwassermenge vorsieht, wobei sich diese wiederum nach der dem Grundstück zugeführten Frisch­was­sermenge richtet, veranlagte die Gemeinde den Kläger für die Jahre 2001 und 2002 bei einer dem Grundstück zugeführten Frisch­was­sermenge von 933 m³ bzw. 935 m³ zur Abwassergebühr. Der Kläger beantragte bei der Gemeinde, bei der Bemessung der Abwassergebühr von der Abwassermenge, die auf seinen Metzge­rei­betrieb entfällt, eine Wassermenge in Höhe von jedenfalls 20 % gemäß § 40 Abs. 1 AbwS abzusetzen, da diese Wassermenge nachweislich nicht in die öffentliche Abwasseranlage eingeleitet werde. Zur Begründung führte er aus, in einer Metzgerei werde das insgesamt bezogene Frischwasser nur zu einem Teil an das Abwassersystem abgegeben, da eine beträchtliche Wassermenge entweder als „Prozesswasser“ oder als „atmosphärisches Wasser“ abgehe. Dies gelte insbesondere für die Wurstbereitung. Ein beträchtlicher Teil des bezogenen Frischwassers gehe auch in Form von Scherben-Eis oder in die Fertigung von Sülzen, Saucen, Suppen usw. ein. Auch für andere handwerkliche und landwirt­schaftliche Betriebe sehe die Abwassersatzung Abset­zungs­mengen vor. Eine pauschale Abzugsmenge von 25 % vom Frisch­was­serbezug zur Messung der Abwassermenge sei für Metzgereien hinreichend belegt und anerkannt. Der Kläger legte hierzu verschiedene Stellungnahmen, Gutachten bzw. gutachterliche Stellungnahmen über die Höhe betriebs- bzw. produk­ti­o­ns­be­dingter Wasserverluste bei Metzge­rei­be­trieben vor. Die Gemeinde lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, der von § 40 Abs. 1 AbwS geforderte Nachweis der nicht eingeleiteten Abwassermenge sei nicht erbracht. Nachdem auch sein hiergegen erhobener Widerspruch erfolglos blieb, erhob der Kläger am 22.05.2003 Klage zum Verwal­tungs­gericht. Das Verfahren ruhte wegen außer­ge­richt­licher Vergleichs­ver­hand­lungen vom 08.06.2004 bis 16.12.2004.

Die 11. Kammer führte aus:

Das Gericht dürfe zwar die entsprechenden Wassermengen, die nicht in die öffentlichen Wasseranlagen eingeleitet wurden, nicht schätzen. Denn § 40 Abs. 1 AbwS bestimme, dass nur die Wassermengen bei der Bemessung der Abwassergebühr abzusetzen seien, die nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet worden seien. An die Erfüllung eines solchen Nachweises dürften aber keine überzogenen Anforderungen angelegt werden. Lege eine Gemeinde wie hier - zulässigerweise - bei der Erhebung einer Benut­zungs­gebühr einen „Wahrschein­lich­keits­maßstab“ zugrunde, so dürfe sie bei der Ausgestaltung von Ermäßi­gung­s­tat­be­ständen nicht die Erfüllung eines „Wirklich­keits­maß­stabes“ verlangen. Bestimme eine satzungs­rechtliche Regelung zur Inanspruchnahme einer Abgaben­ver­güns­tigung einen „Nachweis“, so sei dieser demnach erbracht, wenn der Abgaben­schuldner konkrete Umstände dartun könne, die aller Wahrschein­lichkeit nach und nach menschlichem Ermessen dazu führten, dass der Ermäßi­gung­s­tat­bestand einer solchen Vergüns­ti­gungs­re­gelung erfüllt sei. Ein physikalisch-technischer Beweis oder ein Beweis im prozessualen Sinne sei dagegen nicht zu verlangen. Ein so verstandener „Nachweis“ im Sinne von § 40 Abs. 1 AbwS könne mit einzel­be­triebliche Messungen, einzel­fa­ll­be­zogene betriebliche Gutachten oder mit fachlich allgemein anerkannten Aussagen natur­wis­sen­schaft­licher Art geführt werden. In diesem Sinne für nachgewiesen halte das Gericht Wassermengen von 42, m³ für das Jahr 2001 und 42,8 m³ für das Jahr 2002, die entsprechend § 40 Abs. 1 AbwS nicht in die öffentliche Abwasseranlage eingeleitet worden seien. Abzusetzen sei eine Teilmenge an Frischwasser, die 12,5 % der vom Kläger je Kalenderjahr bezogenen Frisch­fleischmenge entspreche, da diese unmittelbar in die produzierte und verkaufte Wurst Eingang gefunden habe. Nachgewiesen sei darüber hinaus eine Wassermenge von 25 m³/jährlich, die dem jährlichen Verbrauch des vom Kläger für die Wurstproduktion verwendeten Wasser­dampf­koch­schrankes entspreche. Weiter sei eine Wassermenge i. H. v. 11,2 m³ pro Jahr als nachgewiesen abzusetzen, die im Rahmen der Nassreinigung der Produk­ti­o­ns­flächen über die Klimaanlage durch Verdunstung abgegeben werde und nicht Eingang in die öffentliche Abwasseranlage finde. Soweit der Kläger weitere Abset­zungs­mengen begehre, fehle es aber an dem erforderlichen Nachweis. Insbesondere könne sich der Kläger auch nicht darauf berufen, Abset­zungs­mengen etwa von 15, 20 oder 25 % des Frisch­was­ser­ver­brauchs seien allgemein für Metzge­rei­be­triebe belegt und vielerorts üblich und würden von zahlreichen Kommunen innerhalb und außerhalb des Landes teilweise sogar in satzungsmäßiger Form als pauschale Abset­zungs­mengen gewährt. Es bestehe kein Anspruch auf Gleich­be­handlung in dem Sinne, dass die beklagte Gemeinde den Kläger so behandeln müsse, wie andernorts gelegene Kommunen ihre Metzge­rei­be­triebe behandeln.

Die nachgewiesenen Abset­zungs­mengen von 42, m³ bzw. 42,8 m³ seien aber auch nicht mehr gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 AbwS um 20 m³/Jahr zu reduzieren. Nach dieser Bestimmung sei von der Absetzung ausgenommen eine Wassermenge von 20 m³/Jahr. § 40 Abs. 1 Satz 2 AbwS sei die Festsetzung einer (Bagatell)Grenze, deren Überschreitung Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Abset­zungs­an­trages sei. Angesichts des Aufwandes, den ein Abset­zungs­ver­fahren unter Umständen erfordere, solle derjenige, bei dem nur eine geringere Absetzungsmenge in Betracht komme, von der Stellung eines solchen Antrages kraft Satzung abgehalten werden. Stehe aber - wie vorliegend - fest, dass diese Bagatellgrenze überschritten sei, mit anderen Worten, sei ein Abset­zungs­antrag zulässig und ein Abset­zungs­ver­fahren unvermeidlich, so gebe es unter dem Gesichtspunkt der Verwal­tungs­ver­ein­fachung und -praktikabilität keinen Grund mehr, rein rechnerisch am Ende des Abset­zungs­ver­fahrens die abzusetzende Wassermenge noch einmal um 20 m³ zu kürzen.

Siehe nachfolgend:

VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.10.2006: Metzge­rei­betrieb unterliegt im Abwas­ser­ge­büh­ren­streit

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 27.04.2006

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