15.11.2024
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Verwaltungsgericht Potsdam Urteil31.07.2007

Bundeswehr darf Bombodrom nicht als Schießplatz nutzenVerwal­tungs­gericht Potsdam gibt drei Klagen gegen den geplanten Truppen­übungsplatz Wittstock statt

Das Verwal­tungs­gericht Potsdam hat drei Klagen gegen die vom Bundes­mi­nis­terium der Verteidigung beabsichtigte weitere militärische Nutzung des ehemaligen Truppen­übungs­platzes Wittstock stattgegeben.

Kläger der Verfahren sind die im Land Mecklenburg-Vorpommern gelegene Gemeinde Lärz, die Betreiber eines Hotels in der Gemeinde Lärz sowie eine in der Gemeinde Gühlen-Glienicke ansässige GmbH, die eine große Putenzucht mit mehreren hunderttausend Zuchtputen betreibt. Alle Kläger sind insbesondere der Meinung, dass die vom Bundes­mi­nis­terium der Verteidigung geplante Nutzung des ehemaligen Truppen­übungs­platzes als Luft-Boden-Schießplatz zu unzumutbaren Beein­träch­ti­gungen durch Fluglärm führt. Beklagte ist in allen drei Verfahren die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundes­mi­nis­terium der Verteidigung.

In der fast achtstündigen, von großem öffentlichen Interesse begleiteten mündlichen Verhandlung hat die Kammer zahlreiche rechtliche und tatsächliche Fragen mit den Beteiligten erörtert. Insbesondere wurde eingehend darüber gesprochen, ob die von den Beteiligten vorgelegten Lärmgutachten auf realistischen Annahmen zum tatsächlichen Flugbetrieb beruhen. Einen Beweisantrag des Bundes­mi­nis­teriums der Verteidigung, der auf Einholung eines weiteren Sachver­stän­di­gen­gut­achtens gerichtet war, hat die Kammer im Verlauf der mündlichen Verhandlung durch Beschluss abgelehnt.

Unzumutbare Lärmbelastung

Die drei klage­statt­ge­benden Urteile der Kammer beruhen im Wesentlichen auf der Erwägung, dass das Bundes­mi­nis­terium der Verteidigung bei seiner im Juli 2003 getroffenen Entscheidung über die weitere militärische Nutzung des ehemaligen Truppen­übungs­platzes die Belange der Kläger nicht ausreichend in seine Abwägung eingestellt hat. Die Lärmschutz­belange der Kläger seien bei der ursprünglichen Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl der zu erwartende Lärm die Schwelle der Abwägungs­er­heb­lichkeit überschreite. Dieser Mangel sei auch nicht durch zwei nachträgliche Ergänzungen der Abwägung im Dezember 2005 und im Juni 2007 geheilt worden, weil diese Ergänzungen schon formell nicht wirksamer Bestandteil der Entscheidung über die weitere Nutzung des Truppen­übungs­platzes geworden seien. Darüber hinaus erfüllten die Ergänzungen auch nicht die inhaltlichen Anforderungen an eine rechtmäßige Planungs­ent­scheidung. Weder seien alle Arten der realis­ti­scherweise zu erwartenden Flugbewegungen und -geschwin­dig­keiten erfasst noch habe das Bundes­mi­nis­terium der Verteidigung die jeweilige Vorbelastung der Kläger durch früheren Übungsbetrieb konkret ermittelt. Auch eine Aufrecht­er­haltung der Planung im Wege der Planergänzung sei nicht möglich, ohne die Gesamtplanung in Frage zu stellen.

Die unterlegene Bundesrepublik Deutschland kann in allen drei Verfahren die Zulassung der Berufung beantragen. Über den Zulas­sungs­antrag und eine sich etwa anschließende Berufung entscheidet das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg. Die Aufnahme des militärischen Übungsbetriebes ist zur Zeit ohnehin durch drei einstweilige Anordnungen der Kammer untersagt, die von den Klägern schon früher erwirkt worden waren.

Beim Verwal­tungs­gericht Potsdam sind neben der hier entschiedenen Klagen noch 17 weitere Klagen gegen die weitere militärische Nutzung des ehemaligen Truppen­übungs­platzes Wittstock anhängig. In den 17 weiteren Verfahren ist vorerst nicht mit Entscheidungen zu rechnen, weil die heute verhandelten und entschiedenen Verfahren als Musterverfahren anzusehen sind, deren rechtskräftiger Abschluss zunächst abgewartet werden soll.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Potsdam vom 31.07.2007

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