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Verwaltungsgericht Osnabrück Urteil04.06.2018
Flüchtlingsbürgschaft: Inanspruchnahme aus Verpflichtungserklärungen nach dem Aufenthaltsgesetz rechtswidrigAusländerbehörde hätte auf unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Auslegung und Reichweite der Verpflichtungserklärung hinweisen müssen
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat zwei Rückforderungsbescheide des Landkreises Osnabrück aus November 2016 und Januar 2017 aufgehoben, mit denen ein seit vielen Jahren in Deutschland lebender Syrer auf Rückzahlung der an seine Mutter und die Familie seines Bruders geleisteten Sozialleistungen in Anspruch genommen wurde.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Um seine Familienangehörigen vor dem syrischen Bürgerkrieg zu retten, hatte der Kläger bereits im September 2014 so genannte Verpflichtungserklärungen nach § 68 Aufenthaltsgesetz unterschrieben, in denen er sich verpflichtete, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten. Die nach dem Formulartext "bis zur Beendigung des Aufenthalts (...) oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck" geltende Verpflichtung sollte laut Ergänzung seitens der Ausländerbehörde im Fall des Klägers "bis zur endgültigen Ausreise" gelten. Nachdem seinen Familienangehörigen nach ihrer Einreise zwischenzeitlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und ihnen Aufenthaltserlaubnisse erteilten worden waren, forderte der Beklagte die an die Familie nachfolgend geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt rund 39.000 Euro vom Kläger zurück.
VG: Inanspruchnahme des Klägers war rechtswidrig
Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht Osnabrück erklärte die Inanspruchnahme des Klägers für rechtswidrig, weil der Beklagte "die Notwendigkeit einer aufgrund der Umstände des Einzelfalles gebotenen Ermessensentscheidung nicht gesehen und sein Ermessen nicht ausgeübt hat." Hintergrund sei vorliegend die in der Vergangenheit in Niedersachsen divergierende Erlasslage. Während das Niedersächsische Innenministerium selbst im Jahr 2014 davon ausgegangen sei, die Verpflichtungserklärungen beträfen nur den Zeitraum von der Einreise bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, habe das Niedersächsische Sozialministerium eine abweichende Auffassung vertreten. Die Ausländerbehörde hätte den Kläger deshalb auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur Auslegung und Reichweite der Verpflichtungserklärung hinweisen müssen. Zudem hätte es der dem Kläger zur Unterschrift vorgelegten Erklärung keinen über die Anforderungen des Niedersächsischen Innenministeriums hinausgehenden Erklärungsinhalt zur Dauer der Verpflichtungserklärung geben dürfen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.08.2018
Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück/ra-online
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