13.12.2024
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Verwaltungsgericht Osnabrück Beschluss04.09.2024

BVerfG muss unter Berück­sich­tigung der veröf­fent­lichten RKI-Protokolle zu COVID-19 die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der einrich­tungs­be­zogenen Impfpflicht neu entscheidenVerletzte die einrich­tungs­be­zogene Impfpflicht Grundrechte?

Das Verwal­tungs­gericht Osnabrück hat das Klageverfahren einer Pflegehelferin gegen ein vom Landkreis Osnabrück 2022 mangels Vorlage eines Impf- oder Genese­nen­nach­weises ausgesprochenes Betretungs- und Tätig­keits­verbot ausgesetzt. Die Kammer wird das Verfahren nunmehr dem Bundes­verfassungs­gericht vorlegen und ihm die Frage stellen, ob § 20 a Infektions­schutz­gesetz (IfSG, in der Fassung vom 18. März 2022) mit Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar gewesen ist.

Die Pflegehelferin hatte 2022 in einem Krankenhaus gearbeitet. Der Landkreis hatte sie aufgefordert, einen Immuni­täts­nachweis vorzulegen, also entweder einen Impfnachweis, einen Genese­nen­nachweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie nicht gegen das Coronavirus geimpft werden könne. Als die Pflegehelferin nicht reagierte, hatte der Landkreis es ihr Anfang November 2022 untersagt, weiter als Pflegehilfe tätig zu sein (befristet bis Ende Dezember 2022).

Neubewertung anhand von Erkenntnissen aus den RKI-Protokollen?

Die Kammer geht davon aus, dass eine verfas­sungs­konforme Auslegung der Norm nicht möglich sei. So verletze die Norm das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit sowie die Berufsfreiheit. Zwar habe das BVerfG bereits mit Beschluss vom 27. April 2022 (1 BvR 2649/21) die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der streit­ge­gen­ständ­lichen Norm festgestellt. Aufgrund der nunmehr vorliegenden Protokolle des COVID-19-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI) sowie der in diesem Zusammenhang durchgeführten Zeugen­ver­nehmung von Prof. Dr. Schaade, Präsident des RKI, sei die Unabhängigkeit der behördlichen Entschei­dungs­findung in Frage zu stellen.

Das RKI habe das Bundes­mi­nis­terium für Gesundheit auch von sich aus über neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung informieren müssen. Nach der Geset­zes­be­gründung sei der Schutz vulnerabler Personen vor einer Ansteckung durch ungeimpftes Personal ein tragendes Motiv für die Einführung der einrichtungs- und unter­neh­mens­be­zogenen Impfpflicht gewesen. Diese auf den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts beruhende Einschätzung werde durch die nun veröf­fent­lichten Protokolle des Instituts erschüttert. Der Gesetzgeber sei seiner Normbe­ob­ach­tungs­pflicht nicht gerecht geworden. Da § 20 a IfSG im Laufe des Jahres 2022 in die Verfassungswidrigkeit hineingewachsen sei, sei eine - erneute - Vorlage an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht erforderlich. Dem VG komme selbst keine Normver­wer­fungs­kom­petenz zu. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück, ra-online (pm/ab)

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