21.11.2024
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Dokument-Nr. 31785

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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.04.2022

Einrichtungs- und unternehmens­bezogene Nachweispflicht einer Impfung gegen COVID-19 ist verfas­sungsgemäßBVerfG weist Verfassungs­beschwerden gegen Einrichtungs- und unternehmens­bezogene Impfnach­weis­pflicht zurück

Das Bundes­verfassungs­gericht hat eine Verfassungs­beschwerde zurückgewiesen, die sich gegen § 20a, § 22 a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektions­krankheiten beim Menschen (Infektions­schutz­gesetz – IfSG) richtet. Darin ist die auf bestimmte Einrichtungen und Unternehmen des Gesund­heits­wesens und der Pflege bezogene Pflicht geregelt, eine COVID-19-Schutzimpfung, eine Genesung von der COVID-19-Krankheit oder eine medizinische Kontra­in­di­kation für eine Impfung nachzuweisen (sogenannte „einrichtungs- und unternehmens­bezogene Nachweispflicht“).

Nach § 20 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 IfSG müssen Personen, die in bestimmten Einrichtungen oder Unternehmen des Gesund­heits­wesens und der Pflege tätig sind, seit Ablauf des 15. März 2022 der jeweiligen Einrichtungs- oder Unter­neh­mens­leitung einen Nachweis darüber vorlegen, vollständig gegen COVID-19 geimpft oder davon genesen zu sein. Ausgenommen sind nur Personen mit einer medizinischen Kontra­in­di­kation. Wird kein ordnungsgemäßer Nachweis vorgelegt, hat die Einrichtungs- oder Unter­neh­mens­leitung unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Dieses kann dann gegenüber den betroffenen Personen nach § 20 a Abs. 5 Satz 3 IfSG ein Betretungs- oder Tätig­keits­verbot verfügen. Personen, die erst ab dem 16. März 2022 in den in § 20 a IfSG genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden sollen, haben vor Beginn ihrer Tätigkeit einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Andernfalls dürfen sie dort weder beschäftigt noch tätig werden. Verschiedene Einzel­re­ge­lungen des § 20 a IfSG sind bußgeldbewehrt (vergleiche § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h IfSG). § 20 a IfSG und die zugehörigen Bußgeld­re­ge­lungen treten zum 1. Januar 2023 außer Kraft.

Impf- und Genese­nen­nachweis auch im IFSG definiert

Für die Definition einer geimpften oder genesenen Person und des vorzulegenden Impf- oder Genese­nen­nach­weises verwiesen § 20 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 IfSG in der Fassung vom 10. Dezember 2021 zunächst auf § 2 Nr. 2 bis 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnah­men­ver­ordnung (SchAusnahmV) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Diese nahm zur Konkretisierung der Anforderungen ihrerseits auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts Bezug. Während des Verfas­sungs­be­schwer­de­ver­fahrens änderte der Gesetzgeber § 20 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 IfSG mit Wirkung zum 19. März 2022 ab. Zur Definition des Impf- und Genese­nen­nach­weises wird nunmehr auf den zeitgleich neu eingefügten § 22 a Abs. 1 und 2 IfSG verwiesen. Diese Vorschrift bestimmt insbesondere die für das Vorliegen eines vollständigen Impfschutzes zu verwendenden Impfstoffe und die hierfür erforderliche Anzahl der Einzelimpfungen sowie die Dauer des Genesenenstatus.

Verfas­sungs­be­schwerden von Beschäftigten, Einrichtungen und Patienten

Die Beschwer­de­füh­renden sind überwiegend im Gesundheits- und Pflegebereich tätig. Mehrere Beschwer­de­führende wenden sich (auch) in ihrer Eigenschaft als Einrichtung oder Unternehmen des Gesund­heits­wesens oder der Pflege gegen die hier angegriffenen Vorschriften. Weitere Beschwer­de­führende rügen, ihre Behandlung bei nicht geimpften Ärzten, Zahnärzten oder sonstigen medizinischen Dienstleistern nicht fortsetzen zu können. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwer­de­füh­renden unmittelbar gegen § 20a, § 22 a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h IfSG und rügen die Verletzung diverser Grund- und grund­rechts­gleicher Rechte. Die Verfas­sungs­be­schwerde ist teilweise unzulässig. Mehrere Beschwer­de­führende haben schon nicht hinreichend dargelegt, durch die angegriffenen Vorschriften möglicherweise in eigenen Grundrechten verletzt zu sein. Soweit sich die Beschwer­de­füh­renden gegen die Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 20 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 IfSG in der Fassung vom 10. Dezember 2021 wenden, besteht ein Rechts­schut­z­in­teresse nicht fort. Die Regelung entfaltet gegenüber den Beschwer­de­füh­renden insbesondere keine rechtlichen Wirkungen mehr.

Zielgerichteter mittelbarer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit hier vorliegend

Soweit die Verfas­sungs­be­schwerde zulässig erhoben worden ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Die in § 20 a IfSG geregelte Nachweispflicht greift zwar in die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte körperliche Unversehrtheit ein. Der Eingriff ist jedoch verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt. Der Gewähr­leis­tungs­gehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wird durch die einrichtungs- und unter­neh­mens­be­zogene Pflicht, insbesondere eine Impfung nachzuweisen, verkürzt. Als Abwehrrecht schützt Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG den Einzelnen grundsätzlich auch vor staatlichen Maßnahmen, die lediglich mittelbar zu einer Beein­träch­tigung der körperlichen Unversehrtheit und des diesbezüglichen Selbst­be­stim­mungs­rechts führen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Gesetz eine nachteilige Folge an die Wahrnehmung einer grundrechtlich geschützten Freiheit knüpft, um dieser Grund­rechts­wahr­nehmung entge­gen­zu­wirken. Danach liegt hier ein zielgerichteter mittelbarer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vor. Zwar setzt die COVID-19-Impfung eine vorherige, nach ärztlicher Aufklärung erteilte Einwilligung voraus. Eine Entscheidung gegen die Impfung ist jedoch mit nachteiligen Konsequenzen verbunden, weshalb die an sich selbstbestimmt zu treffende Impfent­scheidung von äußeren, faktischen und rechtlichen Zwängen bestimmt wird. Wer ungeimpft bleiben will, muss bei Fortsetzung der Tätigkeit mit einer bußgeld­be­wehrten Nachwei­san­for­derung und einem bußgeld­be­wehrten Betretungs- oder Tätig­keits­verbot in den in § 20 a IfSG genannten Einrichtungen und Unternehmen rechnen. Alternativ bleibt nur die Aufgabe des ausgeübten Berufs, ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder jedenfalls der bislang ausgeübten Tätigkeit.

Schutz vulnerable Menschen vor einer Infektion als legitimer Gesetzeszweck

Der Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolgt den legitimen Zweck, vulnerable Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen. Während für die meisten Menschen eine COVID-19-Erkrankung mild verläuft, besteht für bestimmte Personen aufgrund ihres Gesund­heits­zu­standes und/oder ihres Alters nicht nur ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder sogar tödlichen Krank­heits­verlauf. Gerade bei älteren und immun­sup­pri­mierten Personen besteht auch ein erhöhtes Risiko für eine Infektion, da sie auf eine Impfung weniger gut ansprechen. Die Annahme des Gesetzgebers, es bestehe insoweit eine erhebliche Gefahrenlage für gewichtige Schutzgüter, die gesetz­ge­be­risches Handeln erforderlich mache, beruht auf hinreichend tragfähigen tatsächlichen Erkenntnissen. Der Gesetzgeber konnte zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes von einer sich verschärfenden pandemischen Lage und einer damit einhergehenden besonderen Gefährdung älterer und vorerkrankter Menschen ausgehen. Die Annahme insbesondere einer besonderen Gefährdung dieser vulnerablen Menschen trägt nach wie vor. Die Pflicht zum Nachweis einer COVID-19-Impfung ist im verfas­sungs­recht­lichen Sinne auch geeignet.

Pflicht zum Nachweis zum Schutz vulnerabler Menschen geeignet

Der Gesetzgeber konnte davon ausgehen, dass die Pflicht zum Nachweis einer Impfung oder Genesung aller Personen, die in bestimmten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, zum Schutz des Lebens und der Gesundheit vulnerabler Menschen beitragen kann. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes ging eine deutliche fachwis­sen­schaftliche Mehrheit davon aus, dass sich geimpfte und genesene Personen seltener mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren und daher das Virus seltener übertragen können. Angenommen wurde auch, dass Geimpfte bei einer Infektion weniger und kürzer als nicht Geimpfte infektiös sind. Die Vertretbarkeit dieser gesetz­ge­be­rischen Eignungs­prognose wird durch die weitere Entwicklung des Pande­mie­ge­schehens verbunden mit der Ausbreitung der Omikronvariante des Virus ausweislich der Stellungnahmen der im hiesigen Verfahren als sachkundige Dritte angehörten Fachge­sell­schaften nicht erschüttert. Diese gehen ganz weitgehend übereinstimmend von einer weiterhin bestehenden, wenn auch gegenüber den Vorvarianten reduzierten, relevanten Impfstoff­wirk­samkeit aus.

Nachweispflicht wegen schwer vorhersehbare Dynamik erforderlich und auch verhältnismäßig

Die Nachweispflicht ist zum Schutz vulnerabler Menschen auch im verfas­sungs­recht­lichen Sinne erforderlich. Für den Gesetzgeber bestand insoweit ein weiter Beurtei­lungs­spielraum, denn die Pandemie ist durch eine gefährliche, aber schwer vorhersehbare Dynamik geprägt, die Sachlage also komplex. Ausgehend von den bei Verabschiedung des Gesetzes vorhandenen Erkenntnissen zur Übertragbarkeit des Virus und zu den Möglichkeiten, seiner Verbreitung zu begegnen, ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass keine sicher gleich wirksamen, aber die betroffenen Grundrechte weniger stark einschränkenden Mittel zur Verfügung standen. Die Pflicht zum Nachweis einer Impfung ist auf der Grundlage der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes verfügbaren Erkenntnisse auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Danach musste der Gesetzgeber berücksichtigen, dass die zur Erfüllung der Nachweispflicht erforderliche Impfung einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellt. Zwar ist insoweit unter anderem relativierend zu berücksichtigen, dass § 20 a IfSG keinen gegebenenfalls hoheitlich durchsetzbaren Impfzwang begründet, sondern den in den Einrichtungen und Unternehmen tätigen Personen letztlich die Entscheidung überlässt, den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Die Regelung stellt die Betroffenen aber de facto vor die Wahl, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Beein­träch­tigung ihrer körperlichen Integrität einzuwilligen. Insoweit ist regelmäßig auch die Berufsfreiheit der im Gesundheits- und Pflegebereich Tätigen betroffen.

Staatliche Schutz­ver­pflichtung gegenüber vulnerablen Personen verdichtete sich

Dem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen sind jedoch Verfas­sungsgüter mit überragendem Stellenwert gegen­über­zu­stellen. Es obliegt dem Gesetzgeber, sich in Erfüllung seiner ebenfalls aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutz­ver­pflichtung schützend vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu stellen. Diese den Gesetzgeber treffende Schutz­ver­pflichtung gegenüber vulnerablen Personen verdichtete sich Anfang Dezember 2021. Zu dieser Zeit war die pandemische Lage nach einer kurzzeitigen Entspannung im Rahmen der vierten Infektionswelle erneut durch eine besondere Infek­ti­o­ns­dynamik geprägt, mit der eine zunehmend größere Infek­ti­o­ns­wahr­schein­lichkeit einherging. Diese wirkte sich insbesondere zum Nachteil vulnerabler Menschen aus. Neben dem erhöhten Risiko, schwerwiegend oder sogar tödlich an COVID-19 zu erkranken, war die staatliche Schutzpflicht gegenüber vulnerablen Personen auch deshalb in besonderem Maße aktiviert, weil diese nicht oder allenfalls eingeschränkt in der Lage sind, ihr Infek­ti­o­ns­risiko durch eine Impfung selbst zu reduzieren.

Schutz vulnerabler Menschen vorrangig

Es beruht auf einer verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandenden Abwägung, dass der Gesetzgeber dem Schutz vulnerabler Menschen den Vorrang vor einer in jeder Hinsicht freien Impfent­scheidung gegeben hat. Trotz der hohen Eingriff­sin­tensität, die § 20 a IfSG bewirkt, müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich Tätigen letztlich zurücktreten. Im Rahmen der Abwägung der hier entge­gen­ste­henden Grund­rechts­po­si­tionen ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Gesetzgeber erkennbar daran orientiert hat, die Eingriff­sin­tensität für die von der Nachweispflicht Betroffenen nicht undifferenziert und unter ausschließ­licher Fokussierung auf den Schutz vulnerabler Personen zu vertiefen. Der Gesetzgeber hat die Impfent­scheidung für die Betroffenen auch nicht selbst getroffen.

Kein unzumutbares Impfrisiko

Soweit sich die Eingriffstiefe der Nachweispflicht in erster Linie durch Art, Ausmaß und Wahrschein­lichkeit von Impfrisiken beurteilt, lag § 20 a IfSG eine vertretbare, auf belastbare Tatsachen gestützte gesetz­ge­be­rische Entscheidung zur Impfsicherheit zugrunde. Aus verfas­sungs­recht­licher Sicht unzumutbare Gesund­heits­risiken, die selbst bei einer akuten Gefährdungslage zu Lasten vulnerabler Personen nicht mehr zu rechtfertigen wären, werden den betroffenen Normadressaten nicht auferlegt. Schwerwiegende Nebenwirkungen oder gravierende Folgen, die über die durch die Verabreichung des Impfstoffs induzierte Immunantwort hinausgehen, sind sehr selten. Sie werden zudem insbesondere vom Paul-Ehrlich-Institut fortlaufend beobachtet und evaluiert und von der Ständigen Impfkommission zum Anlass für eine Anpassung ihrer Impfempfehlung genommen. In die Abwägung ist maßgebend aber auch die besondere Schutz­be­dürf­tigkeit derjenigen einzustellen, deren Schutz der Gesetzgeber beabsichtigt. Vulnerable Menschen können sich vielfach weder selbst durch eine Impfung wirksam schützen noch den Kontakt zu den im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Personen vermeiden, da sie auf deren Leistungen typischerweise angewiesen sind. Der sehr geringen Wahrschein­lichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht im Ergebnis die deutlich höhere Wahrschein­lichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber.

Auch die Omikronvariante rechtfertigt keine abweichende Beurteilung

Die weitere Entwicklung des Pande­mie­ge­schehens nach Verabschiedung des Gesetzes begründet keine abweichende Beurteilung. Es gab keine neuen Entwicklungen oder besseren Erkenntnisse, die geeignet wären, die ursprünglichen Annahmen des Gesetzgebers durchgreifend zu erschüttern. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass eine Impfung jedenfalls einen relevanten – wenn auch mit der Zeit abnehmenden – Schutz vor einer Infektion auch mit der aktuell vorherrschenden Omikronvariante des Virus bietet. Auch die pandemische Gefährdungslage hat sich nicht in einem Ausmaß entspannt, dass damit eine deutlich verringerte Schutz­be­dürf­tigkeit vulnerabler Personen und eine entsprechend zu ihren Ungunsten ausfallende verfas­sungs­rechtliche Güterabwägung einherginge. Es besteht unter den im hiesigen Verfahren angehörten Fachge­sell­schaften weitgehend Konsens, dass sich unbeschadet eines im Durchschnitt milderen Krank­heits­verlaufs unter der Dominanz der Omikronvariante die Zusammensetzung der Risikogruppen und ihre grundsätzlich höhere Gefährdung nicht verändert habe.

Eingriff in Berufsfreiheit für Nachweispflicht als berufliche Tätig­keits­vor­aus­setzung gerechtfertigt

Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Soweit die einrichtungs- und unter­neh­mens­be­zogene Nachweispflicht als eine berufliche Tätig­keits­vor­aus­setzung ausgestaltet ist, gewährt Art. 12 Abs. 1 GG keinen weitergehenden Schutz als das höchst­per­sönliche Rechtsgüter schützende Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. § 20 a Abs. 5 Satz 3 IfSG, der zur Anordnung eines Betretungs- und Tätig­keits­verbots ermächtigt, begründet zwar einen darüber hinaus gehenden eigenständigen Eingriff in die Berufsfreiheit; dieser ist jedoch zum Schutz vulnerabler Menschen gerechtfertigt. Die Regelung in § 20 a Abs. 5 Satz 3 IfSG ist insbesondere bei einer Abwägung zwischen ihrem Zweck und der Schwere des Eingriffs angemessen. Die von ihr ausgehenden Belas­tungs­wir­kungen unterscheiden sich je nach Art der ausgeübten Tätigkeit. Die Anordnung eines Betretungs- oder Tätig­keits­verbots belastet insbesondere diejenigen Personen, die auch im Falle eines Arbeits­platz­wechsels stets vom Erfordernis einer Impfung oder Genesung betroffen wären und sich diesem folglich nur durch Ausübung einer berufsfremden Tätigkeit entziehen können, wie etwa Pflege­fach­kräfte, Ärzte, Psycho­the­ra­peuten oder medizinische Fachangestellte. Demgegenüber kann etwa Verwaltungs-, Reinigungs- und Küchenpersonal zwar an seinem gegenwärtigen Arbeitsplatz vom Erfordernis einer Impfung oder Genesung erfasst sein. Diese Personen können jedoch bei einem Arbeits­platz­wechsel ihre gewählte berufliche Tätigkeit als solche weiter ausüben, solange sie nur nicht mehr in von § 20 a IfSG erfassten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden. Der Zweck, vulnerable Personen vor einer schwerwiegenden oder sogar tödlich verlaufenden COVID-19-Erkrankung zu schützen, ist ein besonders gewichtiger Belang von Verfassungsrang. Insoweit spiegelt die unter­schiedliche Belas­tungs­wirkung auch die Bedeutung der Impfung oder Genesung der jeweils Tätigen für die Zweckerreichung wider. Das besonders betroffene Personal in Heil- und Pflegeberufen steht aufgrund der Natur seiner beruflichen Tätigkeit regelmäßig in intensivem und engem Kontakt zu vulnerablen Personen, wodurch das durch die fehlende Impfung oder Genesung erhöhte Trans­mis­si­ons­risiko akut wird und die Schutz­be­dürf­tigkeit vulnerabler Personen ungleich steigt. Das betroffene Verwaltungs-, Reinigungs- oder Küchenpersonal hat hingegen regelmäßig keinen oder nur einen kurzen unmittelbaren Kontakt zu vulnerablen Menschen und damit im Regelfall nur mittelbare, durch die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten oder durch das medizinische und sonstige Pflege- und Betreu­ungs­personal vermittelte Kontakte mit den zu schützenden Personen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass das besonders betroffene Personal in Heil- und Pflegeberufen eine besondere Verantwortung gegenüber den von ihm behandelten und betreuten Personen hat.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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