15.11.2024
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Verwaltungsgericht Oldenburg Urteil13.07.2006

Starre Einheitsgebühr für gemeinsame Biotonne ist rechtswidrigGericht hebt Gebüh­ren­be­scheide zur Heranziehung von Abfall­be­sei­ti­gungs­ge­bühren auf

Das Verwal­tungs­gericht Oldenburg hat mehreren Klagen gegen die Heranziehung zu Abfall­be­sei­ti­gungs­ge­bühren stattgegeben. Die Kläger hatten zur Begründung ihrer Klagen darauf verwiesen, dass die Abfall­ge­büh­ren­satzung des Landeskreises Friesland rechtlich zu beanstanden sei.

Es fehle an ausreichenden Anreizen zur Abfall­ver­meidung. Die für die Bereitstellung einer Biotonne erhobene "halbe Grund­s­tü­ck­gebühr" sei in Wahrheit eine Zusatzgebühr für die Biotonne. Es handele sich um eine Einheitstonne, die unabhängig von der Grundstücks- und Haushaltsgröße und unabhängig von eigenen Kompos­tie­rungs­be­mü­hungen und vom Umfang der Inanspruchnahme bereitgestellt werde. Der beklagte Landkreis Friesland ist der Auffassung, die Abfall­ge­büh­ren­satzung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Restab­fa­ll­abfuhr bewege sich die Regelung innerhalb des dem Satzungsgeber zustehenden Gestal­tungs­rahmens. Die Gebüh­re­n­er­hebung für die Biotonne stehe im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben des Nieder­säch­sischen Kommu­na­l­ab­ga­ben­ge­setzes (NKAG) und des Nieder­säch­sischen Abfallgesetzes (NAbfG).

Die Kammer hat den Klagen stattgegeben und die Gebüh­ren­be­scheide aufgehoben, soweit sie Gegenstand des Rechtsstreits waren. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, dass der Landkreis Friesland nicht über ein wirksames Satzungsrecht für die Heranziehung zu Abfall­be­sei­ti­gungs­ge­bühren verfüge. Die Gebührensätze der Abfall­ge­büh­ren­satzung vom 7. Juli 2003 seien nichtig, weil sie höherrangigem Recht widersprächen. Angesichts der Fehler­haf­tigkeit des Gebüh­ren­maßstabs habe eine wirksame Gebüh­ren­ka­l­ku­lation sowie Festlegung des Gebührensatzes nicht mehr erfolgen können, weil der Schlüssel, nach dem die Kosten der Abfall­be­sei­tigung auf die Gebüh­ren­schuldner verteilt würden, und damit zugleich die Umlegung der Kosten auf die jeweilige Maßstabseinheit falsch seien. Die Nichtigkeit des Gebührensatzes folgt nach Auffassung der Kammer daraus, dass der in der Satzung enthaltene Gebührensatz der Grund­s­tücks­gebühr offensichtlich zur Hälfte eine für alle Benutzer der Biotonne gleich hohe Einheitsgebühr enthalte, ohne nach dem Umfang der Inanspruchnahme des Teilleis­tungs­bereich Biotonne zu differenzieren. Bei dieser Einheitsgebühr handele es sich nicht ausschließlich um einen Teil einer zulässigen Grundgebühr, sondern - zumindest teilweise - um eine (einheitliche) Volumengebühr. Es sei nicht zulässig, nur bei bestimmten Gruppen (hier den Benutzern der Biotonne) einen Teil der Grundgebühr gesondert und ohne eigenständigen Maßstab zusätzlich zu dem allgemein geltenden Gebührensatz zu berechnen. Dem Wesen der Grundgebühr widerspreche es, wenn die Inanspruchnahme einer Biotonne im Rahmen der Grund­s­tücks­gebühr zur Erhebung einer (Teil-)Grundgebühr führe, die Nicht­i­n­an­spruchnahme der Biotonne dagegen die (Teil-)Grundgebühr entfallen lasse, obwohl die Biotonne jederzeit beansprucht werden könne und insofern die ständige Leistungs­be­reit­schaft Vorhaltekosten verursache. Die Richter führen in der Entscheidung weiter aus, dass die Erhebung einer für alle Benutzer der Biotonne gleich hohen "Einheitsgebühr" als Volumengebühr, ohne nach dem Umfang der Inanspruchnahme des Teilleis­tungs­be­reichs Bioab­fa­ll­be­sei­tigung zu differenzieren, rechtswidrig sei. Da der Landkreis nur eine 240 - Liter Biotonne zur Verfügung stelle und eine einheitliche Gebühr erhebe, werde bei der Teilleistung Bioab­fa­ll­be­sei­tigung nicht dergestalt nach dem Umfang der Inanspruchnahme differenziert, dass diejenigen, die verhältnismäßig viel Bioabfall produzierten, gebührenmäßig stärker belastet würden, als Gruppen von Gebüh­ren­pflichtigen, die weniger Bioabfall entstehen ließen. Ein Anreiz, weniger Bioabfall zu erzeugen und damit den öffentlichen Bereich der Bioab­fa­ll­be­sei­tigung zu entlasten, werde nicht geschaffen. Dies sei unvereinbar mit den auch hinsichtlich des Maßstabs für die Bioabfallgebühr geltenden Grundsätzen, dass die Gebüh­ren­ge­staltung Anreize zur Abfall­ver­meidung und Abfall­ver­wertung bieten solle.

Rechtlich zu beanstanden sei auch, dass nach der Abgabensatzung erhebliche Unterschiede hinsichtlich der (Restabfall-)Volumengebühren für Privathaushalte und das Gewerbe normiert würden. Bei unter­schied­lichen Gebührensätzen müssten die Teilleis­tungs­be­reiche deutlich voneinander abgegrenzt sein und gesondert in Anspruch genommen werden können. Daran fehle es hier.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Oldenburg vom 26.07.2006

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