18.10.2024
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Dokument-Nr. 32169

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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil25.08.2022

Baugenehmigung für Beach­volleyball­anlage beinhaltet keine Nutzung zu Feier- und geselligen VeranstaltungenVG Neustadt gibt Klage wegen Lärmbelästigung statt

Der Klage von Anwohnern auf bauauf­sicht­liches Einschreiten des Landkreises Germersheim gegen die Nutzung einer genehmigten Beach­volleyball­anlage in Lingenfeld zu Feier- und geselligen Veranstaltungen war erfolgreich. Dies entschied das Verwal­tungs­ge­richts Neustadt/Wstr.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Lingenfeld. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der den Bereich als reines Wohngebiet ausweist. In der Nähe befindet sich ein im Eigentum der Gemeinde Lingenfeld stehendes 78.000 m² großes Grundstück, auf dem in der Vergangenheit zahlreiche sportliche Anlagen errichtet wurden. Dem Volleyball Club Lingenfeld e.V. wurde in den Jahren 1997 und 1998 Bauge­n­eh­mi­gungen zur Errichtung von zwei Beach­vol­ley­ba­ll­feldern erteilt. Die Bauge­n­eh­mi­gungen enthielten keine Konkretisierung hinsichtlich der Nutzung. Ab dem Jahre 2016 beschwerten sich Anwohner darüber, auf der Beach­vol­ley­ba­l­l­anlage würden Feiern stattfinden, die unzumutbare Lärmbe­läs­ti­gungen zur Folge hätten. Mitte 2017 stellten die Kläger beim beklagten Landkreis Germersheim einen Antrag, gegen den zum Verfahren beigeladenen Volley­ba­ll­verein bauaufsichtlich einzuschreiten. Sie gaben unter Vorlage von Lärmprotokollen an, allein nach dem 17. Mai 2017 entgegen einer vom Vorsitzenden des Volley­ba­ll­vereins gegenüber der Kreisverwaltung erfolgten Versicherung im Mai 2017, keine privaten Feiern mehr abzuhalten, habe nicht nur das Beach­vol­ley­ba­ll­turnier stattgefunden, sondern zahlreiche private Feiern und Feste von Dritten.

Klage wegen nicht genehmigter Festivitäten

Mit Bescheid vom 19. März 2018 lehnte der Beklagte ein bauauf­sicht­liches Einschreiten gegen den Beigeladenen ab. Es liege keine rechtswidrige Geneh­mi­gungs­si­tuation vor, da die Anlage des Beigeladenen baupla­nungs­rechtlich zulässig sei. Die Kläger erhoben nach erfolgloser Durchführung eines Wider­spruchs­ver­fahrens im August 2021 Klage und machten geltend, coronabedingt habe in der Zwischenzeit eine Unterbrechung der Nutzung der Anlage des Beigeladenen stattgefunden. Inzwischen sei aber die bekannte Nutzung zu Festivitäten wieder­auf­ge­nommen worden. Auch Dritte, die nicht zum Verein gehörten, würden dort regelmäßig lautstarke Veranstaltungen abhalten.

Baurechtliche Nutzung eines Beach­vol­ley­ba­ll­feldes ausschließlich für sportliche Zwecke

Die 4. Kammer des Gerichts hat den Beklagten verpflichtet, die Nutzung der Beach­vol­ley­ba­l­l­anlage zu Feier- und geselligen Veranstaltungen und die Überlassung der Anlage an Dritte zu diesen Zwecken zu untersagen mit Ausnahme der Durchführung jeweils eines Turniers zur Saisoneröffnung und zum Saisonabschluss sowie eines Dorf-Beach­vol­ley­ba­ll­turniers während der Sommermonate. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Die Kläger hätten gegen den Beklagten einen Anspruch auf bauauf­sicht­liches Einschreiten. Zwar verfüge der Verein über bestands­kräftige Bauge­n­eh­mi­gungen. Darin sei jedoch keine Konkretisierung hinsichtlich der geplanten Nutzung vorgenommen worden. Dem Bestandsschutz unterfielen nur diejenigen Nutzungen, die typischerweise auf einer solchen Anlage zu erwarten seien. Das sei zunächst die sportliche Nutzung, denn bestim­mungsgemäß würden Beach­vol­ley­ba­ll­felder genutzt, um dort Beachvolleyball zu spielen. Eine darüber hinausgehende Nutzung zu Feier- und geselligen Veranstaltungen und die Überlassung der Anlage an Dritte zu diesen Zwecken sei von der Baugenehmigung aber nicht gedeckt, denn es sei hier gerade kein Vereinsheim und keine Räume zum Aufenthalt über die sportliche Betätigung hinaus genehmigt worden.

Ausnahmen bei vorhersehbaren Berie­bs­zu­ständen möglich

Eine Ausnahme hiervon bildeten allerdings die Durchführung der beiden Turniere zur Saisoneröffnung und zum Saisonabschluss sowie des Dorf-Beach­vol­ley­ba­ll­turniers während der Sommermonate. Die Baugenehmigung sei nicht streng nach ihrem Wortlaut zu bewerten, sondern sei durchaus der Auslegung zugänglich. Folglich könnten auch von einer Baugenehmigung, die „nur“ eine Sportanlage zum Gegenstand habe, einzelne Veranstaltungen gedeckt sein, soweit es sich um „vorhersehbare Betrie­bs­zu­stände“ handele. Vorhersehbare Betrie­bs­zu­stände seien zum Beispiel herausgehobene Veranstaltungen der Kommune oder örtlicher Vereine aus besonderem Anlass, die zu den typischen Erschei­nungs­formen gemeindlichen Lebens gehörten. Hier müsse berücksichtigt werden, dass der Bauherr ein Verein sei. Zum Vereinsleben gehöre auch die Durchführung von vereinzelten Festen, die vom Vereinszweck gedeckt seien und einen Zusammenhang mit der genehmigten Nutzung aufwiesen. Unter Berück­sich­tigung dieser Maßgaben seien die drei Turniere noch von der Genehmigung gedeckt. Durch die Nutzung der Beach­vol­ley­ba­l­l­anlage zu Feier- und sonstigen geselligen Veranstaltungen und die Überlassung der Anlage an Dritte zu diesem Zweck seien die in einem reinen Wohngebiet wohnenden Kläger unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/aw)

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