21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil07.04.2014

Schrott sammeln in Frankenthal weiterhin zulässigGefährdung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des Entsorgungs- und Wirtschafts­be­triebs nicht ersichtlich

Ein Schrottsammler ist trotz eines Verbots durch die Stadt Frankenthal weiterhin berechtigt, innerhalb der Gemarkung von Frankenthal Schrott zu sammeln. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt entschieden.

Der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit führt seit 2011 einen Ein-Mann-Betrieb zur Sammlung von Schrott und Altmetall mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße. Dabei holt er mit seinem Fahrzeug diesen Abfall auf Bestellung ab, führt daneben aber auch im näheren Umkreis - auch im Gebiet der beklagten Stadt Frankenthal - Straßen­samm­lungen durch.

Kläger zeigt Schrottsammlung schriftlich an

Nach Inkrafttreten neuer gesetzlicher Vorschriften zeigte der Kläger im August 2012 bei der Beklagten die Sammlung von Metall und Schrott ab Juni 2012 in deren Stadtgebiet schriftlich an. Die von ihm gesammelten Abfälle bezifferte er dabei mit ca. 3 bis 7 Tonnen im Monat, die von ihm an Schrott­groß­händler zur Verwertung übergeben würden.

Beklagte Stadt untersagt Schrottsammlung wegen Gefährdung des Eigenbetriebs

Im Dezember 2012 untersagte die Beklagte dem Kläger die Durchführung der von ihm angezeigten gewerblichen Sammlung von Schrott und Metall aus privaten Haushaltungen mittels Straßensammlung und sonstiger Sammlung in Frankenthal. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der gewerblichen Sammlung von Altmetallen durch den Kläger stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Durch die Sammlung des Klägers werde die Funkti­o­ns­fä­higkeit ihres als Eigenbetrieb geführten Entsorgungs- und Wirtschafts­be­triebs Frankenthal gefährdet. Dieser führe bereits seit Jahren eine haushaltsnahe und effiziente Erfassung von Schrott und Metall durch. Die Einsammlung von Metallschrott aller Art sei eine Einnahmequelle. Gewinne, die aus der kommunalen Wertstof­fer­fassung durch gewerbliche Sammlungen abgeschöpft würden, gingen dem öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­träger und damit indirekt den Gebührenzahlern verloren, so dass auch die Gebüh­ren­sta­bilität gefährdet sei.

Kläger fühlt sich in Warenverkehrs- und Wettbe­wer­bs­freiheit eingeschränkt

Nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren hat der Kläger im August 2013 mit der Begründung Klage erhoben, er werde durch die Unter­sa­gungs­ver­fügung unzulässig in seiner europarechtlich geschützten Warenverkehrs- und Wettbe­wer­bs­freiheit eingeschränkt. Eine Gefährdung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers liege nicht bereits dann vor, wenn von Privaten dieselben Abfälle gesammelt würden. Eine wesentliche Beein­träch­tigung der Planungs­si­cherheit und Organi­sa­ti­o­ns­ver­ant­wortung könne nur dann angenommen werden, wenn dem öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­träger nicht nur geringe Mengen Abfall entzogen würden. Da er - der Kläger - als klein­ge­wer­be­trei­bender Einzel­un­ter­nehmer monatlich nur ca. 5 Tonnen Schrott und Metall sammele, sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Beklagte hier von einer Gefährdung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des Entsorgungs- und Wirtschafts­be­triebs Frankenthal ausgehe.

VG: Unter­sa­gungs­ver­fügung rechtswidrig

Der Klage wurde stattgegeben. Zur Begründung führten die Richter aus: Die Unter­sa­gungs­ver­fügung sei rechtswidrig. Nach den einschlägigen Vorschriften des Kreis­l­auf­wirt­schafts­ge­setzes dürfe die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten gewerblichen Sammlung nur untersagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstünden. Dies habe die Beklagte nicht ausreichend dargetan.

Behörde hat Darlegungslast und muss Drohung von erhöhten Abfallgebühren darlegen

Die gesetzlichen Überlas­sungs­pflichten im Abfallrecht stellten Beschränkungen der Waren­ver­kehrs­freiheit und der Wettbe­wer­bs­freiheit dar. Diese seien grundsätzlich zwar europarechtlich gerechtfertigt. Allerdings müssten die einschlägigen Vorschriften des Kreis­l­auf­wirt­schafts­ge­setzes zur Untersagung einer gewerblichen Abfallsammlung europa­rechts­konform ausgelegt werden. Danach sei die Untersagung einer gewerblichen Abfallsammlung nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn seitens des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers eine hochwertige Erfassung oder Verwertung der betreffenden Abfallart erfolge; vielmehr müsse auch in diesem Fall eine wesentliche Beein­träch­tigung seiner Tätigkeit vorliegen. Dies könne nur auf der Grundlage konkreter Zahlen und Fakten beurteilt werden. Die für den Erlass einer Unter­sa­gungs­ver­fügung zuständige Behörde trage insoweit die Darlegungslast. Die Behörde müsse auch dartun, dass durch die gewerbliche Sammlung eine wesentliche Erhöhung der Abfallgebühren drohe und warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers in Betracht komme. Diesen gesetzlichen Anforderungen werde die Unter­sa­gungs­ver­fügung der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte habe weder die Tatbe­stands­vor­aus­set­zungen der einschlägigen Vorschriften hinreichend dargelegt noch sich in gebotener Weise damit ausein­an­der­gesetzt, ob an Stelle des Verbots der gewerblichen Sammlungen nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägers in Betracht komme.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ ra-online

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