21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss03.07.2013

Führerschein darf bei wahrheitswidrig erschlichener Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erneut entzogen werdenBescheinigungen über Teilnahme an Gruppen- und Einzelsitzungen unter psycho­therapeutischer Anleitung allesamt gefälscht

Einem Kraftfahrer, dem nach Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums und "erfolgreicher" Teilnahme an einer Beratungs­maßnahme bei einem Drogen­the­ra­peuten sowie Vorlage eines positiven medizinischen Gutachtens die Fahrerlaubnis wiedererteilt wurde, kann diese erneut entzogen werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Therapie­bescheinigungen wahrheitswidrig ausgestellt worden sind. Das hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt in einem Eilverfahren entschieden

Dem Antragsteller des zugrunde liegenden Falls war von der Antragsgegnerin, der Kreisverwaltung Germersheim, mit Bescheid vom 30. Juli 2010 die Fahrerlaubnis der Klasse B nebst Einschluss­klassen entzogen worden. Dem lag ein für den Antragsteller negatives medizinisch-psychologisches Gutachten einer Begut­ach­tungs­stelle für Fahreignung zugrunde, welches eingeholt worden war, nachdem der Antragsteller im Januar 2010 nach dem Konsum von Amphetamin als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Das Gutachten enthielt die Empfehlung an den Antragsteller, vor einer weiteren medizinisch-psychologischen Untersuchung an einer Beratungs­maßnahme bei einer Drogen­be­ra­tungs­stelle oder einem nieder­ge­lassenen Therapeuten teilzunehmen.

Fahrerlaubnis wird nach Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wieder erteilt

Der Antragsteller unterzog sich im Frühjahr 2012 einer neuen medizinisch-psychologischen Untersuchung und legte dabei mehrere Thera­pie­bes­chei­ni­gungen vor, die bestätigten, dass er erfolgreich an einer psycho­the­ra­peu­tischen Behandlung sowie an einer Hauskreisgruppe ("Nüchterner Weg") teilgenommen hatte. Daraufhin fiel das medizinisch-psychologische Gutachten für den Antragsteller positiv aus und die Antragsgegnerin erteilte ihm im April 2012 wieder die Fahrerlaubnis.

Ehepaar stellt deutschlandweit in mehreren hundert Fällen falsche Thera­pie­bes­chei­ni­gungen aus

Im Rahmen eines Ermitt­lungs­ver­fahrens gegen ein Ehepaar aus Baden-Württemberg kam heraus, dass der Antragsteller Kontakt zu diesen beiden Personen aufgenommen hatte, um sich auf die bevorstehende medizinisch-psychologische Untersuchung vorbereiten zu lassen. Das Ehepaar verfasste zugunsten des Antragstellers zunächst ein "Märchen" und passte die Geschichte an die Begut­ach­tungs­kri­terien der psychologischen Fragestellungen bei der Begutachtung an. Nach außen agierten die Eheleute als Diplom­psy­cho­the­ra­peuten und stellten zum Vorteil des Antragstellers Thera­pie­bes­chei­ni­gungen über insgesamt 16 psycho­the­ra­peu­tische Einzelsitzungen im Zeitraum August 2010 bis April 2011 sowie eine Teilnah­me­be­schei­nigung an der Selbst­hil­fe­gruppe "Nüchterner Weg" von August 2010 bis März 2012 aus. Weder waren die Eheleute Diplom­psy­cho­the­ra­peuten noch gab es die Praxis- und Gruppenräume, in denen angeblich die Sitzungen stattgefunden hatten. Das Paar stellte gleichartige Bescheinigungen deutschlandweit in mehreren hundert Fällen aus. Die Ehefrau gab im Ermitt­lungs­ver­fahren an, sie habe die falschen Thera­pie­bes­chei­ni­gungen verfasst, weil dies zum "Business" notwendig sei und man lügen müsse, wenn man zu etwas kommen wolle.

Kreisverwaltung entzieht erneut Fahrerlaubnis

Nachdem der Antragsgegner Kenntnis von den falschen Thera­pie­bes­chei­ni­gungen erhalten hatte, entzog er dem Antragsteller am 18. April 2013 die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und suchte gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwal­tungs­gericht nach. Zur Begründung führte er aus, dass er ausweislich der vorgelegten Drogen­s­creenings in der jüngeren Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt mehr Drogen konsumiert habe. Seit er die Fahrerlaubnis wieder besitze, sei er im Straßenverkehr nicht auffällig geworden.

Nachweis über Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht erbracht

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. In dem Beschluss führten die Richter des Verwal­tungs­ge­richts Neustadt im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller nach dem Konsum von Amphetamin als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilgenommen und sich deshalb als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Daher sei ihm im Juli 2010 die Fahrerlaubnis der Klasse B nebst Einschluss­klassen entzogen worden. Für den Erwerb einer neuen Fahrerlaubnis habe der Antragsteller zum Nachweis seiner Fahreignung ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten beibringen müssen. Dies habe er zwar vorgelegt, jedoch sei das Gutachten nur aufgrund einer Täuschungs­handlung des Antragstellers zu seinen Gunsten ausgefallen. Eine positive Prognose zugunsten des Antragstellers habe eine stabile Drogenabstinenz vorausgesetzt. Diese erfordere, dass die dem Drogenkonsum zugrun­de­lie­genden Ursachen tief greifend aufgearbeitet worden seien und eine nachvoll­ziehbare Einstellungs- und Verhal­ten­s­än­derung auf Dauer stattgefunden habe. Davon seien die Gutachter aufgrund der vorgelegten Thera­pie­bes­chei­ni­gungen zwar zunächst ausgegangen. Die Bescheinigungen über die Teilnahme des Antragstellers an Gruppen- und Einzelsitzungen unter psycho­the­ra­peu­tischer Anleitung seien jedoch allesamt gefälscht gewesen. Ferner sei die Darstellung des Sachverhalts, mit dem der Antragsteller seinen Einstel­lungs­wandel im Umgang mit Drogen begründet habe, von dritter Seite erfunden worden. Deshalb sei der positiven Prognose der Gutachter eine wesentliche Grundlage entzogen worden. Der Antragsteller habe folglich nicht den Nachweis geführt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Trier/ra-online

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