18.10.2024
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Sie sehen mehrere Weintrauben, die noch am Weinstock hängen.
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Verwaltungsgericht Mainz Urteil24.10.2019

Für geschützte Weinbezeichnung §"Rheinhessen" ist geografische Herkunft entscheidendes MerkmalWinzer muss sich nicht auf allgemeine Bezeichnung "Deutscher Wein" verweisen lassen

Ein Winzer darf für zwei mit Reben neu bestockte Grundstücke in der Gemarkung Nieder-Hilbersheim (Landkreis Mainz-Bingen) die geschützte Ursprungs­bezeichnung "Rheinhessen" verwenden und muss sich nicht auf die allgemeine Bezeichnung "Deutscher Wein" verweisen lassen. Sofern die im Rahmen des Unter­schutz­stellungs­verfahrens der Europäischen Union (EU) verfasste und im öffentlichen Register "eAmbrosia" abrufbare Produkt­spezifikation keine Beschränkung der geschützten Rebflächen einer Gemeinde enthalte, seien davon abweichende nationale Regelungen unbeachtlich. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Mainz.

Die in der Gemarkung Nieder-Hilbersheim gelegenen Rebflächen wurden 2007/2008 gerodet, die Wieder­be­pflan­zungs­rechte anderweit verbraucht. Der klagende Winzer des zugrunde liegenden Verfahrens beabsichtigt die erneute Nutzung der Grundstücke als Weinberge. Deshalb beantragte er bei der beklagten Landwirt­schafts­kammer Rheinland-Pfalz die Bestätigung, dass die Flurstücke im Bereich der geschützten Ursprungs­be­zeichnung "Rheinhessen" liegen. Dies lehnte die Beklagte ab und stellte fest, dass die höchstrangige Angabe für Erzeugnisse der beiden Flurstücke "Deutscher Wein" sei. Nach erfolglosem Wider­spruchs­ver­fahren verfolgte der Kläger sein Begehren gerichtlich weiter und machte geltend, maßgeblich für die Feststellung, ob ein Grundstück im Bereich der geschützten Ursprungs­be­zeichnung "Rheinhessen" liege, sei die hierfür der EU übermittelte Produkt­s­pe­zi­fi­kation, die Rebflächen der gelisteten Gemeinden (hier Nieder-Hilbersheim) zum Anbaugebiet erklärten. Die Beklagte hielt der Klage entgegen, dass nicht alle Flächen der Gemeinde Nieder-Hilbersheim von der Produkt­s­pe­zi­fi­kation umfasst seien. Zum geschützten Gebiet der Gemeinde zählten lediglich nach der Rechtslage zum Stichtag des 1. August 2009 nach der EU-Weinbaukartei bestockte bzw. vorübergehend nicht bestockte Rebflächen. Diese Rechtslage sei auch weiterhin maßgeblich, da es sich um einen bestehenden Weinnamen und damit lediglich um einen übergeleiteten Schutz handele.

Rechtslage zum 1. August 2009 kann nicht als maßgebliches Kriterium herangezogen werden

Das Verwal­tungs­gericht Mainz gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Nach der einschlägigen Produkt­s­pe­zi­fi­kation gelte für beide Grundstücke in der Gemarkung Nieder-Hilbersheim die geschützte Ursprungs­be­zeichnung "Rheinhessen". Die von der Beklagten für die Bestimmung der Schut­zei­gen­schaft einer Rebfläche in einer Gemeinde herangezogene Rechtslage zum 1. August 2009 könne nicht als maßgebliches Kriterium herangezogen werden. Die geographische Angabe "Rheinhessen" sei ausweislich des elektronischen Registers der Europäischen Kommission "eAmbrosia" seit 1973 als Ursprungs­be­zeichnung für Wein geschützt. Im Rahmen der Fortschreibung europäischer Weinvor­schriften habe es der Einreichung von Antrags­un­terlagen durch die Nationalstaaten bedurft, um für bestehende geschützte Weinnamen eine automatische Weitergeltung des Schutzes zu erreichen. Ein solcher Antrag sei für das Gebiet "Rheinhessen" mit einer Produkt­s­pe­zi­fi­kation, die das Schutzgebiet mit "Rebflächen u.a. der Gemeinde Nieder-Hilbersheim" bezeichne, gestellt worden. Dem Antrag nicht beigefügt gewesen sei jedoch das auf der Webseite des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz hinterlegte Beiblatt zur erläuternden Ergänzung der Produkt­s­pe­zi­fi­kation. Dieses regele die von der Beklagten vertretene Beschränkung, wonach zum Gebiet der geschützten Ursprungs­be­zeichnung (nur) alle zulässigerweise zur Erzeugung von Qualitätswein nach der EU-Weinbaukartei zum 1. August 2009 bestockte und vorübergehend nicht bestockte Rebflächen sowie dazu in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang stehende Flächen gehörten. Sei die Beschränkung auf den Rechtsstand im Jahr 2009 danach nicht in der angemeldeten Produkt­be­zeichnung zum Ausdruck gekommen, könne sie auch nicht ihr konstitutiver Bestandteil sein.

Wesentliches Merkmal einer geschützten Ursprungs­be­zeichnung für Wein ist primär geografische Herkunft

Es sei gerade Sinn und Zweck der in einem allgemein zugänglichen Register niedergelegten Produkt­s­pe­zi­fi­kation, Interessenten die Bedingungen und die räumlichen Grenzen der geschützten Ursprungs­be­zeich­nungen ohne die Inanspruchnahme weiterer Erkennt­nis­quellen in klarer und bestimmter Weise zu vermitteln. Mit dieser Betrachtung werde auch gewürdigt, dass wesentliches Merkmal einer geschützten Ursprungs­be­zeichnung für Wein primär die geografische Herkunft sei. Die Produkt­s­pe­zi­fi­kation sei nach den EU-Vorschriften gegenüber nationalen Regelungen grundsätzlich abschließend und vorrangig. Jedenfalls ohne ausreichende Bezugnahme der Produkt­s­pe­zi­fi­kation könnten nationale Inhalts­vor­behalte keine Wirkung entfalten.

Quelle: Verwaltungsgericht Mainz/ra-online (pm/kg)

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