15.11.2024
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Verwaltungsgericht Lüneburg Urteil13.02.2008

Zur Übertragung der Straßen­rei­ni­gungs­pflicht bei starkem Laubanfall: Anwohner muss auch Laub von drei Eichen auf öffentlichem Grund beseitigenLaubbeseitigung von drei Eichen stellt keine unzumutbare Belastung dar - Keine Zwangsarbeit

Auch im Herbst sind Anwohner dazu verpflichtet, die Wege vor dem Haus verkehrssicher zu halten, indem sie regelmäßig das von den Bäumen herun­ter­ge­fallene Laub entfernen. Dies gilt auch dann, wenn die Bäume nicht auf dem eigenen Grundstück, sondern auf einem öffentlichen, unmittelbar an das Grundstück angrenzenden Straße­n­ab­schnitt stehen. Die Belastung durch das zusätzliche Laubentfernen muss dabei jedoch für den Anwohner zumutbar sein. Dies geht aus einem Urteil des Verwal­tungs­gericht Lüneburg hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall wandte sich ein Anwohner gegen die Auflage der Stadt, im Herbst das Laub dreier Eichen von der Straße zu entfernen. Die Bäume stehen auf einer öffentlichen, unmittelbar an das Grundstück des Anwohners angrenzenden Straße.

Anwohner hält Straßen­rei­nigung für unzumutbare Belastung

Der Anwohner erhob schließlich Klage vor dem Verwal­tungs­gericht Lüneburg. Zur Begründung trug er vor, dass er durch die ihm auferlegte Straßen­rei­ni­gungs­pflicht übermäßig und unzumutbar belastet werde. Durch den extremen Laubanfall und den einseitigen Gehweg mit abfallendem Belag zur Gosse sei er auch gegenüber anderen Anliegern übermäßig belastet, so dass auch der Gleich­heits­grundsatz verletzt sei.

Übertragene Reini­gungs­pflicht stellt keine unver­hält­nis­mäßige Belastung dar

Das Verwal­tungs­gericht wies die Klage jedoch ab. Entgegen der Auffassung des Klägers wird er durch die auf ihn übertragene Reini­gungs­pflicht nicht unver­hält­nismäßig belastet. Die Richter wiesen darauf hin, dass auch auf vorgelegten Lichtbildern erkennbar sei, dass es dem Anwohner - eine pflichtgemäße regelmäßige Durchführung der Reinigung unterstellt - möglich sei, das von den drei Eichen fallende Laub mit einfachen Hilfsmitteln wie Schaufel und Karren zu beseitigen und es mittels der üblicherweise vorhandenen Entsor­gungs­me­cha­nismen (Restmülltonne, Kompost, Grünabfallsäcke) zu entsorgen.

Umfang des Laubfalls geht nicht über das übliche Maß an Laub von in Straßennähe stehender Bäume hinaus

Bei der Beurteilung, ob einem Anwohner die Reinigung zumutbar ist, ist darauf abzustellen, ob sich die Reini­gungs­pflicht bei regelmäßiger Laubentfernung und -Entsorgung noch als zumutbar darstellt. Dies ist hier der Fall, da die vom Anwohner vorgelegten Lichtbilder erkennen lassen, dass der Umfang des Laubfalls nicht Wesentlich über das hinausgeht, was üblicherweise durch in Straßennähe stehende Bäume in Privatgärten oder durch einzelne Straßenbäume verursacht wird.

Keine Benachteiligung gegenüber anderen Anwohnern

Auch den Vorwurf, dass der Anwohner durch den Laubfall und den einseitigen Gehweg gegenüber anderen Anliegern übermäßig belastet sei und dadurch der Gleich­heits­grundsatz verletzt sei, wies das Gericht zurück. Der Gleich­heits­grundsatz werde nicht dadurch verletzt, dass die Reini­gungs­pflicht bei Straßen mit einseitigem Bürgersteig nur den Anliegern auferlegt wird, an deren Grundstück der Gehweg unmittelbar angrenzt. Die jeweiligen Anlieger haben hingegen durch den nur einseitig verlaufenden Bürgersteig auch besondere Vorteile, die eine entsprechende Reini­gungs­pflicht rechtfertigten.

Keine Zwangsarbeit

Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der ihm auferlegten Straßen­rei­ni­gungs­pflicht auch nicht um unzulässige Zwangsarbeit i.S.d. Art. 12 Abs. 2 GG. Das Verwal­tungs­gericht Lüneburg zitierte insoweit eine Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts: "Die den Straße­n­an­liegern auferlegte Pflicht zur Gehwegreinigung bedeutet, dass sie eine fremde Sache - nämlich den in der Regel im Eigentum der Gemeinde stehenden Gehweg - in einem ordnungs-(polizei-)gemäßen Zustand zu erhalten haben. Auf welche Weise sie dieser Pflicht nachkommen, ist ihnen überlassen. Die Vorschriften verlangen von den Anliegern nicht, dass sie ihre Verpflichtung durch persönliche Arbeitsleistung erfüllen, sondern übertragen ihnen nur die Verant­wort­lichkeit für den ordnungsgemäßen Zustand der Sache. Es steht daher den Straße­n­an­liegern frei, ihrer Verpflichtung dadurch nachzukommen, dass sie die erforderlichen Arbeiten durch den Hauswart, die Mieter des Grundstücks, ein Reini­gungs­in­stitut usw. ausführen lassen. Entscheidend für die in Frage stehende öffentlich-rechtliche Pflicht ist der Erfolg, nicht - wie etwa bei der Feuer­wehr­dienst­pflicht der Einwohner - die persönliche Dienstleistung des Pflichtigen. Die Rechtslage unterscheidet sich mithin insoweit nicht grundsätzlich von den Fällen, in denen der Grund­s­tücks­ei­gentümer seine Sache in einen ordnungs-(polizei-)gemäßen Zustand zu versetzen hat. Sowenig in derartigen Fällen von einem Arbeitszwang gegenüber dem Grund­s­tücks­ei­gentümer gesprochen werden kann, sowenig berührt die Gehweg­rei­ni­gungs­pflicht der Straßenanlieger das durch Art. 12 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Grundrecht, das eine ganz andere, mit der jüngsten politischen Vergangenheit zusam­men­hängende Zielrichtung hat." (Urt. v. 05.08.1965 - I C 78.62)

Quelle: ra-online (kg)

der Leitsatz

1. Die Zumutbarkeit der Übertragung der Straßen­rei­ni­gungs­pflicht auf Anlieger ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

2. Die Übertragung der Verpflichtung auf Anlieger, das von gemeindeeigenen Bäumen fallende Laub vom Bürgersteig bis zur Straßenhälfte zu entfernen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar, wenn Anlieger das Laub bei regelmäßiger Reinigung mit einfachen Hilfsmitteln entfernen und beseitigen können.

3. Die Übertragung der Straßen­rei­ni­gungs­pflcht auf Anlieger stellt keine Zwangsarbeit i.S.d. Art. 12 Abs. 2 GG oder i.S.v. Art. 4 EMRK dar.

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