15.11.2024
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Dokument-Nr. 10217

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Verwaltungsgericht Lüneburg Urteil06.08.2010

VG Lüneburg: Speicherung perso­nen­be­zogener Daten in Polizei­da­ten­banken nur eingeschränkt zulässigPersön­lich­keitsrecht und Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung durch Daten­spei­cherung mehr als nur unerheblich beeinträchtigt

Die Speicherung von perso­nen­be­zogenen Daten in polizeilichen Datenbanken nach Abschluss eines Straf­er­mitt­lungs­ver­fahrens ist nicht ohne weiteres und unbeschränkt zulässig. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Lüneburg entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hielt sich der Kreis­tags­ab­ge­ordnete im November 2006 in Pudripp auf, wo wegen des bevorstehenden Castor­trans­portes eine Kreuzung mit Traktoren und Menschen blockiert war. Die Versammlung wurde aufgelöst, und von 315 Personen wurden Personalien aufgenommen. Das Ermitt­lungs­ver­fahren wegen des Verdachts der Nötigung wurde im Hinblick auf den Kläger im April 2008 eingestellt. Trotz der Einstellung der straf­recht­lichen Ermittlungen blieb der Kreis­tags­ab­ge­ordnete in mehreren polizeilichen Datenbanken erfasst: Zunächst im System NIVADIS, in welchem nach Abschluss von Straf­er­mitt­lungs­ver­fahren die einmal gewonnenen Daten zum Zwecke der Vorgangs­ver­waltung weiter gespeichert bleiben. Sodann im System Castor­transporte-ISAS, in welchem zur Vorbereitung der Castor­transporte Vorgänge gesammelt werden aus offen zugänglichen Medien, aus versamm­lungs­recht­lichen Aktionen, aber auch aus straf­recht­lichen Vorgängen, dies dient präventiven Zwecken der Gefahrenabwehr. Schließlich waren die Daten gespeichert im System APS, dem „Auswer­tungs­programm Polizeilicher Staatsschutz", in dem politisch motivierte Straf­er­mitt­lungs­ver­fahren erfasst werden. Die perso­nen­be­zogenen Daten des Klägers wurden schließlich an das bundesweite polizeiliche Infor­ma­ti­o­ns­system INPOL weitergegeben.

Kläger verlangt Löschung seiner Daten

Der Kläger begehrte mit seiner Klage vor dem Verwal­tungs­gericht im Wesentlichen zunächst die Löschung der Daten. Nach Löschung der Daten im System INPOL und in den Systemen APS und ISAS (dies erst kurz vor der mündlichen Verhandlung) begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Speicherung rechtswidrig war.

Aufnahme und Speicherung perso­nen­be­zogener Daten in Dateien Castortransport-ISAS und APS rechtswidrig

Das Verwal­tungs­gericht Lüneburg stellt fest, dass die Aufnahme und die Speicherung der perso­nen­be­zogenen Daten des Kreis­tags­ab­ge­ordneten in den Dateien Castortransport-ISAS und APS rechtswidrig war. Die Speicherung seiner Daten bis zur Löschung kurz vor der mündlichen Verhandlung hat über Jahre hinaus angedauert und den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht und in seinem Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Der strafrechtliche Tatverdacht gegen den Kläger wegen der Vorfälle in Pudripp am 10. November 2006 war ausgeräumt, und eine konkrete fortbestehende erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist von ihm nicht ausgegangen. Dementsprechend durften seine Daten auch nicht an das bundesweite polizeiliche Infor­ma­ti­o­ns­system INPOL weitergegeben werden.

Gericht verpflichtet Polizei­di­rektion zur Löschung der in der Polizeidatei NIVADIS gespeicherten Daten

Das Verwal­tungs­gericht hat die Polizei­di­rektion verpflichtet, die über den Kläger in der Polizeidatei NIVADIS gespeicherten Daten zu löschen. Nach Vorgaben des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richtes müssen Anlass, Zweck und Umfang einer Datenspeicherung durch den Gesetzgeber präzise und normenklar geregelt werden. Die Möglichkeit einer „Vorgangs­ver­waltung" - die mit NIVADIS bezweckt wird - wird durch das Nieder­säch­sische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht bestimmt und deutlich genug geregelt.

Quelle: Verwaltungsgericht Lüneburg/ra-online

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