18.10.2024
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Verwaltungsgericht Lüneburg Urteil28.02.2013

Gewäs­ser­un­ter­suchung bei PFT-Verdacht gerechtfertigtKläger muss boden­schutz­recht­licher Unter­su­chungs­a­n­ordnung wegen hinreichenden Verdachts einer schädlichen Boden­ver­än­derung nachkommen

Wird mit PFT belastetes Bodenmaterial auf landwirt­schaftliche Flächen aufgebracht, kann zu Recht eine Unter­su­chungs­a­n­ordnung zur Gefah­ren­auf­klärung erlassen werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Lüneburg hervor.

In den zugrunde liegenden Fall ist der Kläger ein Unternehmer, der über Jahre hinweg Klarschlamm und andere Substanzen als „Boden­ver­besserer" auf landwirt­schaftliche Flächen aufgebracht hat. Das Material bezog der Unternehmer u.a. auch aus Nordrhein-Westfalen. Dieses Material war mit perfluorierten Tensiden (PFT) versetzt, die Firma in Nordrhein-Westfalen ist inzwischen insolvent, und gegen den Geschäftsführer der Firma läuft ein Strafverfahren. PFT sind industriell hergestellte Chemikalien, die in der Natur nicht abbaubar sind und als langlebig eingestuft werden. Die Stoffe reichern sich im Blut und im Organgewebe an und werden nur langsam aus dem Organismus ausgeschieden. In Tierversuchen wurde eine krebserzeugende Wirkung nachgewiesen, ein krebs­er­zeu­gendes Potential für den Menschen ist nicht nachgewiesen, aber auch nicht ausgeschlossen.

Flächen waren zum Teil sehr hoch mit PFT belastet

Im Sommer 2007 wurde in einem Schlachthof festgestellt, dass ein geliefertes Rind mit PFT belastet war. Der Landwirt, der das Rind geliefert hatte, hatte auf seinen Flächen von dem Unternehmer zuvor Boden­ver­besserer aufbringen lassen, auch das Material aus Nordrhein-Westfalen. Die Stadt Celle stellte fest, dass die Flächen zum Teil sehr hoch mit PFT belastet waren.

Kläger wendet sich gegen boden­schutz­rechtliche Unter­su­chungs­a­n­ordnung

Die Stadt Celle ordnete deshalb gegenüber dem Unternehmer im Dezember 2010 an, weitere Messungen auf den Flächen des Landwirtes durchzuführen und Gutachten zur Gefähr­dungs­ab­schätzung erstellen zu lassen. Dem kam der Unternehmer zum Teil nach, und er hat für Grund­was­ser­un­ter­su­chungen bislang knapp 23.000 Euro gezahlt. Mit seiner Klage wendet er sich gegen die boden­schutz­rechtliche Unter­su­chungs­a­n­ordnung, weil ein gesund­heit­liches Risiko für Menschen durch PFT nicht bestehe und der betroffene Landwirt selbst als Eigentümer der landwirt­schaft­lichen Flächen in Anspruch genommen werden müsse. Außerdem verlangt der Kläger die Erstattung der bisher aufgewendeten Kosten.

PTF können menschliche Gesundheit schädigen

Das Verwal­tungs­gericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht aufgeführt, dass aufgrund der Aufbringung von PFT-haltigem Material auf die landwirt­schaft­lichen Flächen der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung besteht. Die PFT-Belastung liegt nach den Feststellungen über den Grenzwerten, die das Nieder­säch­sische Umwelt­mi­nis­terium 2008 festgelegt hat. Bei den PFT handelt es sich aufgrund der langen Verweildauer im menschlichen Organismus, der toxischen Eigenschaften sowie der in Tierversuchen nachgewiesenen tumorfördernden Wirkung um Stoffe, bei denen der Verdacht besteht, dass sie auch die menschliche Gesundheit schädigen können. Der hinreichende Gefah­ren­verdacht einer schädlichen Boden­ver­än­derung und Veränderung des Grundwassers wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die PFT-belasteten Flächen nicht in einem Trink­was­ser­ge­win­nungs­gebiet liegen. Die angeordneten Untersuchungen zielen im Wesentlichen darauf ab, die Ausbreitung von PFT im Grundwasser aufzuklären und zu beurteilen, wieweit Beein­träch­ti­gungen von Grundwasser und Boden zu besorgen sind. Die Behörde ist nicht gehalten, den Landwirt selbst mit Messungen und Beprobungen zu beauftragen. Der Unternehmer ist Verursacher der befürchteten Gefahren, er hat ein Unternehmen mit etwa 40 Mitarbeitern und einem größeren Maschinen- und Fuhrpark, und es ist anzunehmen, dass der Unternehmer wirtschaftlich leistungs­fähiger ist als der Landwirt. Nach alledem hat der Unternehmer auch keinen Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten knapp 23.000 Euro.

Quelle: Verwaltungsgericht Lüneburg/ra-online

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