18.10.2024
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Verwaltungsgericht Koblenz Urteil27.11.2008

Kein Anspruch auf integrative Beschulung in der örtlichen Grundschule

Ein behindertes Kind hat keinen Anspruch darauf, dass in der örtlichen Regelschule die Möglichkeiten zur gemeinsamen Unterrichtung behinderter und nicht­be­hin­derter Schüler (sog. integrative Beschulung) erst geschaffen werden, wenn in zumutbarer Entfernung eine Schwer­punkt­schule erreichbar ist, die diese Möglichkeit bereits gewährleistet. Dies entschied kürzlich das Verwal­tungs­gericht Koblenz.

Die Klägerin ist ein sechs Jahre altes Mädchen mit Down-Syndrom. Sie bedarf der sonder­päd­ago­gischen Förderung mit dem Schwerpunkt auf ganzheitlicher Entwicklung. Ein sonder­päd­ago­gisches Gutachten stellte unter anderem Förderbedarf bei vielen alltäglich wiederkehrenden Verrichtungen, eingeschränkte Sprach- und Inter­ak­ti­o­ns­kom­petenz sowie das Fehlen der Voraussetzungen zum Erwerb schrift­sprach­licher Symbole fest. Die Eltern der Klägerin beantragten, das Kind nicht in der 20 km entfernten Schwer­punkt­schule, sondern in der örtlichen Regelschule einzuschulen. Ihre Tochter hätte dort Klassen­ka­meraden, die sie aufgrund ihrer Freizeit- und Vereins­ak­ti­vitäten im Ort bereits kenne. Es sei ein ausreichend großer Klassenraum vorhanden, um die notwendige Rückzugsecke zu schaffen. Ein Förderlehrer aus einer nicht weit entfernten Schule für Lernbehinderte könne den ergänzenden Unterricht übernehmen. Die Grund­schul­rektorin sei auch bereit, das Kind an dieser Schule aufzunehmen. Demgegenüber kenne ihre Tochter in der Schwer­punkt­schule niemanden. Die Klassenstärke sei dort viel größer, und eine Integration am Heimatort könne so nicht erreicht werden.

Die Schulbehörde wies die Klägerin gleichwohl der Schwer­punkt­schule zu. Zur Begründung gab sie an, dort seien die sächlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen für eine integrative Beschulung gegeben. Die Eltern der Klägerin waren mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und erhoben für ihre Tochter nach erfolgloser Durchführung des Wider­spruch­ver­fahrens Klage vor dem Verwal­tungs­gericht.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Klägerin habe zwar einen Anspruch auf integrative Beschulung. Dieser Anspruch, so die Richter, bestehe nach dem Wortlaut des Gesetzes aber nur im Rahmen des vorhandenen schulischen Bildungs- und Erzie­hungs­systems und sei nicht auf dessen Ausweitung gerichtet. Da in der Schwer­punkt­schule bereits alle sächlichen, räumlichen, personellen und organi­sa­to­rischen Bedingungen für eine integrative Beschulung vorhanden seien, komme es nicht mehr darauf an, ob sie an der örtlichen Regelschule grundsätzlich geschaffen werden könnten. Auch das im Grundgesetz verankerte Verbot, behinderte Menschen zu benachteiligen, führe nicht dazu, dass eine bereits bestehende Möglichkeit zur integrativen Beschulung zu Gunsten einer Einzelin­te­gration an der Grundschule des Wohnortes zurücktreten müsse. Der Fahrweg von etwa 20 km sei weder im Vergleich zu dem Fahrweg anderer besonders geförderter Schüler, noch für sich genommen unzumutbar, zumal der Landkreis die anfallenden Fahrtkosten übernehme. Auch unter Berück­sich­tigung des längeren Schulweges dürfte es der Klägerin weiterhin möglich sein, ihre im Heimatort aufgenommenen Freizeit- und Vereins­ak­ti­vitäten fortzuführen und die dort aufgebauten sozialen Kontakte zu pflegen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 50/08 des VG Koblenz vom 19.12.2008

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