18.10.2024
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Dokument-Nr. 28908

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Verwaltungsgericht Koblenz Urteil10.07.2020

Ortsgemeinde kann Bau von Windener­gie­anlagen nicht verhindernKein Verstoß gegen arten­schutz­rechtliche Tötungsverbot

Die Kreisverwaltung Birkenfeld durfte den Bau von zwei Windener­gie­anlagen (WEA) auf dem Gebiet der Gemeinde Wilzenberg-Hußweiler genehmigen - auch ohne vorherige Umwelt­verträg­lichkeits­prüfung. Die Anlagen verstoßen weder gegen das arten­schutz­rechtliche Tötungsverbot noch liegen sonstige Rechts­ver­let­zungen vor. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Koblenz auf die Klage der betroffenen Ortsgemeinde.

Im Jahr 2013 beantragte die Betrei­ber­ge­sell­schaft, die am Prozess als Beigeladene teilnahm, eine Genehmigung zum Bau von insgesamt fünf WEA im Außenbereich von Wilzenberg-Hußweiler. Die Ortsgemeinde lehnte die Erteilung ihres gemeindlichen Einvernehmens ab.

Ortsgemeinde und Anwohner klagen erfolglos gegen Bau der Windener­gie­anlagen

Die Anlagen würden das Orts- und Landschaftsbild sowie die Wohnqualität der Bürger verschlechtern, so der Gemeinderat. Auch nachdem die Beigeladene ihren Antrag auf lediglich zwei Anlagen beschränkt hatte, hielt die Gemeinde an ihrer ablehnenden Haltung fest. Die Kreisverwaltung erteilte gleichwohl die Genehmigung zum Bau der beiden Anlagen. Hiergegen wandte sich neben der Ortsgemeinde auch ein Anwohner, dessen Klage vor dem Verwal­tungs­gericht Koblenz ohne Erfolg blieb.

VG: Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung war nicht erforderlich

Nunmehr war über die Klage der Ortsgemeinde zu entscheiden, die weitere Argumente gegen die Errichtung der Anlagen vorbrachte. Damit konnte sie die Koblenzer Verwal­tungs­richter nicht überzeugen. Das Gericht urteilte, der beklagte Landkreis habe die Genehmigung zu Recht erteilt. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht durchgeführt werden müssen. Eine solche ist erst ab drei zusam­men­hän­genden Anlagen, einer sogenannten Windfarm, erforderlich. Die beiden von der Beigeladenen geplanten WEA stünden aber nicht in einem funktionalen wirtschaft­lichen Zusammenhang zu den bereits bestehenden WEA auf dem Gebiet der Nachba­r­ge­meinden Leisel und Siesbach, der eine UVP-Pflicht auslösen könnte. Es handele sich vielmehr um ein zufälliges Zusammentreffen, das nicht zum Nachteil der Beigeladenen gereichen dürfe, zumal diese ihre Genehmigung früher beantragt habe als die Betreiberin der WEA "Leisel-Siesbach". Schließlich ergebe sich eine UVP-Pflicht nicht aus der Rodung von Wald, da die dauerhafte Rodungsfläche unter 1 ha liege.

Natur­schutz­rechtliche Tötungsverbot nicht betroffen

Die Genehmigung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Dies stellte das Gericht nach umfassender Prüfung etwaiger Verletzungen arten­schutz­recht­licher Bestimmungen fest. Das natur­schutz­rechtliche Tötungsverbot sei nicht betroffen. Es greife nur ein, wenn mit einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die betroffene Tierart zu rechnen sei.

Genehmigung sieht aus forst­be­hörd­licher Sicht erforderliche Ausgleichs­maß­nahmen und ausreichende Sicher­heits­leis­tungen vor

Ausgehend hiervon sei zunächst der Rotmilan nicht rechtserheblich gefährdet. Zwar liege ein Rotmilan-Horst mit einer Entfernung zur Anlage von 1.460 m bis 1.480 m innerhalb der sogenannten Tabuzone von 1.500 m. Diese minimale Unterschreitung führe hier aber nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko, weil die WEA in einem Waldstück errichtet werden sollten, welches für den Rotmilan als Offenlandjäger eher uninteressant sei. Die weiterhin bestehenden Gefahren für Fledermäuse und Kraniche habe der Beklagte durch Neben­be­stim­mungen zur Genehmigung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeschlossen. Schließlich fehlten zureichende Hinweise für das Vorkommen von Haselhühnern im Bereich der Anlagen. Ungeachtet der arten­schutz­recht­lichen Bedenken liege auch kein Eingriff in die Kernzonen des Naturparks Saar-Hunsrück vor. Ferner sehe die Genehmigung alle aus forst­be­hörd­licher Sicht erforderlichen Ausgleichs­maß­nahmen und eine ausreichende Sicher­heits­leistung für einen späteren Rückbau der WEA vor. Auch werde die Vertei­di­gungs­anlage Idar-Oberstein Link 16 durch den Bau der Anlagen nicht gestört. Dies gehe aus einer Mitteilung der zuständigen Wehrbe­reichs­ver­waltung hervor.

Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz, ra-online (pm/ku)

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