21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil10.05.2021

Kein Entschädigungs­anspruch des Arbeitgebers für vierzehntägige Quarantäne von MitarbeiternLohnfortzahlung für zwei Wochen grundsätzlich kalkulierbar und zumutbar

Ein Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Entschädigungs­zahlungen nach dem Infektions­schutz­gesetz, sofern sein Arbeitnehmer während einer vierzehntägigen häuslichen Absonderung gegen ihn einen Lohn­fortzahlungs­anspruch hat. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Koblenz und wies zwei Klagen einer Arbeitgeberin zurück.

Aufgrund einer infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Anordnung befanden sich zwei anste­ckungs­ver­dächtige Mitar­bei­te­rinnen der Klägerin in häuslicher Absonderung. In der Folge beantragte die Klägerin beim beklagten Land Rheinland-Pfalz die Erstattung von Entschä­di­gungs­zah­lungen, die sie während der Zeit der Absonderung an ihre Mitar­bei­te­rinnen für deren Verdien­st­ausfall geleistet hatte sowie von Sozia­l­ver­si­che­rungs­bei­trägen. Das Land gewährte lediglich für die Zeit ab dem sechsten Tag der Absonderung eine Erstattung mit dem Hinweis, die Arbeit­neh­me­rinnen hätten gegenüber dem Arbeitgeber für die ersten fünf Tage der Absonderung einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Lohnfort­zah­lungs­an­spruch insgesamt entfallen

Nach erfolglosem Wider­spruchs­ver­fahren verfolgte die Klägerin ihr Begehren im Klageweg weiter. Sie trug vor, bei einer Quarantänedauer von mehr als fünf Tagen könne nicht mehr, wie § 616 BGB vorsehe, von einer Verhinderung von verhältnismäßig nicht erheblicher Zeit gesprochen werden. Dauere die Verhinderung demnach eine erhebliche Zeit, so entfalle der Lohnfort­zah­lungs­an­spruch insgesamt, d. h. auch für den nicht erheblichen Zeitraum ("Alles-oder-Nichts-Prinzip").

VG verneint Erstattung bei Bestehen eines Lohnfort­zah­lungs­an­spruch

Dem folgten die Koblenzer Verwal­tungs­richter nicht und wiesen die Klagen mit folgenden Erwägungen ab: Zwar habe ein Arbeitgeber, der im Falle der Absonderung seines Arbeitnehmers Lohnfort­zah­lungen und Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge leiste, nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz einen Anspruch auf Erstattung dieser Leistungen. Dieser scheide jedoch aus, wenn dem Arbeitnehmer trotz seiner Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit gegen seinen Arbeitgeber ein Lohnfort­zah­lungs­an­spruch zustehe. Gemäß § 616 Satz 1 BGB bestehe ein Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert werde. Dies sei hier der Fall.

Dauer der Arbeits­ver­hin­derung stellt verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar

Bei den behördlichen Abson­de­rungs­a­n­ord­nungen, die aufgrund eines Anste­ckungs­ver­dachts der Arbeit­neh­me­rinnen der Klägerin ergangen seien, handele es sich um ein in deren Person liegendes Leistungs­hin­dernis. Darüber hinaus stelle die aufgrund der Absonderung eingetretene Dauer der Arbeits­ver­hin­derung der Arbeit­neh­me­rinnen von sechs bzw. vierzehn Tagen noch eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar. Für die Beurteilung sei in erster Linie das Verhältnis zwischen der Dauer des Arbeits- bzw. Dienst­ver­hält­nisses und der Dauer der Arbeits­ver­hin­derung maßgeblich. Dabei sei bei einer Beschäf­ti­gungsdauer von mindestens einem Jahr grundsätzlich eine höchstens vierzehn Tage andauernde Arbeits­ver­hin­derung infolge einer Absonderung noch als nicht erhebliche Zeit anzusehen.

Vierzehntägigen Quarantäne für Arbeitgeber kalkulierbar

Auch bedürfe dieses Ergebnis im zu entscheidenden Fall nicht aus Zumut­ba­r­keits­ge­sichts­punkten einer Korrektur. Denn das Risiko, während einer höchstens vierzehntägigen Quarantäne des Arbeitnehmers bei einem mindestens ein Jahr andauernden Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis den Lohn für zwei Wochen weiterzahlen zu müssen, sei für den Arbeitgeber grundsätzlich kalkulierbar. Da die Mitar­bei­te­rinnen der Klägerin bei dieser bereits deutlich länger als ein Jahr beschäftigt seien, habe diesen somit ein Lohnfort­zah­lungs­an­spruch zugestanden. Dies schließe einen Entschä­di­gungs­an­spruch der Klägerin aus.

Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen

Gegen beide Entscheidungen steht den Beteiligten die Einlegung der Berufung bei dem Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz zu, die von der Kammer wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden ist.

Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil30354

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI