22.11.2024
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Verwaltungsgericht Kassel Urteil12.05.2006

Verwal­tungs­gericht lehnt Bürgerbegehren gegen Flughafenausbau als unzulässig abBürgerbegehren auf ein geset­zes­widriges Ziel gerichtet

Das Verwal­tungs­gericht Kassel hat die Klagen der drei Vertrau­ens­männer eines Bürgerbegehrens gegen den Flughafenausbau Kassel/Calden abgewiesen.

Die Klagen haben sich gegen die Gemeinde Calden gerichtet, deren Gemein­de­ver­tretung das Bürgerbegehren als unzulässig zurückgewiesen hatte. Mit dem Bürgerbegehren, das von mehr als 1300 wahlbe­rech­tigten Bürgern der Gemeinde Calden getragen wurde, sollte ein Bürgerentscheid mit dem Ziel herbeigeführt werden, dass die Gemeinde Calden jegliche finanzielle Beteiligung am Neu-/Ausbau des Flughafen Kassel-Calden zu unterlassen habe und alle rechtlich überhaupt vertretbaren Maßnahmen ergreifen solle, um einen Neu/Ausbau zu verhindern.

In der mündlichen Urteils­be­gründung führte das Gericht aus, dass die Gemeinde Calden das Bürgerbegehren zu Recht als unzulässig ablehnt habe, weil dieses die gesetzlichen Anforderungen an zulässige Bürgerbegehren nicht erfülle. Das Bürgerbegehren sei auf ein geset­zes­widriges Ziel gerichtet, denn bei der von der Gemein­de­ver­tretung bestätigten Absichts­er­klärung der Gesellschafter der Flughafen GmbH zur künftigen Finanzierung des Flugha­fe­n­ausbaus handele es sich um einen verbindlichen Vertrag, von dem die Gemeinde sich weder durch Rücktritt, Kündigung oder Rücknahme der Zustim­mungs­er­klärung lösen könne. Das Bürgerbegehren lasse darüber hinaus - anders als es nach den gesetzlichen Vorschriften erforderlich gewesen wäre - weder in der Fragestellung noch in der Begründung erkennen, dass es sich inhaltlich gegen bereits gefasste Entscheidungen der Gemein­de­ver­tretung richte.

Soweit in dem Bürgerbegehren die Gemeinde Calden aufgefordert werde, alle rechtlich überhaupt vertretbaren Maßnahmen zu ergreifen, um einen Neu/Ausbau zu verhindern, hätten zudem die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten, z.B. Gerichts- oder Sachver­stän­di­gen­kosten zumindest überschlägig angegeben werden müssen. Auch daran sei das Bürgerbegehren gescheitert.

Erläuterungen

Angewandte Vorschriften:

§ 8 b HGO (Hess. Gemeindeordnung) Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

(1) Die Bürger einer Gemeinde können über eine wichtige Angelegenheit der Gemeinde einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).

(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über

1. Weisungs­aufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Gemein­de­vorstand oder dem Bürgermeister obliegen,

2. Fragen der inneren Organisation der Gemein­de­ver­waltung,

3. die Rechts­ver­hältnisse der Gemein­de­ver­treter, der Mitglieder des Gemein­de­vor­stands und der sonstigen Gemein­de­be­diensteten,

4. die Haushalts­satzung (einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe), die Gemeindeabgaben und die Tarife der Versorgungs- und Verkehrs­be­triebe der Gemeinde,

5. die Feststellung der Jahresrechnung oder des Jahres­ab­schlusses (§§ 112 und 114s) der Gemeinde und der Jahres­ab­schlüsse der Eigenbetriebe,

6. Entscheidungen im Rechts­mit­tel­ver­fahren sowie über

7. Anträge, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen.

(3) Das Bürgerbegehren ist schriftlich bei dem Gemein­de­vorstand einzureichen; richtet es sich gegen einen Beschluss der Gemein­de­ver­tretung, muss es innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Es muss die zu entscheidende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten sowie bis zu drei Vertrau­ens­personen bezeichnen, die zur Entgegennahme von Mitteilungen und Entscheidungen der Gemeinde sowie zur Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Gemein­de­vorstand ermächtigt sind. Das Bürgerbegehren muss von mindestens zehn vom Hundert der bei der letzten Gemeindewahl amtlich ermittelten Zahl der wahlbe­rech­tigten Einwohner unterzeichnet sein; die Wahlbe­rech­tigung der Unterzeichner muss im Zeitpunkt der Unterzeichnung gegeben sein. § 3 a des Hessischen Verwal­tungs­ver­fah­rens­ge­setzes findet keine Anwendung.

(4) Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist. Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet die Gemein­de­ver­tretung. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn die Gemein­de­ver­tretung die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen beschließt.

(5) Wird ein Bürgerentscheid durchgeführt, muss den Bürgern die von den Gemeindeorganen vertretene Auffassung dargelegt werden.

(6) Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens fünfundzwanzig vom Hundert der Stimm­be­rech­tigten beträgt. Bei Stimmen­gleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat die Gemein­de­ver­tretung die Angelegenheit zu entscheiden.

(7) Der Bürgerentscheid, der die nach Abs. 6 erforderliche Mehrheit erhalten hat, hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemein­de­ver­tretung. Die Gemein­de­ver­tretung kann einen Bürgerentscheid frühestens nach drei Jahren abändern. Die §§ 63 und 138 finden keine Anwendung.

(8) Das Nähere regelt das Hessische Kommu­nal­wahl­gesetz.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Kassel vom 12.05.2006

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