Dokument-Nr. 3771
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Verwaltungsgericht Kassel Urteil08.02.2007
VG Kassel zu gemeinsamen Wahlvorschlägen von verschiedenen FraktionenVerstoß gegen das Demokratieprinzip
Verschiedene Fraktionen dürfen keinen gemeinsamen Wahlvorschlag machen, wenn sie nur das Ziel verfolgen, hierdurch einen zusätzlichen Ausschusssitz zu erlangen. Das hat das Verwaltungsgericht Kassel entschieden.
Im zugrunde liegenden Verfahren klagte ein Stadtverordneten gegen die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Homberg. Es ging um die Wahlen zur Besetzung von Ausschüssen. Zur Wahl dieser Ausschüsse waren von mehreren Fraktionen gemeinsame Wahlvorschläge gebildet worden, um dadurch einen zusätzlichen Ausschusssitz zu erreichen.
Das Verwaltungsgericht Kassel hat der Klage im Wesentlichen stattgeben. Zur Begründung hat die Kammer angeführt, die am 27.04.2006 von der Stadtverordnetenversammlung Homberg durchgeführten Wahlen zur Besetzung der Ausschüsse seien wegen eines Verstoßes gegen das Demokratieprinzip des Grundgesetzes ungültig. Da die Gemeindevertretung die Bürger der Gemeinde repräsentiere und diese Repräsentation sich auch in den Ausschüssen der Gemeindevertretung vollziehe, in die ein Teil der Arbeit vorverlagert ist, müssten die Ausschüsse die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln. Bei der Besetzung der Ausschüsse seien deshalb allein zur Erlangung eines zusätzlichen Sitzes gebildete gemeinsame Wahlvorschläge mehrerer Fraktionen unzulässig.
Die am selben Tag von der Stadtverordnetenversammlung durchgeführten Wahl der ehrenamtlichen Beigeordneten sei zwar gültig, da der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit bei der Besetzung von Ausschüssen dem Prinzip der demokratischen Repräsentation entspreche und nicht auf den Magistrat als Verwaltungsbehörde übertragen werden könne. Das Ergebnis dieser Wahl sei jedoch neu festzustellen. Denn es verstoße gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl, dass dem für diese Wahl eingereichten gemeinsamen Wahlvorschlag der Fraktionen von CDU und FDP ein zusätzlicher Sitz im Wege des Vorabausgleichs nach § 22 Abs. 4 Kommunalwahlgesetz zuerkannt worden ist. Es handele sich dabei nämlich um einen Wahlvorschlag, der ohne verfestigte Form des Zusammenwirkens allein zur Erlangung eines Vorteils bei der Sitzverteilung eingereicht worden sei ("Zählgemeinschaft").
Vgl auch:
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.02.2007
Quelle: ra-online
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