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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil11.07.2007
Baden-Württemberg: Studenten müssen Studiengebühren zahlenKeine abschreckende Wirkung auf Studierwillige
Die Erhebung von Studiengebühren ab dem Sommersemester 2007 auf der Grundlage des Landeshochschulgebührengesetzes ist rechtmäßig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe. Ohne Erfolg blieben deshalb die Klagen dreier Studierender an der Universität und der Fachhochschule Karlsruhe, die sich gegen die Gebührenbescheide ihrer Hochschulen zur Wehr gesetzt hatten.
Sie hatten geltend gemacht, die Erhebung einer Studiengebühr von 500,- EUR pro Semester sei verfassungs- und bundesgesetzwidrig. Die Gebühr schrecke Studierwillige aus einkommensschwachen Elternhäusern von der Aufnahme eines Studiums ab und verletze das Vertrauen der bereits Studierenden auf die gebührenfreie Beendigung ihres Studiums.
Das Verwaltungsgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Nach Ansicht des Gerichts steht das Landeshochschulgebührengesetz mit höherrangigem Recht in Einklang. Das Land besitze die Gesetzgebungskompetenz, nachdem das Bundesverfassungsgericht die entgegenstehende bundesrechtliche Regelung aus dem Jahr 2002 für nichtig erklärt habe. Der Bund hatte seinerzeit den Grundsatz der Gebührenfreiheit des Erststudiums und eines nachfolgenden Studiengangs eingeführt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Einführung der Studiengebühren zu einer „Verdrängung“ Studierwilliger zu Lasten anderer Bundesländer führe. Die Einführung der Studiengebühr kollidiere auch nicht mit Zielen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Denn durch den im Landeshochschulgebührengesetz eingeräumten Darlehensanspruch werde verhindert, dass Studierende BaföG-Mittel zur Zahlung der Studiengebühr aufwenden oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen müssten.
Die Wiedereinführung der 1970 abgeschafften Studiengebühr sei auch mit dem als Bundesrecht geltenden UN-Sozialpakt von 1966 vereinbar, der eine sozialverträgliche Ausgestaltung von Studiengebühren verlange. Den ihm hierbei eingeräumten Prognose- und Gestaltungsspielraum habe der Landesgesetzgeber in vertretbarer Weise gehandhabt. Durch die Einführung eines Darlehensanspruchs sowie die besonderen Modalitäten der Rückzahlungspflicht habe er dafür gesorgt, dass Studierwillige nicht von der Aufnahme eines Studiums abgehalten würden. So sei der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens erst nach einer Karenzzeit nach Abschluss des Studiums fällig und auch danach einkommensabhängig. Beim Zusammentreffen von BaföG-Darlehen und Studiengebührendarlehen sei die Höhe der Rückzahlungspflicht auf 15.000,-- € begrenzt, weshalb sich das Studiengebührendarlehen für einen erheblichen Teil der BAföG-Empfänger als zinsloses Darlehn darstelle. Außerdem bestehe die Möglichkeit der Stundung, des Erlasses oder der Niederschlagung.
Das Gesetz stehe auch mit der durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit in Einklang. Das Recht des Einzelnen, zum Hochschulstudium seiner Wahl zugelassen zu werden, beinhalte nicht den Anspruch, kostenfrei studieren zu dürfen. Eine unüberwindliche soziale Zugangsbarriere zum Studium werde durch die Studiengebühr nicht errichtet.
Die Studiengebühr sei auch insoweit rechtmäßig, als sie auch Studierende zahlen müssten, die das Studium bereits begonnen hätten. Denn es habe kein Studierender darauf vertrauen dürfen, ein gebührenfrei begonnenes Studium ohne Gebührenbelastung beenden zu können. Die Studierenden hätten außerdem seit der Verkündung des Gesetzes immerhin ca. 15 Monate Zeit gehabt, sich auf die Gebührenpflicht einzustellen.
Das Landeshochschulgebührengesetz verstoße auch nicht deswegen gegen das Grundgesetz, weil es nicht danach unterscheide, ob ein Studierender bereits Wehr- oder Ersatzdienst geleistet habe oder nicht. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, alle Nachteile auszugleichen, die als Folge der Erfüllung der Wehr- oder Zivildienstpflicht eintreten. Auch mit Blick darauf, dass die Dienstpflicht verfassungsrechtlich verankert sei, würden Wehr- oder Ersatzdienstleistende gegenüber den nichtdienstpflichtigen Kommilitonen nicht unverhältnismäßig schlechter gestellt. Der Nachteil bestehe letztlich nur in dem Verlust der Möglichkeit, zwei Semester länger studiengebührenfrei studieren zu können.
Es sei schließlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber – im Gegensatz zur früheren Regelung der Langzeitstudiengebühren – keine Befreiung von der Gebührenpflicht für die Zeit einer Mitwirkung in Hochschulgremien oder -organen vorgesehen habe. Die Studierenden seien gehalten, ein vertretbares Maß an Gremientätigkeit zu wahren und nötigenfalls zusätzliche Zeit aufzuwenden, um ihr Studium zügig zu Ende zu führen. Im Einzelfall sei allerdings zu prüfen, ob die Studiengebühr ganz oder teilweise erlassen werden könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.12.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 03.12.2007
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