23.11.2024
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil19.09.2019

Sarglose Bestattung nur bei Bestehen entsprechender Glaubensregel zulässigReligions­zugehörig­keit der Betroffenen sieht keine Bestattung ohne Sarg vor

Das Verwal­tungs­ge­richts Karlsruhe hat entschieden, dass ein Ehepaar nach dem Tod nicht auf dem Friedhof der beklagten Gemeinde ohne Sarg in einem Leintuch bestattet werden darf.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens gehören der Evangelischen Landeskirche in Baden bzw. dem Zentralrat orientalischer Christen in Deutschland an. Sie hatten sich darauf berufen, dass die Erdbestattung in einem Leintuch ein urchristlicher Ritus sei, der heute unter anderem noch bei der christlich-koptischen Glaubens­ge­mein­schaft sichtbar sei. Er leite sich direkt aus der Bibel ab. Täufling und Leichnam würden danach nur in ein Leintuch gehüllt. Dies entspreche auch der Grablegung Jesu. Die Muslime hätten diesen ursprünglichen Bestat­tungsritus bewahrt. Dass Christen anders als Muslime im Holzsarg beerdigt würden, sei nur der Tradition geschuldet. Im Mittelalter sei die sarglose Bestattung demgegenüber noch üblich gewesen und werde bis in die Gegenwart bei Kartäusern und Trappisten praktiziert. Sie gehöre zum gemeinsamen Kern der drei Religionen Judentum, Christentum und Islam. Die örtliche evangelische Kirchengemeinde unterstütze ihr Anliegen.

Bestat­tungs­gesetz erlaubt keine Leintuch­be­stattung

Die Gemeinde Angelbachtal lehnte den Antrag der Kläger, ihnen vor diesem Hintergrund eine Leintuch­be­stattung zu genehmigen, mit Schreiben vom 15. November 2017 ab. Das Bestat­tungs­gesetz erlaube in ihrem Fall keine Leintuch­be­stattung. Unabhängig davon könne eine solche Entscheidung nicht bereits im Vorfeld getroffen werden, sondern erst bei Vorliegen eines konkreten Sterbefalls. Den von den Klägern hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit Wider­spruchs­be­scheid vom 16. Juli 2018 zurück.

Sarglose Bestattung als verpflichtendes religiöses Gebot nicht nachgewiesen

Auch die Feststel­lungsklage der Kläger blieb ohne Erfolg. Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe gelangte zu der Auffassung, dass ihnen gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 des baden-württem­ber­gischen Bestat­tungs­ge­setzes kein Anspruch zustehe, nach ihrem Tod sarglos in Tüchern bestattet zu werden. Danach können Verstorbene, deren Religionszugehörigkeit eine Bestattung ohne Sarg vorsieht, in Tüchern erdbestattet werden, sofern keine gesund­heit­lichen Gefahren zu befürchten sind. Zwar sei die Regelung bei einer Auslegung im Lichte des Grundgesetzes nicht von vorneherein auf Angehörige der muslimischen Religi­o­ns­ge­mein­schaften beschränkt. Die Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit der Kläger sehe aber eine Bestattung ohne Sarg nicht vor. Es sei den Klägern nicht gelungen, die Existenz einer Glaubensregel ihrer Religionsgemeinschaft darzulegen, die diese Bestattungsart gebiete. Aus ihren Ausführungen ergebe sich nicht, dass sie die sarglose Bestattung als verpflichtendes religiöses Gebot empfinden würden. Nur in diesem Fall werde aber die grundrechtlich nach Art. 4 des Grundgesetzes geschützte Glaubens- und Bekennt­nis­freiheit tangiert. Die Kläger hätten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, ihr Wunsch nach einer sarglosen Bestattung beruhe nicht auf einem Glaubenssatz, sondern sei emotional begründet. Es würde sie nicht in Gewissensnot bringen, sich im Sarg bestatten zu lassen, sie hätten aber einfach ein besseres Gefühl bei einer sarglosen Bestattung. Dieser auch durch ihren Glauben motivierte Wunsch der Kläger genügt nach Auffassung des Gerichts zur Begründung eines Anspruchs auf Leintuch­be­stattung ebenso wenig wie die Zugehörigkeit zu einer Religion, die eine sarglose Bestattung lediglich nicht verbietet. Hierin liege auch keine nach Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes verbotene Ungleich­be­handlung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen. Der Sargzwang gelte vielmehr grundsätzlich für jedermann unabhängig von der Religion. Soweit die Ausnah­me­vor­schrift an das Bestehen einer als verpflichtend empfundenen Glaubensregel anknüpfe, liege hierin keine unzulässige Diskriminierung wegen religiöser Anschauungen. Es handle sich vielmehr um eine sachlich gerechtfertigte Abgrenzung zu bloßen individuellen Wunsch­vor­stel­lungen.

Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe/ra-online (pm/kg)

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