23.11.2024
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Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss06.02.2009

Polizeiliches Verbot der Sterbehilfe vorläufig weiter wirksamSuizid­be­gleitung ist kein erlaubtes Gewerbe

Das Verwal­tungs­gericht Hamburg hat entschieden, dass das gegen den früheren Hamburger Justizsenator Dr. Roger Kusch ausgesprochene Verbot, Sterbehilfe zu leisten, vorläufig wirksam ist. Damit ist es ihm bis zu einer Entscheidung über seine Klage gegen die Verbots­ver­fügung untersagt, die von ihm praktizierte Suizid­be­gleitung fortzusetzen.

Die Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg hatte dem Antragsteller Dr. Kusch am 27. November 2008 jegliche Form der Sterbehilfe untersagt. Gegen diese Verfügung hat er inzwischen Klage erhoben und in einem Eilverfahren die vorläufige Suspendierung des Verbots beantragt. Diesen Antrag hat das Verwal­tungs­gericht abgelehnt.

Verbots­ver­fügung ist rechtmäßig

Die Verbots­ver­fügung sei nicht zu beanstanden. Die Polizei sei hier wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Arznei­mit­tel­gesetz zuständig gewesen, unaufschiebbare Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr weiterer begleiteter Suizide zu ergreifen.

Sozial unwertige und gemein­schafts­schädliche Tätigkeiten sind verboten - Kein Schutz durch Grundrecht des Berufswahl

Der Antragsteller betreibe als Suizidbegleiter kein erlaubtes Gewerbe. Sozial unwertige und gemein­schafts­schädliche Tätigkeiten seien verboten. Sie seien durch das Grundrecht auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht geschützt. Zwar sei die Beihilfe zur Selbsttötung nicht strafbar. Hier gehe es aber um die sozial unwertige Kommer­zi­a­li­sierung des Sterbens durch Beihilfe zum Suizid gegen Entgelt. Der Antragsteller biete zum Selbstmord bereiten Personen gegen ein Honorar von 8000 € ein Dienst­leis­tungspaket an, um ihnen die Selbsttötung zu erleichtern. Er leiste konkrete Hilfe, die erforderliche tödliche Mischung verschrei­bungs­pflichtiger Medikamente zu beschaffen. Dadurch würden die Schutz­vor­schriften des Arznei­mit­tel­ge­setzes unterlaufen.

Existentielle Not lebensmüder Menschen darf wirtschaftlich nicht ausgenutzt werden

Diese Form der Sterbehilfe widerspreche den allgemein anerkannten moralischen und sittlichen Wertvor­stel­lungen und dem Menschenbild des Grundgesetzes. Diese ließen es nicht zu, die existentielle Not lebensmüder Menschen wirtschaftlich oder zum Zwecke gesell­schaft­licher Provokation auszunutzen. Es gehe gerade nicht um die in großen Teilen der Öffentlichkeit positiv bewertete und diskutierte Sterbehilfe in Einzelfällen, in denen Nahestehende oder behandelnde Ärzte aufgrund humanitärer karitativer Zuwendung Schwers­ter­krankte erlösten. Dr. Kusch wende sich nicht nur an den Personenkreis der Todkranken oder Schwerst­lei­denden, sondern an jeden, der sein Leben beenden möchte und dafür Unterstützung suche.

Öffentliche Sicherheit ist gefährdet

Die fortgesetzte Suizi­d­un­ter­stützung durch den Antragsteller gefährde die öffentliche Sicherheit. Generell sei die Polizei verpflichtet, Selbstmorde zu unterbinden, auch wenn sie die im Selbstmord zum Ausdruck kommende persönliche Grenzent­scheidung eines Menschen zu respektieren habe. An der Selbsttötung hindere das gegen den Antragsteller ausgesprochene Verbot niemanden. Es sei aber zu befürchten, dass ohne das Verbot das Leben von Menschen gefährdet sei, die vor diesem unumkehrbaren Schritt zurückscheuen würden, wenn sie ohne die vom Antragsteller angebotenen Erleichterungen beim Suizid allein auf sich gestellt wären.

Die Antragsgegnerin als örtlich für Hamburg zuständige Polizeibehörde dürfe es dem Antragsteller verbieten, in Hamburg sein Dienst­leis­tungs­angebot der Suizid­be­gleitung konkret zu koordinieren und einzuleiten. Hamburg sei der Wohnort des Antragstellers und von hier aus biete er die verbotenen Dienste an.

Quelle: ra-online, VG Hamburg

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