15.11.2024
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Dokument-Nr. 5835

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Urteil26.02.2008Verwaltungsgericht Göttingen3 A 277/07
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Verwaltungsgericht Göttingen Urteil26.02.2008

Beihil­fe­re­ge­lungen für Beamte weiterhin ohne RechtsgrundlageDienstherr muss Aufwendungen für ärztliche Leistungen in voller Höhe erstatten

Das Verwal­tungs­gericht Göttingen hat die derzeitigen Beihil­fe­re­ge­lungen für (Bundes-) Beamte als mit höherrangigem Recht unvereinbar erklärt.

Geklagt hatte ein ehemaliger Bundesbeamter, der als Versor­gungs­emp­fänger beihil­fe­be­rechtigt ist. Beihilfe ist die finanzielle Beteiligung des Dienstherrn an den den Beamten entstehenden Krank­heits­kosten als Teil der ihnen zustehenden Alimentation. Der Beamte wandte sich dagegen, dass sein ehemaliger Dienstherr von den entstandenen Krank­heits­kosten einen sog. Eigenbehalt von 10,00 Euro für die jeweils erste Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung in einem Quartal abgezogen hatte. Diese auf § 12 Abs. 1 Satz 2 der Beihil­fe­ver­ordnung beruhende Kürzung entspricht der sog. Praxisgebühr, die gesetzlich kranken­ver­si­cherte Bürger zu zahlen haben. Bei der Beihil­fe­ver­ordnung handelt es sich lediglich um - bundesweit einheitliche - verwal­tungs­interne Anweisungen an die jeweiligen Beihilfestellen. Sie finden entsprechende Anwendung auch auf Landesbeamte. 

Die für das Beamtenrecht zuständige 3. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Göttingen hat die Bundes­fi­nanz­di­rektion Nord als zuständige Versor­gungs­stelle verpflichtet, dem Kläger weitere 20,00 Euro Beihilfe (für zweimal abgezogene Eigenbehalte in Höhe von je 10,00 Euro) zu bewilligen. Wesentliches Argument hierfür war, dass dem von § 12 der Beihil­fe­ver­ordnung vorgesehene Einbehalt eines Eigenanteils entsprechend der Praxisgebühr die rechtliche Grundlage fehle. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht habe mit Urteil vom 17.06.2004 die Beihil­fe­vor­schriften für rechtswidrig erklärt. Zur Begründung habe es angeführt, dass wegen der Bedeutung dieser Vorschriften für eine amtsangemessene Alimentation der Beamten und ihrer Familien die wesentlichen Entscheidungen zum Beihilferecht vom parla­men­ta­rischen Gesetzgeber selbst geschaffen werden müssten und nicht bloß verwal­tungs­intern geregelt werden dürften. Trotz dieses Defizits sei für eine Übergangszeit von einer Weitergeltung der verwal­tungs­in­ternen Beihil­fe­vor­schriften auszugehen, damit Leistungen im Krankheits- oder sonstigen Beihilfefall nach einem einheitlichen Handlungs­programm erbracht werden könnten. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht gab dem Gesetzgeber auf, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums seiner Normie­rungs­pflicht nachzukommen. Bis heute fehlt jedoch jede gesetzliche Grundlage für das Beihilferecht. Das Verwal­tungs­gericht hat in seiner Entscheidung diesen überschaubaren Zeitraum spätestens mit Ablauf des 30.09.2006 als beendet angesehen. Das sei der Zeitraum, innerhalb dessen der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts aus dem Jahre 2004 gesetzliche Regelungen des Beihilferechts hätte in Kraft setzen können und müssen. Da eine Kürzung der Beihilfe unzulässig sei, müsse der Dienstherr die Aufwendungen für ärztliche Leistungen in voller Höhe erstatten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Göttingen vom 01.04.2008

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