Dokument-Nr. 778
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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil20.10.2004
Urlaub statt Schule?
Mit dieser Frage hatte sich das Verwaltungsgericht Freiburg auf die Klage zweier Eltern hin zu befassen. Das Gericht hat sie mit Urteil vom 20.10.2004 verneint und die Klagen abgewiesen.
I. Der Entscheidung liegt folgende Vorgeschichte zu Grunde: Im Sommer 2003 beantragten die Kläger, ihre Töchter für die vor den Weihnachtsferien liegende Woche vom Besuch der Grundschule zu beurlauben. Nachdem dieser Antrag vom Schulrektor abgelehnt worden war, nahmen sie ihre Töchter sogar für zwei Wochen aus dem Unterricht.
II. Die Kläger haben zunächst gegenüber dem Oberschulamt Freiburg und dann vor Gericht den ihrer Ansicht nach bestehenden Anspruch auf eine Beurlaubung ihrer Kinder weiterverfolgt und geltend gemacht: Die Unterrichtsbefreiung sei zu dem Zweck beantragt worden, mit den Kindern eine Reise nach Neuseeland zu unternehmen. Da Neuseeland auf der Südhalbkugel der Erde liege, komme nur eine Reise während der Wintermonate in Betracht. Mit dem Wunsch, ihren Kindern diesen Teil der Welt zu zeigen, nähmen die Kläger ihr natürliches Elternrecht wahr. Die Frage, wann, wohin, mit wem und wie lange sie und ihre Kinder verreisten, sei ausschließlich von ihnen zu entscheiden. Es könne schwerlich richtig sein, dass die Schule den Kindern eine Erfahrung verwehren wolle, die sie ihnen selbst nicht ermöglichen könne. Bei der Reise habe es sich zu einem großen Teil um eine Bildungsreise gehandelt. Vor Ort hätten sie u.a. hier nicht lebende Land- und Wassertiere sowie Vögel entdeckt. Auch der südliche Sternenhimmel habe Anlass zu entsprechender Erörterung und Betrachtung geboten. Schließlich seien die Kultur, das Brauchtum, die Sprache und die Musik der ersten Siedler in Neuseeland, der Maori, kennen zu lernen gewesen. Es gebe keine vertretbare Möglichkeit, diese Reise während der regulären Ferienzeiten zu unternehmen.
III. Das Gericht ist der Argumentation der Kläger nicht gefolgt: Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag und die zu seiner Konkretisierung erlassene allgemeine Schulpflicht beschränken in zulässiger Weise das elterliche Erziehungsrecht. Zu diesem Auftrag gehört u.a. die Befugnis zur Planung und Organisation des Schulwesens. Die Argumentation der Kläger ist möglicherweise von der Vorstellung getragen, die Schule müsse so organisiert sein, wie es ihren Urlaubsplänen entspricht. Ein solches Recht gibt ihnen das Grundgesetz aber nicht. Auch ein wichtiger persönlicher Grund, der eine Beurlaubung rechtfertigen würde, liegt im Falle der Kläger nicht vor. Der Wunsch der Kläger, mit ihren Kindern zum Teil außerhalb der Weihnachtsferien einen längeren Urlaub in Neuseeland zu verbringen, ist offenkundig nicht von vergleichbarem Gewicht wie die in der Schulbesuchsverordnung sonst genannten Gründe wie z.B. Todesfälle in der Familie, Wohnungswechsel oder die schwere Erkrankung von zum Haushalt gehörenden pflegebedürftigen Familienmitgliedern. Beurlaubungsgründe müssen ein erhebliches Gewicht haben und können nur in Einzelfällen ausgesprochen werden. Der Wunsch der Kläger, mit ihren Kindern auch außerhalb der Schulfeien Urlaub an weit entfernten Reisezielen zu machen, dürfte jedoch vielen Eltern gemeinsam sein.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim kann innerhalb eines Monats Zulassung der Berufung beantragt werden.
Erläuterungen
Nachtrag: siehe Entscheidung des VGH Baden-Württemberg: Schulbesuchspflicht geht Urlaubswunsch vor© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.01.2005
Quelle: Pressemitteilung des VG Freiburg vom 26.10.2004
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