21.11.2024
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Dokument-Nr. 6096

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil16.04.2008

Sportwetten-Monopol in Baden-Württemberg ist europa­rechts­widrigNicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienst­leis­tungs­freiheit

Das vom Land Baden-Württemberg aufgrund des Glückss­piel­staats­vertrags durch die Toto-Lotto GmbH ausgeübte staatliche Glückss­piel­monopol im Bereich der Sportwetten verstößt gegen Europarecht. Das entschied das Verwal­tungs­gericht Freiburg.

Geklagt hatten vier private Sport­wet­te­n­an­bieter gegen das Regie­rungs­prä­sidiums Karlsruhe, das ihnen die Vermittlung von Sportwetten an Sport­wet­ten­ver­an­stalter in Malta bzw. Österreich mit der Begründung untersagt hatte, dies sei wegen des staatlichen Sport­wet­ten­mo­nopols unerlaubt.

Zur Begründung führte das Gericht aus, das staatliche Sport­wet­ten­monopol stelle eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienst­leis­tungs­freiheit nach dem EG-Vertrag dar. Wegen des Anwen­dungs­vorrangs des Rechts der europäischen Gemeinschaft gegenüber dem nationalen Recht könne das Gericht selbst feststellen, dass der Glückss­piel­staats­vertrag deshalb keine Anwendung finde.

Der Glückss­piel­staats­vertrag verfolge bei verfas­sungs­kon­former Auslegung vorrangig das Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und Begrenzung der Spiel­lei­den­schaft. Das staatliche Sport­wet­ten­monopol sei aber in seiner derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung nicht geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen, da es die Wettätigkeiten nicht in der europarechtlich gebotenen Weise kohärent und systematisch begrenze. Eine bezifferte Obergrenze für die Zahl der Annahmestellen für die Oddset-Wetten gebe es nicht. Nach wie vor würden Oddsetwetten in einer nahezu unvermindert gebliebenen Vielzahl von Annahmestellen wie ein Gut des täglichen Lebens allerorts vor allem in Zeitschriften-, Tabak- und Lebens­mit­telläden sowie Tankstellen einem breiten Publikum angeboten und damit auch Kindern und Jugendlichen bekanntgemacht. Ein Vertrie­bs­konzept zur Begrenzung und Ausgestaltung der Annahmestellen liege nicht vor und sei in seiner Ausgestaltung dem Monopol­be­treiber selbst überlassen. Die privaten Betreiber der Annahmestellen erhielten umsatzabhängige Provisionen, hätten also ein großes Interesse, Kunden zu aquirieren. Die Glückss­pie­laufsicht sei nur minimal ausgestattet; nur zwei Personen seien im Regie­rungs­prä­sidium Karlsruhe für die Überwachung des staatlichen Monopolbetriebs und seiner 3.656 Annahmestellen zuständig. Die inhaltlichen Regelungen für die zulässige Werbung seien nur sehr allgemein gehalten. Werbung für Oddset sei zwar im Fernsehen, Internet und über Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­anlagen verboten, jedoch nach wie vor in großer Bandbreite über Radiospots, Werbetafeln, Printmedien, Zeitungs­an­zeigen und Postwurf­sen­dungen möglich. Auch die Suchtprävention weise qualitative Mängel auf. Es fehle eine Regelung unter welchen Voraussetzungen es überhaupt zu einer Spielersperre komme. Das Land habe auch keine einzige Verhängung einer Spielersperre benennen können. Nur etwa ein Drittel der Annah­me­stel­len­be­treiber sei bisher überhaupt hinsichtlich Suchtgefahren geschult worden. Die Ausgestaltung des Sozialkonzepts sei dem Monopolbetrieb selbst überlassen. Der vorgesehene Fachbeirat zur Suchtprävention existiere offensichtlich noch nicht.

Im Übrigen sei das Sport­wet­ten­monopol auch unver­hält­nismäßig, nämlich zur Durchsetzung der Ziele der Spiel­sucht­be­kämpfung und Begrenzung der Wetttätigkeit nicht erforderlich. Das Land habe nicht dargelegt, dass nicht auch ein System der Erteilung eines begrenzten Kontingents von Konzessionen an private Sport­wet­te­n­an­bieter gekoppelt mit strengen Verhal­tens­an­for­de­rungen zur Bekämpfung der Spiel­sucht­ge­fahren den gleichen Erfolg haben würde.

Aus den genannten Gründen verstoße das Sport­wet­ten­monopol schließlich auch gegen die wettbe­wer­bs­recht­lichen Anforderungen des EG-Vertrags.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 09.05.2008

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