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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss20.08.2007
Versorgungsabschlag bei Teilzeitbeschäftigung wegen Verletzung des Gleichheitssatzes verfassungswidrig?Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht
Der Versorgungsabschlag bei Teilzeitbeschäftigung ist nach Auffassung des Verwaltungsgericht Frankfurt wegen Verletzung des Gleichheitssatzes verfassungswidrig.
Die Klägerin ist beamtete Lehrerin im Ruhestand und erhält Versorgungsbezüge unter Anwendung eines Versorgungsabschlages wegen Teilzeitbeschäftigung. Die im Rahmen ihrer Versorgung nicht voll berücksichtigten Zeiten beziehen sich auf den Zeitraum bis zum 17.05.1990. Aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots entfällt der Versorgungsabschlag nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erst ab dem 17.05.1990 bei Anwendung der degressiven Ruhegehaltstabelle auf Teilzeitbeschäftigte, weil in den weitaus meisten Fällen Frauen von der Kürzung ihrer Versorgungsbezüge durch den Versorgungsabschlag betroffen sind.
Für Dienstzeiten vor diesem Stichtag, also vor dem 17.05.1990 sieht die für das Beamtenrecht zuständige 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main die übergangsweise fortgeltenden Regelungen zum Versorgungsabschlag als mit dem Gleichheitssatz von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar an. Die Kammer hat daher im Rahmen der Entscheidung einen Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG gefasst, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der vorgenannten Frage einzuholen.
Zur Begründung hat die 9. Kammer ausgeführt, dass Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Diskriminierungen wegen des Geschlechts in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbiete. Eine mittelbare Diskriminierung liege vor, wenn sich die Ungleichbehandlung aus Regelungen ergebe, die nicht an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht anknüpfe, wohl aber an Umstände, die ein bestimmtes Geschlecht typischerweise aufgrund seiner Lebenssituation stärker treffe und benachteilige als andere. Diskriminierend seien also Regelungen, die zwar ihrerseits geschlechtsneutral formuliert und deshalb auf Frauen und Männer gleichermaßen anzuwenden seien, tatsächlich jedoch aus Gründen, die auf dem Geschlecht beruhten, erheblich mehr Frauen als Männer nachteilig träfen. Dies sei schon dann zu bejahen, wenn eine erheblich höhere Zahl von Angehörigen eines bestimmten Geschlechts von einer Maßnahme oder Reglung betroffen sei, es sei denn, die Maßnahme oder Regelung sei durch objektive Gründe gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hätten. Daraus folge, dass vorliegend der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung erfüllt sei. Denn der Versorgungsabschlag, der bei der Bestimmung des maßgeblichen Ruhegehaltssatzes im Hinblick auf die genannten Vorschriften zu berücksichtigen sei, wirke sich bei Teilzeitbeschäftigten versorgungsmindernd aus. Aus allen vorliegenden Erhebungen gehe jedoch eindeutig hervor, dass der Anteil männlicher Teilzeitbeschäftigter an den Beschäftigten in der Hessischen Landesverwaltung wesentlich geringer sei als derjenige der weiblichen Teilzeitbeschäftigten. Die teilzeitbedingte Benachteiligung von Frauen in der Beamtenversorgung sei auch nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Haushaltspolitische Erwägungen oder das Ziel, öffentliche Ausgaben zu begrenzen, seien jedenfalls nicht geeignet eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts zu rechtfertigen. Die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Vorschrift sei auch nicht im Hinblick auf den Umstand anders zu beurteilen, dass es sich bei der Regelung um eine bloße Übergangsvorschrift handele.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.10.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 20/07 des VG Frankfurt am Main vom 02.10.2007
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