15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil11.11.2008

Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) muss keine Auskunft nach dem Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz erteilen

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Verpflichtung der Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) ihm Akteneinsicht in die in Zusammenhang mit Verzögerungen bei der Fertigstellung des Großraum­flug­zeuges A380 geführten Untersuchungen wegen möglicher Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandels und wegen möglicher Verstöße gegen § 15 Wertpa­pier­han­dels­gesetz (WpHG) zu gewähren.

Der Kläger hatte mit Schreiben vom 14.09.2006 bei der Beklagten u.a. die Beantwortung mehrerer Fragen über den Stand der Untersuchungen im Zusammenhang mit Verzögerungen bei der Fertigstellung des Großraum­flug­zeuges A380, über insoweit von ihr festgestellte Fehler, insbesondere evtl. festgestellte Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandels und/oder Ad-hoc- Publi­zi­täts­pflichten und über gegenüber der Beigeladenen, der European Aeronautic Defense and Space Company (EADS), getroffene Maßnahmen begehrt. Weiterhin wünschte er Akteneinsicht durch Übersendung einer vollständigen Kopie der Vorgangsakten.

Die Beklagte gab dem Auskunfts­be­gehren mit Bescheid vom 06.11.2006 teilweise statt und teilte mit, dass sie im Zusammenhang mit Verzögerungen bei der Fertigung des Airbus 380 wegen möglicher Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandels ermittele. Die Untersuchungen dauerten an. Ein darüber hinausgehender Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch wurde abgelehnt. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Wider­spruchs­be­scheid vom 15.05.2007 zurückwies.

Der Kläger hat am 12.06.2007 Klage erhoben und sein Auskunfts­be­gehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf die Ausnah­me­vor­schrift von § 3 Nr. 1d Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz (IFG) berufen könne, wonach ein Anspruch auf Infor­ma­ti­o­ns­zugang nicht bestehe, bei Ausübung von Kontroll- oder Aufsichts­aufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulie­rungs­be­hörden. Bei der Beklagten handele es sich nicht um eine „Finanz-„ oder sonstige Behörde im Sinne dieser Vorschrift. Zumindestens müsse die Beklagte konkret darlegen inwieweit das Bekanntwerden der begehrten Informationen tatsächlich nachteilige Auswirkungen auf ihre Kontroll- und Aufsichts­aufgaben haben könne. Auch der Ausnah­me­tat­bestand von § 3 Nr. 7 IFG, wonach bei vertraulich erhobenen oder übermittelten Informationen soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Infor­ma­ti­o­ns­vorgang noch fortbestehe, kein Anspruch gegeben sei, könne dem Auskunfts­be­gehren nicht entgegen gehalten werden. Soweit sich die Beklagte insoweit zur Begründung der Verweigerung von Informationen auf den Schutz von „whistleblowers“ berufe, ziele dieser Ausschluss­tat­bestand auf Angaben zu den Hinweisgebern selbst und erstrecke sich nicht auf die von diesen vertraulich übermittelten Informationen. Auch auf § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 WpHG könne sich die Beklagte im Hinblick auf die dort angeführten besonderen Verschwie­gen­heits­pflichten nicht berufen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift gelte die Verschwie­gen­heits­pflicht und das Verwer­tungs­verbot insoweit nur für die bei der Beklagten Beschäftigten sowie für die durch sie beauftragten Personen, die durch dienstliche Berich­t­er­stattung Kenntnis von den Tatsachen erhielten und nicht für die Beklagte selbst. Auch stehe letztlich eine inzwischen eingetretene Zustän­dig­keit­s­än­derung zum 20.01.2007 durch das Trans­pa­renz­richt­linien- Umset­zungs­gesetz dem Anspruch nicht entgegen. Die von ihm zur Auskunft gestellten Vorgänge lägen in Zeiträumen vor Inkrafttreten dieser gesetzlichen Neuregelung.

Die Beklagte weist darauf hin, dass die vorliegenden Infor­ma­ti­o­ns­anträge ausschließlich im Sinne des persönlichen Eigennutzes gestellt würden und nach ihrem Verständnis weder der Stärkung der demokratischen Bürger­be­tei­ligung dienten noch die Transparenz staatlichen Handelns förderten und auch nicht die Teilnahme am politischen Leben unterstützen. Diese Zweckbestimmung habe der Gesetzgeber aber bei der Verabschiedung des IFG ausweislich der Geset­zes­be­gründung vor Augen gehabt. Das IFG verfolge eben nicht das Ziel, dass Bürger unter Berufung auf das IFG Informationen einer (Aufsichts-)behörde über eine dritte Person abschöpfen könnten, um dann ihre Chancen in einer zivil­recht­lichen Ausein­an­der­setzung mit eben dieser Person zu verbessern. Im Übrigen habe sie im angefochtenen Bescheid sowie im Wider­spruchs­be­scheid mitgeteilt, dass ein laufendes Verfahren unter einem bestimmten Aktenzeichen anhängig sei. Nun sei dieses Unter­su­chungs­ver­fahren abgeschlossen und wegen des Verdachts auf verbotenen Insiderhandel mit EADS-Aktien bei der Staats­an­walt­schaft München Anzeige erstattet worden. Die Beklagte sei nach der Abgabe an die Staats­an­walt­schaft über die vorgenannten Informationen nicht mehr verfü­gungs­be­rechtigt. Nur die Staats­an­walt­schaft sei im Rahmen ihrer jetzigen Allein­zu­stän­digkeit verfü­gungs­be­rechtigt. Darüber hinaus stünde auch § 3 Nr. 1 g IFG dem beantragten Infor­ma­ti­o­ns­zugang entgegen. Nach dieser Vorschrift sei der Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit bestehe, dass das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung straf­recht­licher Ermittlungen haben könne. Denn gerade bei der Bekanntgabe von Informationen aus Insider­ver­fahren bestehe die Gefahr der Straf­ver­ei­telung. Die Beigelade EADS ist der Ansicht, dass die gesetzliche Geheim­hal­tungs­pflicht nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 8 WPHG dem Auskunfts­an­spruch entgegenstehe. Die Beigeladene habe keine Einwilligung zur Offenlegung ihrer Betriebs- und Geschäfts­ge­heimnisse erteilt und werde diese auch nicht erteilen, da die konkrete Gefahr der Weitergabe von Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nissen an Dritte bestehe.

Die für Verfahren nach dem Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz zuständige 7. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt nach § 3 Nr. 1g IFG bestehe ein Auskunfts­an­spruch nicht wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung straf­recht­licher Ermittlungen haben könne. Diese Voraussetzungen seien angesichts der Mitteilung der Staats­an­walt­schaft München gegeben, wonach eine Akteneinsicht zum jetzigen Zeitpunkt den Unter­su­chungszweck gefährden würde.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/08 des VG Frankfurt am Main vom 11.11.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6970

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI