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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss09.03.2006
Verwaltungsgericht gibt vorläufiger Zulassung zum Zahnmedizinstudium stattVG errechnet 22 weitere Plätze im Studiengang Zahnmedizin an Frankfurter Uni
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat den Anträgen von 22 Bewerbern auf vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin stattgegeben, weil es freie Kapazitäten der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main für das Wintersemester 2005/2006 errechnete.
Die Lehreinheit Zahnmedizin der Frankfurter Universität (Antragsgegnerin) hatte für das Wintersemester 2005/2006 100 Studienanfängerplätze besetzt. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main errechnete in dem 28-seitigen Beschluss eine Zulassungsmöglichkeit für 122 Studierende. 93 Studienanfänger hatten bei Gericht einen Eilantrag gestellt, dem in der Weise stattgegeben wurde, dass die Antragsgegnerin unter diesen – mit Ausnahme dreier Studienbewerber, die die Zulassungsfrist versäumt hatten – die Rangplätze 1-22 zu verlosen hat und die ausgelosten Bewerber von der Möglichkeit, sich nachträglich zu immatrikulieren, schriftlich zu unterrichten hat. Falls einzelne der verlosten Studienplätze unbesetzt bleiben sollten, rücken die nachrangigen Antragstellerinnen und Antragsteller in der Rangfolge des Auslosungsergebnisses nach.
Das Gericht führt zur Begründung aus, es könne nicht mehr wie in früheren Jahren vom abstrakten Stellenprinzip ausgehen, nach welchem bei der Ermittlung des Lehrangebotes von der Zahl der Personalstellen im verbindlichen Stellenplan und der auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen ausgegangen worden war. Nach Auskunft der Antragsgegnerin existiere seit vier Jahren kein Haushaltsplan der Hochschule mehr, der eine bestimmte Anzahl von Stellen für die Lehreinheit Zahnmedizin vorsehen würde. Seit der rechtlichen Verselbständigung der Universitätskliniken im Jahre 2000 und der haushaltsrechtlichen Eingliederung des Fachbereichs Medizin in die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main wirtschaftet die Hochschule nach dem Prinzip der Budgetierung. Die Lehreinheit Zahnmedizin erhalte von der Universität über den Fachbereich Medizin, bzw. soweit sie Stiftungscharakter habe, auch vom Land direkt, ein eigenes Budget, aus dem sie sämtliche Ausgaben zu bestreiten hat. Wie sie die Gelder auf die verschiedenen Kostengruppen – also etwa auf Sachmittel oder Personal – aufteile, sei ihre Sache. Der Stellenplan entfalte keine normierende Wirkung für die Stellenbesetzung mehr. Tatsächlich würden nach den Ermittlungen des Gerichts in der Lehreinheit Zahnmedizin Personalentscheidungen nicht auf der Grundlage einer umfassenden, schriftlich niedergelegten Personalplanung, sondern nur noch ad hoc nach Bedarf und gerade zur Verfügung stehenden Mitteln betroffen. Wörtlich heißt es in diesem Zusammenhang in dem Beschluss:
„Der Verordnungsgeber hat die Kapazitätsverordnung bisher nicht an die neuen haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen angepasst, obwohl sich die Frage aufdrängt, ob das Stellen-Soll-Prinzip des § 8 Kapazitätsverordnung in einer Situation ohne normierte Stellenausstattung noch ein taugliches Instrument zur Kapazitätsermittlung sein kann. Über eine sich der veränderten Rechtswirklichkeit stellende Normierung der Kapazitätsermittlung, wie sie mit dem Kostenormwertverfahren angedacht ist, ist noch keine politische Einigung erzielt worden. Für eine eigenständige gerichtliche Kapazitätsermittlung mit Hilfe einer Kostenbetrachtung fehlen die tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen.“
Nach Auffassung des Gerichts brauchte es im vorliegenden Beschluss dennoch keine Entscheidung darüber zu treffen, ob der funktionslos gewordene frühere Stellenplan fortgeschrieben werden muss bzw. eine sonstige Normierung der Stellenausstattung zu fordern ist, wie dies vom Verwaltungsgericht Göttingen in einem Beschluss vom 14.12.2004 verlangt worden war, oder ob für die Kapazitätsberechnung von den tatsächlich besetzten Stellen auszugehen ist, wie die Antragsgegnerin meint. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes ist nämlich die von der Antragsgegnerin vorgelegte Berechnung auch dann zu beanstanden, wenn die reale Stellensituation zum Maßstab erhoben wird. Insbesondere rügt das Gericht das Fehlen der aus rechtsstaatlichen Gründen zu fordernden Transparenz der von der Antragsgegnerin vorgelegten Berechnung. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Antragsgegnerin das verfassungsrechtliche Gebot der Kapazitätsausschöpfung, welche sich auch an die Wissenschaftsverwaltung, insbesondere die Hochschulverwaltung richte, nicht hinreichend berücksichtigt habe. Dieses sei aber auch beim kapazitätsverringernden Stellenabbau, welchen die Antragsgegnerin aus Kostengründen für erforderlich hält, mit dem ihm zukommenden besonderen verfassungsrechtlichen Gewicht zu berücksichtigen, weil es um die „Verteilung von Lebenschancen“ gehe, wenn das Zugangsrecht der Hochschulbewerber unverhältnismäßig beschränkt werde. Auch beim Personalabbau müsse nämlich im Auge behalten werden, dass sich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, welcher das beschließende Gericht folge, der Numerus clausus am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren bewege. Dazu führt das Gericht u.a. wörtlich aus:
„Die bisherigen Ausführungen der Antragsgegnerin zum Stellenmanagement in der Lehreinheit Zahnmedizin deuten jedoch auf Abwägungsdefizite bei Stellenstreichungen im Hinblick auf die berechtigten Interessen der Studienbewerber hin. …….Wie es den Anschein hat, hat die Lehreinheit ihre Kapazität einseitig mit dem Ziel einer Kapazitätsverringerung berechnet.“
Einzelne Teile der vorgelegten Berechnung des Lehrangebotes hält das Gericht für „nicht verifizierbar“ bzw. „nicht nachvollziehbar“. Die Antragsgegnerin könne sich nicht einerseits auf den Standpunkt stellen, sie könne losgelöst von den Vorgaben der Kapazitätsverordnung nur mit realer Arbeitskraft rechnen, andererseits aber reale Zuwächse an Arbeitskraft als irrelevant behandeln. Die Kammer habe Zweifel daran, ob die vorhandenen Kapazitäten der Lehreinheit umfassend offen gelegt worden seien. Auch die weitere Behauptung der Lehreinheit, sie sei chronisch unterfinanziert, sei nicht aussagekräftig belegt. Insgesamt habe das Gericht den Eindruck, dass die wirklichen Ausbildungsressourcen der Lehreinheit nicht transparent seien.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/06 des VG Frankfurt am Main vom 29.03.2006
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