21.11.2024
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Dokument-Nr. 2275

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss09.03.2006

Verwal­tungs­gericht gibt vorläufiger Zulassung zum Zahnme­di­zin­studium stattVG errechnet 22 weitere Plätze im Studiengang Zahnmedizin an Frankfurter Uni

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat den Anträgen von 22 Bewerbern auf vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin stattgegeben, weil es freie Kapazitäten der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main für das Wintersemester 2005/2006 errechnete.

Die Lehreinheit Zahnmedizin der Frankfurter Universität (Antragsgegnerin) hatte für das Wintersemester 2005/2006 100 Studi­e­n­an­fän­ger­plätze besetzt. Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main errechnete in dem 28-seitigen Beschluss eine Zulas­sungs­mög­lichkeit für 122 Studierende. 93 Studienanfänger hatten bei Gericht einen Eilantrag gestellt, dem in der Weise stattgegeben wurde, dass die Antragsgegnerin unter diesen – mit Ausnahme dreier Studienbewerber, die die Zulassungsfrist versäumt hatten – die Rangplätze 1-22 zu verlosen hat und die ausgelosten Bewerber von der Möglichkeit, sich nachträglich zu immatrikulieren, schriftlich zu unterrichten hat. Falls einzelne der verlosten Studienplätze unbesetzt bleiben sollten, rücken die nachrangigen Antrag­stel­le­rinnen und Antragsteller in der Rangfolge des Auslo­sungs­er­geb­nisses nach.

Das Gericht führt zur Begründung aus, es könne nicht mehr wie in früheren Jahren vom abstrakten Stellenprinzip ausgehen, nach welchem bei der Ermittlung des Lehrangebotes von der Zahl der Personalstellen im verbindlichen Stellenplan und der auf diese Stellen entfallenden Regel­lehr­ver­pflich­tungen ausgegangen worden war. Nach Auskunft der Antragsgegnerin existiere seit vier Jahren kein Haushaltsplan der Hochschule mehr, der eine bestimmte Anzahl von Stellen für die Lehreinheit Zahnmedizin vorsehen würde. Seit der rechtlichen Verselb­stän­digung der Univer­si­täts­kliniken im Jahre 2000 und der haushalts­recht­lichen Eingliederung des Fachbereichs Medizin in die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main wirtschaftet die Hochschule nach dem Prinzip der Budgetierung. Die Lehreinheit Zahnmedizin erhalte von der Universität über den Fachbereich Medizin, bzw. soweit sie Stiftung­s­cha­rakter habe, auch vom Land direkt, ein eigenes Budget, aus dem sie sämtliche Ausgaben zu bestreiten hat. Wie sie die Gelder auf die verschiedenen Kostengruppen – also etwa auf Sachmittel oder Personal – aufteile, sei ihre Sache. Der Stellenplan entfalte keine normierende Wirkung für die Stellen­be­setzung mehr. Tatsächlich würden nach den Ermittlungen des Gerichts in der Lehreinheit Zahnmedizin Perso­na­l­ent­schei­dungen nicht auf der Grundlage einer umfassenden, schriftlich niedergelegten Personalplanung, sondern nur noch ad hoc nach Bedarf und gerade zur Verfügung stehenden Mitteln betroffen. Wörtlich heißt es in diesem Zusammenhang in dem Beschluss:

„Der Verord­nungsgeber hat die Kapazi­täts­ver­ordnung bisher nicht an die neuen haushalts­recht­lichen Rahmen­be­din­gungen angepasst, obwohl sich die Frage aufdrängt, ob das Stellen-Soll-Prinzip des § 8 Kapazi­täts­ver­ordnung in einer Situation ohne normierte Stelle­n­ausstattung noch ein taugliches Instrument zur Kapazi­täts­er­mittlung sein kann. Über eine sich der veränderten Rechts­wirk­lichkeit stellende Normierung der Kapazi­täts­er­mittlung, wie sie mit dem Koste­n­orm­wert­ver­fahren angedacht ist, ist noch keine politische Einigung erzielt worden. Für eine eigenständige gerichtliche Kapazi­täts­er­mittlung mit Hilfe einer Kosten­be­trachtung fehlen die tatsächlichen Entschei­dungs­grundlagen.“

Nach Auffassung des Gerichts brauchte es im vorliegenden Beschluss dennoch keine Entscheidung darüber zu treffen, ob der funktionslos gewordene frühere Stellenplan fortgeschrieben werden muss bzw. eine sonstige Normierung der Stelle­n­ausstattung zu fordern ist, wie dies vom Verwal­tungs­gericht Göttingen in einem Beschluss vom 14.12.2004 verlangt worden war, oder ob für die Kapazi­täts­be­rechnung von den tatsächlich besetzten Stellen auszugehen ist, wie die Antragsgegnerin meint. Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtes ist nämlich die von der Antragsgegnerin vorgelegte Berechnung auch dann zu beanstanden, wenn die reale Stellen­si­tuation zum Maßstab erhoben wird. Insbesondere rügt das Gericht das Fehlen der aus rechts­s­taat­lichen Gründen zu fordernden Transparenz der von der Antragsgegnerin vorgelegten Berechnung. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Antragsgegnerin das verfas­sungs­rechtliche Gebot der Kapazi­täts­aus­schöpfung, welche sich auch an die Wissen­schafts­ver­waltung, insbesondere die Hochschul­ver­waltung richte, nicht hinreichend berücksichtigt habe. Dieses sei aber auch beim kapazi­täts­ver­rin­gernden Stellenabbau, welchen die Antragsgegnerin aus Kostengründen für erforderlich hält, mit dem ihm zukommenden besonderen verfas­sungs­recht­lichen Gewicht zu berücksichtigen, weil es um die „Verteilung von Lebenschancen“ gehe, wenn das Zugangsrecht der Hochschul­be­werber unver­hält­nismäßig beschränkt werde. Auch beim Personalabbau müsse nämlich im Auge behalten werden, dass sich nach Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, welcher das beschließende Gericht folge, der Numerus clausus am Rande des verfas­sungs­rechtlich Hinnehmbaren bewege. Dazu führt das Gericht u.a. wörtlich aus:

„Die bisherigen Ausführungen der Antragsgegnerin zum Stellen­ma­na­gement in der Lehreinheit Zahnmedizin deuten jedoch auf Abwägungs­de­fizite bei Stellen­strei­chungen im Hinblick auf die berechtigten Interessen der Studienbewerber hin. …….Wie es den Anschein hat, hat die Lehreinheit ihre Kapazität einseitig mit dem Ziel einer Kapazi­täts­ver­rin­gerung berechnet.“

Einzelne Teile der vorgelegten Berechnung des Lehrangebotes hält das Gericht für „nicht verifizierbar“ bzw. „nicht nachvollziehbar“. Die Antragsgegnerin könne sich nicht einerseits auf den Standpunkt stellen, sie könne losgelöst von den Vorgaben der Kapazi­täts­ver­ordnung nur mit realer Arbeitskraft rechnen, andererseits aber reale Zuwächse an Arbeitskraft als irrelevant behandeln. Die Kammer habe Zweifel daran, ob die vorhandenen Kapazitäten der Lehreinheit umfassend offen gelegt worden seien. Auch die weitere Behauptung der Lehreinheit, sie sei chronisch unterfinanziert, sei nicht aussagekräftig belegt. Insgesamt habe das Gericht den Eindruck, dass die wirklichen Ausbil­dungs­res­sourcen der Lehreinheit nicht transparent seien.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/06 des VG Frankfurt am Main vom 29.03.2006

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