18.10.2024
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Dokument-Nr. 7013

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil21.10.2008

Anrechnung eines Stiftungs­sti­pendiums auf BAföG rechtens

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat die Anrechnung eines Stipendiums des Nassauischen Zentral­stu­di­enfonds auf Leistungen nach dem BAföG als rechtmäßig erklärt.

Das Studentenwerk Frankfurt am Main, Beklagter, gewährte der Klägerin einer Studentin im Studiengang Medien­wirt­schaft an der Fachhochschule Wiesbaden u.a. für den Zeitraum Sommersemester 2006 bis zum Sommersemester 2007 Leistungen nach dem Bundes­aus­bil­dungs­för­de­rungs­gesetz (BAföG). In dieser Zeit erhielt die Klägerin auch ein Stipendium des Nassauischen Zentral­stu­di­enfonds von 1.000,-- Euro pro Semester. Der Beklagte rechnete diese Zahlungen auf die zu gewährenden BAföG-Leistungen an. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und brachte vor, dass die Finanzierung der Stiftungs­aufgaben nicht aus öffentlichen Haushalts­mitteln erfolge, sondern aus eigenen Mitteln erwirtschaftet werde.

Bei dem Stipendium handele es sich um eine Ausbil­dungshilfe, deren Zweck es sei, eine besondere Studienleistung zu belohnen. Die Stipendiaten müssten in jedem Semester für die Dauer der Bewilligung eine besondere Leistung erbringen, das heißt eine zusätzliche Arbeit anfertigen, eine zusätzliche Vorlesungsreihe besuchen oder eine zusätzliche Prüfung ablegen, die über die im Rahmen der Studienordnung zu fertigenden Arbeiten, Vorlesungen oder Prüfungen hinaus gingen. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück und führte aus, die Klägerin erhalte das Stipendium zum Zwecke der Durchführung ihres Studiums an der Fachhochschule Wiesbaden. Der Umstand, dass außer den allgemeinen Anforderungen an die Förde­rungs­wür­digkeit pro Semester eine besondere Studienleistung erbracht werden müsse, d. h. eine zusätzliche Arbeit, eine zusätzliche Vorlesungsreihe zu besuchen oder eine zusätzliche Prüfung abzulegen seien, könne nicht dazu führen, dass das Stipendium den Charakter einer Ausbil­dungs­beihilfe verliere. Dabei könne nicht übersehen werden, dass im Falle einer reinen "Belohnung" für eine besondere Studienleistung Leistung und Gegenleistung in keinem Verhältnis zueinander stünden. 1.000.- € für eine zusätzliche Arbeit, den Besuch einer zusätzlichen Vorlesungsreihe oder das Ablegen einer Prüfung dürfte wohl als unver­hält­nismäßig anzusehen sein. Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben und ergänzend vorgebracht, es handele sich nicht um Mittel, die der allgemeinen Lebensführung dienen sollten, sondern um eine Belobigung in Geldeswert. Nur unter dieser Prämisse habe sich die Klägerin auch um das Stipendium beworben.

Die für ausbil­dungs­för­de­rungs­rechtliche Verfahren zuständige 3. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt bei dem Stipendium handele es sich nicht um eine Ausbil­dungs­beihilfe. Das Stipendium werde zwar von einer öffentlich-rechtlichen Stiftung gewährt; für die Finanzierung würden jedoch keine Mittel öffentlicher Haushalte in Anspruch genommen. Diese würden vielmehr selbst erwirtschaftet. Das Stipendium stelle allerdings eine gleichartige Leistung dar. Gleichartig mit einer staatlichen Ausbil­dungshilfe seien derartige Leistungen dann, wenn sie nicht nur den gleichen Zweck verfolgten, sondern über die Zweckidentität hinaus auch gleicher Art wie die staatliche Ausbil­dungs­beihilfe seien. Dies schließe neben der allgemeinen Zweckrichtung der individuellen Ausbildung eine karitativ-gemeinnützige Zielrichtung ebenso ein wie eine von dieser Zielrichtung bestimmte, sie dokumentierende rechtliche Ausgestaltung der Leistung. Der Nassauische Zentral­stu­di­enfonds stelle eine Studienstiftung dar. Die Zweckrichtung des Stiftungsgebers beruhe darin, Studierenden, die im Gebiet des früheren Herzogtums Nassau geboren seien, bei - an bestimmten Einkom­mens­grenzen bei den Eltern bemessener - Bedürftigkeit einen Beitrag zur Finanzierung des Studiums zukommen zu lassen. Der Umstand, dass das Stipendium als Belobigung bezeichnet werde und eine zusätzliche neben den ohnehin zu absolvierenden Studien­leis­tungen zu erbringende Leistung voraussetze, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn mit dieser Sonderleistung - die etwa bereits im Besuch einer zusätzlichen Vorlesungsreihe zur Vertiefung des Studiums oder einem zusätzlichen Seminar bestehen könne - werde ersichtlich die karitativ-gemeinnützige Zielrichtung des Stipendiums nicht geändert. Es bestehe im Blick auf die Zusatzleistung auch kein qualitativ bedeutsamer Unterschied zu ausbil­dungs­för­de­rungs­rechtlich anrechenbaren Stipendien anderer Leistungsgeber, die die Mittelvergabe mit zusätzlichen Erwartungen - wie etwa aktives Engagement in gesell­schaft­lichen Institutionen bzw. Organisationen oder im sozialen Bereich - verbinden würden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 25/08 des VG Frankfurt am Main vom 18.11.2008

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