18.10.2024
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil25.10.2007

Kontosperrung bei einem Terro­ris­mus­ver­dächtigen gerechtfertigt

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat die Klage eines Terro­ris­mus­ver­dächtigen gegen die Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) wegen einer Kontosperre abgewiesen.

Der Kläger, ein Student, ist syrischer Staats­an­ge­höriger. Im Zusammenhang mit der Fahndung nach den Tätern, die im Bahnhof von Köln bzw. Koblenz eine sog. Kofferbombe deponiert hatten, leitete die Bundes­an­walt­schaft gegen den Kläger ein Ermitt­lungs­ver­fahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ein. Vor diesem Hintergrund untersagte die Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungsrecht (BaFin) einer deutschen Großbank Verfügungen über das dort für den Kläger geführte Konto auszuführen und neue Konten einzurichten. Vor dem Hintergrund des Ermitt­lungs­ver­fahrens wegen des dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung lägen i. S. v. § 6 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 Kredit­we­sen­gesetz (KWG) Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass das Konto des Klägers der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung diene. Um die Finanzierung terroristischer Vereinigungen wirksam unterbinden zu können, seien die in dem Bescheid getroffenen Anordnungen geeignet und auch erforderlich.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und brachte vor, über das gesperrte Konto seien lediglich private Geschäfte des täglichen Lebens geführt worden. Die Kontosperrung sei unver­hält­nismäßig und grob rechtswidrig. Auf Antrag des Klägers hin gestattete die Beklagte der Bank sodann in Abänderung des vorgenannten Bescheides Verfügungen von dem Konto bis zu einer Gesamthöhe von 660,-- Euro je Kalendermonat auszuführen. Der Kläger legte Widerspruch mit der Begründung ein, es lägen keine Tatsachen vor, die eine Kontensperrung rechtfertigten. Er sei nicht in die Liste des Europäischen Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus aufgenommen worden und ein dringender Tatverdacht bestehe nicht mehr. Dementsprechend sei auch ein Haftbefehl gegen ihn aufgehoben worden. Allein die Tatsache, dass gegen ihn ein Ermitt­lungs­ver­fahren geführt werde, reiche nicht aus. Die Verfügung sei unver­hält­nismäßig. Es sei ausreichend, der Bank Weisungen zu erteilen, dass diese nur bestimmte ungewöhnliche Transaktionen ab einem bestimmten Betrag oder bestimmter Art verhindere bzw. verzögere.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück. Der Kläger hat hiergegen Klage mit der Begründung erhoben, das Verhalten der Beklagten sei unver­hält­nismäßig, weil die Beklagte ohne jede Ausein­an­der­setzung mit der Stärke des Tatverdachts vorgehe. Ein Automatismus, wonach bei der Einleitung von Ermittlungen stets alle Konten gesperrt würden, sei nicht hinzunehmen. Die Sperrung aller Konten führe bei Personen, die nicht inhaftiert seien dazu, dass ein Leben in der Bundesrepublik Deutschland unmöglich werde. Dies gelte umso mehr, als er als Nicht­er­wer­b­s­tätiger auf die Überweisungen seiner Eltern angewiesen sei. Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entge­gen­ge­treten, dass die Tatbe­stands­vor­aus­set­zungen des § 6 a Abs. 1 KWG im Falle des Klägers gegeben seien, da die Bundes­an­walt­schaft nach wie vor gegen ihn wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittele. Hierbei handele es sich nach Ansicht des Gesetzgebers um den klassischen Standardfall einer Maßnahme nach der vorgenannten Vorschrift. Auf die Frage, ob die Ermittlungen der Straf­ver­fol­gungs­be­hörden zu Recht eingeleitet wurden bzw. aufrecht­er­halten würden, komme es nicht an. Der Beklagten sei auch kein Ermessen eingeräumt worden, ob sie tätig werden wolle oder nicht.

Die für das Finanz­dienst­leis­tungsrecht zuständige 1. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, Voraussetzung für ein Tätigwerden der Beklagten sei, dass Tatsachen vorlägen, die darauf schließen ließen, dass Einlagen der Finanzierung von terroristischen Vereinigungen dienten. Dies sei in der Regel insbesondere dann der Fall, wenn es sich bei dem Inhaber eines Kontos um eine Person handele, deren Namen in die im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus aufgestellte Liste des Rates der Europäischen Union aufgenommen wurde. Dies sei zwar bei dem Kläger nicht der Fall. Der dort aufgelistete Personenkreis sei aber nicht abschließend. Tatsachen im vorgenannten Sinne lägen auch dann vor, wenn - wie vorliegend - die zuständige Straf­ver­fol­gungs­behörde gegen den Kläger wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittele. Wenn gegen den Kontoinhaber ein entsprechendes Ermitt­lungs­ver­fahren aufgenommen werde, lasse dies den Schluss zu, dass dieses Konto, wenn auch nur mittelbar über die Person, zu terroristischen Aktivitäten einer entsprechenden Vereinigung einen irgendwie gearteten Beitrag leiste. Für die Annahme eines entsprechenden Rückschlusses bedürfe es im Falles eines entsprechenden Ermitt­lungs­ver­fahrens keines einzel­fa­ll­be­zogenen spezifischen Finan­zie­rungs­beitrags, etwa in dem Sinne, dass es einer Kontenbewegung bedürfe, die zweckgerichtet und belegbar der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung diene, was die Effektivität entsprechender Gefah­re­n­ab­wehr­maß­nahmen im Übrigen auch erheblich reduzieren würde.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 28/07 des VG Frankfurt am Main vom 19.11.2007

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