21.11.2024
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Dokument-Nr. 1692

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil23.12.2005

Arbeitgeber haftet nach alter und neuer Rechtslage für Kosten der Abschiebung illegal beschäftigter AusländerDachdeckerfirma muss 1.207,-- € für die Abschiebung zahlen

Ein Arbeitgeber muss für die Abschie­bungs­kosten aufkommen, wenn er die ausgewiesenen Ausländer illegal beschäftigt hat. Das geht aus einem Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hervor.

Eine Hanauer Dachdeckerfirma muss 1.207,-- € für die Abschiebung zweier polnischer Arbeitnehmer zahlen, die von der Polizei in einem Firmenfahrzeug aufgegriffen worden waren.

Anlässlich einer Verkehr­s­kon­trolle im Januar 2001 wurde von einer Polizeistreife in Hanau das Firmenfahrzeug einer Dachdeckerfirma überprüft. Fahrer und Beifahrer waren Polen, die sich als Touristen im Bundesgebiet aufhielten. Sie trugen verschmutzte dachde­cker­ty­pische Berufskleidung. Der Lkw war mit Dachlatten beladen. Nach den polizeilichen Ermittlungen wohnten die beiden Polen auf dem Betriebsgelände der Firma in Hanau. Aufgrund dieser Feststellungen gingen die Polizeibeamten davon aus, dass die beiden Polen für diese Dachdeckerfirma einer Erwer­b­s­tä­tigkeit nachgingen und nahmen sie vorläufig fest. Die beiden Betroffenen äußerten sich nicht zur Sache. Sie wurden wegen illegaler Beschäftigung und Verstoßes gegen das Ausländergesetz noch im Januar 2001 von der Auslän­der­behörde der Stadt Hanau ausgewiesen und nach Polen abgeschoben.

Gegen den Geschäftsführer der Dachdeckerfirma wurde ein Ermitt­lungs­ver­fahren bei der Staats­an­walt­schaft Hanau eingeleitet, das später eingestellt wurde, weil dieser bereits im Dezember 2000 durch das Amtsgericht Hanau in einem anderen Verfahren zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden war. Im Dezember 2003 teilte die Auslän­der­behörde dem Geschäftsführer der Firma mit, dass beabsichtigt sei, die entstandenen Abschie­bungs­kosten in Höhe von 1.207,-- € von ihm zu verlangen. Dieser äußerte sich daraufhin dahingehend, dass er die genannten Personen nicht beschäftigt habe. Sie seien lediglich privat mit seinem Firmen-Lkw gefahren.

Mit Bescheid vom August 2004 verlangte die Auslän­der­behörde vom dem Dachde­cke­r­betrieb die Erstattung der entstandenen Abschiebekosten auf der Grundlage des § 82 Abs. 4 Ausländergesetz. Die dagegen nach Abschluss des Wider­spruchs­ver­fahrens beim Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main im April 2005 erhobene Klage wies das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 23.12.2005 als unbegründet ab.

In seinem Urteil legt das Verwal­tungs­gericht dar, dass sowohl auf der Grundlage des alten Auslän­der­ge­setzes wie auf der Grundlage des am 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Aufent­halts­ge­setzes (§ 66 Abs. 4) die klagende Firma zur Tragung der Abschiebekosten verpflichtet ist. Zu den Arbeitnehmern im Sinne dieser Vorschriften gehörten auch Gelegenheits- und Aushilfs­a­r­beiter. Es reiche aus, wenn für die jeweils konkret verrichtete Tätigkeit die Zahlung eines Entgeltes üblich sei, ob dieses tatsächlich gezahlt worden sei, müsse nicht überprüft werden. Die Behauptung, die beiden Polen hätten sich das Fahrzeug nur geliehen, sei eine Schutz­be­hauptung und unglaubhaft. Die klagende Firma sei auch als Arbeitgeberin der abgeschobenen Personen anzusehen. Es komme nicht darauf an, ob der Geschäftsführer oder sein Bruder als Firmen­mi­t­inhaber die Ausländer zu den von ihnen ausgeführten Arbeit­neh­mer­tä­tig­keiten veranlasst und ihnen die Arbeits­an­wei­sungen erteilt habe. Ausreichend sei ein Organi­sa­ti­o­ns­ver­schulden, das - wie hier - darin bestehe, dass der Betrieb offenbar nicht so organisiert war, dass die illegale Erwer­b­s­tä­tigkeit von Ausländern ohne die erforderlichen Erlaubnisse unmöglich war.

Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über welchen der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof in Kassel entscheiden würde.

§ 66 Aufent­halts­gesetz

(1) Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen, hat der Ausländer zu tragen.

...

(4) Für die Kosten der Abschiebung oder Zurückschiebung haftet, wer den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, wenn diesem die Ausübung der Erwer­b­s­tä­tigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war. In gleicher Weise haftet, wer eine nach § 96 strafbare Handlung begeht. Der Ausländer haftet für die Kosten nur, soweit sie von dem anderen Kostenschuldner nicht beigetrieben werden können.

Anmerkung:

In § 96 Aufent­halts­gesetz sind die Straf­vor­schriften hinsichtlich der Personen genannt, die Ausländer einschleusen oder dazu Hilfestellung leisten.

Quelle: ra-online Redaktion, Pressemitteilung des VG Frankfurt am Main vom 04.01.2006

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