15.11.2024
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Dokument-Nr. 482

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Urteil01.12.2003Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder)4 K 1287/97
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Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) Urteil01.12.2003

Klosterbrauerei Neuzelle vor Gericht erneut ohne Erfolg

Die 4. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt (Oder) hat die gegen das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg gerichtete Klage der Klosterbrauerei Neuzelle auf Erteilung einer Ausnah­me­ge­neh­migung für die Herstellung und das Inver­kehr­bringen des von der Brauerei bereiteten Produkts "Schwarzer Abt" als Bier abgewiesen. Die Klägerin braut unter Verwendung von Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser ein untergäriges Schwarzbier, dem sie nach erfolgter Filtrierung Invert­zu­ckersirup zusetzt.

Zur Begründung der Klageabweisung hat die Kammer u.a. ausgeführt, dass § 1 der Bierverordnung der begehrten Erteilung der Ausnah­me­ge­neh­migung entgegenstehe. Nach dieser Vorschrift dürften unter der Bezeichnung Bier gewerbsmäßig nur Getränke in den Verkehr gebracht werden, die bestimmten Vorschriften des vorläufigen Biergesetzes und der zu diesem Gesetz ergangenen Durch­füh­rungs­ver­ordnung entsprächen. Diese Voraussetzungen erfülle das Getränk "Schwarzer Abt" wegen des Zusatzes von Invert­zu­ckersirup nicht. Die Klägerin könne ihren Anspruch auch nicht darauf stützen, dass es sich bei ihrem Produkt um ein "besonderes Bier" im Sinne des Vorläufigen Biergesetzes handele. Zum einen seien derartige besondere Biere in Deutschland nicht als "Bier" verkehrsfähig. Zum anderen handele es sich bei dem Erzeugnis nicht um ein "besonderes Bier" im Rechtssinne. Darunter seien nur Biere zu verstehen, bei denen neben Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser die Mitverwendung gewisser anderer Stoffe notwendig sei, die diesem nur hinsichtlich seines Geschmackes den Charakter eines besonders gearteten Bieres vermittelten. Diese Voraussetzung sei bei dem Produkt "Schwarzer Abt" nicht erfüllt, weil es sich bei dem hinzugefügten Invert­zu­ckersirup um einen typischen Malzer­satz­stoffe handele, der nicht - wie etwa Gewürze oder Milch­säu­re­bak­terien - lediglich geschmacks­ver­ändernd wirke, sondern auch den Stammwürzgehalt des Bieres beeinflusse.

Die Kammer sah auch verfas­sungs­rechtliche Bedenken der Klägerin gegen die Regelung des § 1 der Bierverordnung als unbegründet an. Die Regelung verletze weder das Grundrecht auf Berufsfreiheit noch den Gleichheitssatz. Insoweit sei ohne Bedeutung, dass im Ausland gebraute, nicht dem Reinheitsgebot entsprechende Biere in Deutschland vertrieben werden dürften, weil mit der Regelung gleichwohl - worauf es allein ankomme - die Einhaltung des Reinheitsgebots für in Deutschland hergestellte Biere sichergestellt werde. Hintergrund des Reinheits­gebotes seien in der heutigen Zeit nicht (mehr) gesundheits- oder verbrau­cher­po­li­tische Aspekte, sondern das Gebot sei in erster Linie wegen seiner kulturellen Bedeutung als Bestandteil deutscher Bierbrau­tra­dition zu wahren. Zum Erreichen dieses Zieles sei der Grund­recht­s­eingriff erforderlich und nach Auffassung der Kammer nach Abwägung zwischen dem verfolgten kultur­po­li­tischen Interesse und der Schwere des Eingriffs auch angemessen. Dies gelte vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihr Produkt mit Genehmigung des Beklagten ins Ausland exportieren dürfe.

Mit der neuen Entscheidung bestätigte die Kammer ihre bereits durch Urteil vom 28. November 1996 - 4 K 1018/96 - vertretene Rechts­auf­fassung. Sie hat in der neuen, nicht rechtskräftigen Entscheidung allerdings die "Sprungrevision" zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht (siehe BVerwG, Urteil vom 24.02.2005) zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt Oder vom 21.01.2004

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