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Bundesverwaltungsgericht Urteil24.02.2005
Auch ein nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier, darf die Bezeichnung "Bier" tragenKlage auf Ausnahme vom deutschen Reinheitsgebot erfolgreich
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Klage einer brandenburgischen Brauerei stattgegeben, ihr die Herstellung eines unter Abweichung vom deutschen Reinheitsgebot gebrauten Bieres und dessen Vertrieb unter der Bezeichnung "Bier" zu genehmigen.
Die Klägerin braut unter Verwendung von Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser ein untergäriges Schwarzbier, dem sie nach erfolgter Filtrierung Invertzuckersirup zusetzt. Ihren Antrag, ihr die Herstellung dieses Getränks und sein Inverkehrbringen als Bier zu genehmigen, lehnte der Beklagte ab. Zur Begründung hieß es, als Bier dürften untergärige Getränke nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie - gemäß dem deutschen Reinheitsgebot - ausschließlich aus Gerstenmalz, Wasser, Hopfen und Hefe hergestellt seien. Demgegenüber beruft sich die Klägerin auf eine Bestimmung, derzufolge die Herstellung besonderer Biere zugelassen werden kann.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 01.12.2003). Eine derartige Genehmigung komme nur bei Zugabe von Gewürzen usw. in Betracht, nicht aber bei Verwendung von Zucker, der ein typischer Malzersatzstoff sei. Selbst wenn die Herstellung des Getränks erlaubt werden könnte, so dürfe es doch nicht unter der Bezeichnung "Bier" in Verkehr gebracht werden. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, die vor allem in Zweifel zieht, ob der Gesetzgeber das Herstellen von Bier, das nicht nach dem Reinheitsgebot erfolge, überhaupt noch verbieten dürfe.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und der Klage stattgegeben. Dabei hat es die Einwände gegen das Reinheitsgebot dahinstehen lassen. Richtig sei, dass das Reinheitsgebot nicht dem Gesundheitsschutz diene, sondern der Traditionspflege – der deutschen Braukunst – und einem bestimmten Produktniveau. Diese Zwecke könnten eine Einschränkung der Berufsfreiheit der Klägerin nur rechtfertigen, wenn über Ausnahmen großzügig entschieden werde. Im Falle der Klägerin müsse eine Genehmigung erteilt werden. Ihr Getränk werde ohne Ersatzstoffe gebraut, insbesondere werde Gerstenmalz nicht durch Zucker ersetzt. Erst nach der Filtrierung werde aus geschmacklichen Gründen Zucker zugesetzt. Derartige Getränke sehe das Gesetz als "besondere Biere" an.
Dürfe die Klägerin aber ihr Getränk herstellen, so dürfe sie es auch unter der Bezeichnung "Bier" vertreiben. Die gesetzlichen Vorschriften über die Kennzeichnung dienten dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschung. Es stelle aber gerade eine Täuschung dar, wenn ein Getränk, das Bier sei und als "besonderes Bier" hergestellt werden dürfe, nur unter einer Bezeichnung vermarktet werden dürfte, die jede Nähe zu Bier vermeidet. Dass das Getränk unter Abweichung vom Reinheitsgebot hergestellt sei, könne auf andere Weise deutlich gemacht werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.02.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 10/2005 des BVerwG vom 24.02.2005
der Leitsatz
Mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit wäre es nicht vereinbar, die Herstellung von Bier ausnahmslos dem deutschen Reinheitsgebot zu unterwerfen.
§ 9 VorlBierG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil er die Möglichkeit von Ausnahmen vorsieht. Allerdings ist eine großzügige Handhabung geboten. Ein unter Einhaltung des Reinheitsgebots gebrautes untergäriges Bier, dem nach der Filtrierung aus geschmacklichen Gründen Invertzuckersirup zugesetzt wird, ist ein "besonderes Bier" im Sinne von § 9 Abs. 7 VorlBierG, dessen Herstellung genehmigt werden kann.
Ein "besonderes Bier", dessen Herstellung genehmigt ist, darf unter der Bezeichnung "Bier" in den Verkehr gebracht werden.
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