15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen drei Hände erschiedener Hautfarbe vor einer Weltkarte.

Dokument-Nr. 3406

Drucken
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Darmstadt Urteil03.11.2006

Verlust der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit bei eingebürgerten TürkenAnspruch erlischt nach Erwerb der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat festgestellt, dass auch in Fällen, in denen eine Wieder­ein­bür­gerung im Herkunftsstaat vor Inkrafttreten der Reform des Staats­an­ge­hö­rig­keits­rechts vom 15.07.1999 beantragt worden ist, mit dem erneuten Erwerb der ausländischen Staats­an­ge­hö­rigkeit, der Verlust der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit einhergeht.

Die aus der Türkei stammenden Kläger lebten seit 1977/78 im Bundesgebiet und beantragten 1996 ihre Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. In den Antrags­un­terlagen erklärten sie ihre Bereitschaft entsprechend den Regelungen des deutschen Staats­ang­hö­rig­keits­rechts ihre Entlassung aus der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit zu beantragen. Dem kamen die Kläger zunächst nach. Am 03.02.1999 wurden sie unter Hinweis, dass die Entlassung aus der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit nachzuweisen sei, eingebürgert. Am 28.06.1999 wurden die Kläger aus der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit entlassen und beantragten noch am gleichen Tag ihre Wieder­ein­bür­gerung in den türkischen Staatsverband. Ihren Anträgen wurde seitens der Türkei am 27.03.2000 entsprochen. Aufgrund einer Nachfrage der Auslän­der­behörde der Stadt Frankfurt im Jahre 2005 wurde den deutschen Behörden die Tatsache der Wieder­ein­bür­gerung bekannt. Die Kläger wurden aufgefordert ihre deutschen Perso­na­l­ausweise und Pässe zurückzugeben. Dieser Aufforderung kamen sie nach.

Mit am 13.10.2005 erhobener Klage begehrten die Kläger die Feststellung, dass sie trotz des erneuten Erwerbs der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit weiterhin Deutsche seien. Dabei beriefen sie sich auf die im Rechts­s­taats­prinzip verankerten Grundsätze der Rechts­si­cherheit und des Vertrau­ens­schutzes. Sie machten geltend, dass sie schlechter gestellt würden, als diejenigen in Deutschland eingebürgerten türkischen Staats­an­ge­hörigen, die vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle zum Staats­an­ge­hö­rig­keits­rechts im Jahre 1999 ihre alte Staatan­ge­hö­rigkeit wieder erworben hatten. Zu dieser Zeit sei es zulässig gewesen eine fremde Staats­an­ge­hö­rigkeit ohne Verlust der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit zu erwerben, wenn der Wohnsitz oder dauernde Aufenthaltssitz im Bundesgebiet beibehalten werde. Sie seien, obwohl ihr Wieder­ein­bür­ge­rungs­antrag bereits sieben Monate vor dem Inkrafttreten der Änderung im deutschen Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz gestellt worden sei, von den türkischen Stellen erst nach deren Inkrafttreten wieder eingebürgert worden. Dieser späte Zeitpunkt könne ihnen nicht vorgehalten werden.

Dieser Argumentation vermochte das Gericht nicht zu folgen. Es stellte fest, dass sich die Kläger sich auf Vertrau­ens­schutz­ge­sichts­punkte nicht berufen könnten. Das Änderungsgesetz zum Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz sei bereits am 23.07.1999 im Bundes­ge­setzblatt verkündet worden. Von diesem Zeitpunkt an, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes, hätten die Kläger fünf Monate Zeit gehabt, um ihren Wieder­ein­bür­ge­rungs­antrag in der Türkei zurückzunehmen oder einen Antrag auf Beibehaltung ihrer deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit nach § 25 Abs. 2 Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz zu stellen. Aus dem Einbür­ge­rungs­ver­fahren sei den Klägern zudem bekannt gewesen, dass die Bundesrepublik grundsätzlich eine Vermeidung von Mehrstaatigkeit anstrebt. Ihre Bemühungen auf Wieder­ein­bür­gerung, welche bereits am Tage ihrer Entlassung aus der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit einsetzten, verstoße zudem gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Seitens der Kläger vorgebrachten Zweifeln an der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der gesetzlichen Regelungen vermochte sich das Gericht ebenfalls nicht anzuschließen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Darmstadt vom 16.11.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil3406

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI