21.11.2024
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Dokument-Nr. 18613

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Verwaltungsgericht Darmstadt Beschluss16.07.2014

Schüler hat nach Streit keinen Rechtsanspruch auf Verweisung eines Mitschülers in eine ParallelklasseMögliches Ergreifen von Ordnungs­maß­nahmen gegen einen Schüler liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Schule oder der Schulaufsicht

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat entschieden, dass ein Schüler keinen Rechtsanspruch auf die "vorläufige" Entfernung eines Mitschülers aus seiner Klasse hat, nachdem der Mitschüler ihm aufgrund eines Streits ins Gesicht geschlagen hatte.

Dem zugrunde liegenden Rechtstreit hatte ein Mitschüler dem Antragsteller, einem Schüler der 9. Klasse einer südhessischen Integrierten Gesamtschule, im Rahmen eines Streits einen heftigen Schlag ins Gesicht versetzte.

Schlag ins Gesicht ist als Körper­ver­letzung zu werten

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt sah hierin zwar eine Körper­ver­letzung im Sinne des § 223 StGB. Dies stelle einen erheblichen Verstoß gegen die Schulordnung im Sinne des § 82 Abs. 4 Nr. 1 des Hessischen Schulgesetzes dar.

Rechtsanspruch auf Entfernung des Mitschülers aus der Klasse besteht nicht

Dennoch vermochte das Verwal­tungs­gericht keinen subjektiven Rechtsanspruch des Antragstellers auf Entfernung seines Mitschülers aus der Klasse zu erkennen. Das Gericht stellte klar, dass die Frage, ob und gegebenenfalls welche förmlichen Ordnungs­maß­nahmen gegen einen Schüler ergriffen werden, dem pflichtgemäßen Ermessen der Schule oder der Schulaufsicht unterliegt. Die gerichtliche Kontrolle solcher Entscheidungen beziehe sich lediglich auf die Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen einer Maßnahme, insbesondere eine hinreichende Rechtsgrundlage, vorlägen und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten sei. Einer solchen Überprüfung am Maßstab der Rechtmäßigkeit entzögen sich indessen pädagogische Wertungen, um die es bei der Verhängung einer Ordnungs­maßnahme aber im Wesentlichen gehe. Es verbiete sich grundsätzlich für ein Gericht, die Schulbehörde zur Einleitung von Ordnungs­maß­nahmen zu verpflichten. Dies käme nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Schule oder Schulaufsicht auf "Null" geschrumpft sei, was im vorliegenden Fall aber auszuschließen sei. Ob eine Ermes­sens­re­du­zierung auf Null vorliege, lasse sich nur einzel­fa­ll­bezogen und nicht abstrakt bestimmen. Hieran müssten jedoch sehr strenge Anforderungen gestellt werden.

Begegnungen auf dem Schulgelände ließen sich auch bei Zuweisung des Schülers in eine Parallelklasse nicht vermeiden

Der Vortrag des Antragstellers, der Mitschüler "schleiche" um ihn und auch seine Schwester "herum", sei nicht geeignet, eine solche Ermes­sens­re­du­zierung zu begründen. Diesbezüglich sei festzustellen, dass sich der beigeladene Mitschüler nach den Feststellungen der Schule nach einer Intervention der Mutter des Antragstellers von dem Antragsteller fernhalte. Selbst­ver­ständlich ließen sich Begegnungen auf dem Schulgelände nicht vermeiden, was aber auch der Fall sei, wenn der beigeladene Schüler einer Parallelklasse zugewiesen werde.

Aussagen des Antragstellers widersprüchlich

Soweit der Antragsteller in seiner Antragsschrift "eine massive Verunsicherung und ein erhebliches Bedro­hungs­gefühl" vortrage, stehe dies im Widerspruch zu seinen Äußerungen im Rahmen eines Gesprächs zwischen dem Schulleiter und einer Lehrerin aus Anlass der Anhörung zu Ordnungs­maß­nahmen. Hierbei habe der Antragsteller erklärt, dass er dem beigeladenen Mitschüler aus dem Weg gehe und dieser ihn auch in Ruhe lasse.

Druck­kopf­schmerzen sind auf juvenile Migräne zurückzuführen

Soweit der Antragsteller aufgrund der Attacke seines Mitschülers geltend mache, er leide aufgrund der Attacke unter erheblichen Kopfschmerzen und weise erhebliche Fehlzeiten seit dem Vorfall auf, führe auch dies zu keinem anderen Ergebnis. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass der Bericht des für die Unfallkasse Hessen tätigen Neurologen darauf hindeute, dass die seitens der Mutter des Antragstellers berichteten Druck­kopf­schmerzen mit etlichen Fehltagen in der Schule ihre Ursache in einer "juvenilen Migräne" habe. Die Familie­n­anamnese habe ergeben, dass bei dem Antragsteller eine entsprechende erbliche Disposition vorliege.

Ahnden des Fehlverhaltens des Mitschülers mit mehrtägigem Schulausschluss gerechtfertigt

Es sei nicht zu beanstanden, dass die Schule das Fehlverhalten des Mitschülers mit einem mehrtägigen Schulausschluss, beginnend mit dem Tattag, geahndet habe. Diese Sanktion sei auch im Hinblick auf die Schwere des Vorfalls nicht zu beanstanden.

Media­ti­o­ns­ge­spräch mit Schulpfarrer

Zudem habe es zwischen den Beteiligten unter Vermittlung des Schulpfarrers ein Media­ti­o­ns­ge­spräch gegeben, in dessen Verlauf der Antragsteller auch eingeräumt habe, den beigeladenen Mitschüler provoziert zu haben. Als Ergebnis des Media­ti­o­ns­ge­sprächs habe der beigeladene Mitschüler eine schriftliche Erklärung abgegeben, künftig keine Gewalt mehr auszuüben, während der Antragsteller eine schriftliche Erklärung, künftig Provokationen zu unterlassen, nicht abgegeben habe.

Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online

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